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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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erwiderte die Geste so vornehm sie konnte. »Hoheit.«
    Raucus war ein großer, grobknochiger Mann mit kräftigen Muskeln, und er wirkte wie ein Haus aus ungehobelten Balken. Sein zerfurchtes Gesicht erinnerte Isana verblüffend an Tavis jungen Freund Maximus, obwohl es die Spuren von Jahren voller Sorge und Disziplin zeigte und von Verbitterung und Zorn geformt worden war. Sein dunkles Haar war mit eisengrauen Strähnen durchsetzt, und seine Augen lagen vor Müdigkeit und Trauer tief in ihren Höhlen. »Entschuldigt bitte, dass ich euch nicht persönlich empfangen konnte«, sagte er mit tonloser Stimme. »Ich musste mich um andere Pflichten kümmern.«
    »Sicherlich, Hoheit«, erwiderte Isana. »Ich … Ich möchte dir mein Mitgefühl für das Leid deines Volkes aussprechen.«
    Er nickte, eine Geste, der es an echter Bedeutung fehlte. »Hallo, Aria.«
    »Hallo, Raucus.«
    Er deutete auf den nackten Flecken Erde, und seine Augen blitzten heiß und unfreundlich auf. »Hast du gesehen, was ich gerade getan habe?«
    »Ja«, antwortete Aria.
    »Wenn meine Männer nicht ihre Schwerter stehlen und mit nach Hause nehmen würden, wenn ihr Dienst endet, und ich nicht im Gegenzug beiseite schauen würde, hätten jetzt die Frauen und Kinder dieser Wehrhöfe ebenfalls im Feuer gebrannt«, schnauzte er.
    Aria presste die Lippen zusammen, senkte den Blick und sagte nichts.
    Antillus richtete seinen harten Blick wieder auf Isana. »Es gibt nur eine Art von Frieden, den man mit den Eismenschen schließen kann.«
    Isana hob das Kinn leicht und holte tief Luft. »Was meinst du damit?«
    »Es sind Tiere«, stieß Antillus hervor. »Mit Tieren verhandelt man nicht. Man tötet sie, oder man lässt sie in Ruhe. Du kannst so viel reden, wie du willst, Erste Fürstin. Doch je früher du diese Wahrheit erkennst, desto eher könnt ihr Phrygia und mir helfen und endlich den Süden unterstützen.«
    »Hoheit«, wandte Isana vorsichtig ein, »das wollte der Erste Fürst …«
    »Der Erste Fürst«, sagte Antillus, und Hohn troff aus jeder Silbe. »Er kann sich vielleicht nicht recht vorstellen, wie das Leben hier oben ist. Er hat auch sicherlich keine Ahnung, wie viele Legionares ich bestatten musste, die meisten davon sechzehn- oder siebzehnjährige Jungen. Er weiß nicht, was die Eismenschen darstellen und wozu sie fähig sind. Er hat das alles nicht gesehen. Er musste sich nie das Blut abwaschen. Ich hingegen schon. Und zwar jeden Tag.«
    »Aber …«
    »Wage es nicht zu denken, du könntest für eine halbe Stunde hier erscheinen und mir erklären, wie ich auf meinem Grund und Boden zu regieren habe, Hoheit «, fuhr Antillus sie an. »Ich lasse mich nicht von Gaius’ Schoßhündchen herumschubsen …«
    » Raucus «, zischte Aria. Eigentlich sprach sie nur im Flüsterton, und trotzdem vibrierte die Luft zwischen den dreien.
    Der Hohe Fürst schloss den Mund und starrte Fürstin Placida an. Dann wandte er den Blick von ihr ab und schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht brauchst du ein bisschen Ruhe«, schlug Aria vor.
    Raucus brummte vor sich hin. Kurz darauf wandte er sich an Isana. »Dein wilder Barbar ist angekommen; er lagert draußen bei meinen Barbaren. Am Morgen kannst du ihn treffen. Garius zeigt dir deine Gemächer.«
    Er drehte sich um, sein roter Mantel blähte sich auf, und er marschierte davon ins Fackellicht.
    Wieder zitterte Isana und rieb sich die Arme.
    »Meine Damen«, sagte Garius, »wenn ihr mir bitte folgen würdet, ich zeige euch die Zimmer.«
    Die Kunst der Zugeständnisse?
    Wie in aller Welt sollte sie hier ein Einverständnis herbeiführen, wenn zumindest eine Seite der Streitenden gar keine friedliche Lösung finden wollte?

15

    Marcus blieb vor der Kabine des Princeps stehen, als er die lauten Stimmen aus dem Inneren hörte.
    »Was sollen wir denn deiner Meinung nach tun, Magnus?«, wollte Maximus trotzig wissen. »Der Princeps und alle Canim im Gebiet von Shuar glauben offensichtlich, dass es notwendig ist.«
    »Es ist ein ganz und gar unannehmbares Risiko«, antwortete der Legionsbursche, in dessen Stimme unterdrückte Wut mitschwang. »Der Princeps von Alera wandert nicht einfach im Land einer fremden Macht ganz allein, verwundbar und unbewacht herum.«
    »Er ist ja nun wahrlich kein hilfloses Kind«, hielt Antillus Crassus etwas ruhiger und maßvoller dagegen. »Vielleicht hat mein Bruder recht, Magnus.«
    Marcus lächelte. Er kannte Crassus und wusste, der junge Mann hatte mehr im Kopf; er würde Maximus nicht

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