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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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der Mauer willkommen heißen. Ich bin Tribun Garius.«
    Isana neigte den Kopf in seine Richtung. Trotz der warmen Kleidung und des schweren Mantels fror sie. »Danke, Tribun.«
    »Darf ich so frei sein und fragen, Tribun«, erkundigte sich Aria, »warum uns Fürst Antillus nicht persönlich begrüßt?«
    »Er bedauert zutiefst, dass seine Pflichten ihn im Augenblick unabkömmlich machen«, erwiderte der Mann ruhig.
    »Pflichten?«, fragte Aria.
    Garius starrte sie unbeirrt an und deutete zur Südseite der Mauer. »Sieh doch selbst, Hoheit.«
    Aria blickte Isana an, die nickte, und die beiden gingen, begleitet von Garius und dem schweigenden Araris zur Südseite der Mauer. Zuerst fiel Isana bereits nach wenigen Schritten ein deutlicher Anstieg der Temperatur auf, um mehrere Grad. Außerdem war der Boden auf der anderen Seite der Mauer hell erleuchtet.
    Ungefähr hundert Mann arbeiteten da unten bei Fackellicht. Offensichtlich hatten sie gerade den Bau eines niedrigen Rahmens beendet, der mehrere Dutzend Kisten aufnehmen sollte. Plötzlich fröstelte es Isana, und zwar nicht wegen der Kälte. Sie begriff, dass es sich nicht um Kisten handelte.
    Sondern um Särge.
    Die Männer, Pioniere der Legion, wie sie nun erkannte, stellten sich in Reihen auf, den Särgen zugewandt, die in dem Scheiterhaufen aufgebahrt waren.
    »Ach so«, sagte Aria leise. »Jetzt verstehe ich.«
    »Sie verbrennen ihre Toten?«, fragte Isana.
    Aria nickte ruhig. »Jedenfalls die Legionares . Alle, die gegen die Eismenschen fallen, sind fast immer mit Frost bedeckt. Daher ist es zur Sitte in den Legionen geworden, den Kameraden zu versprechen, sie niemals kalt auf der Erde liegen zu lassen, gleichgültig, was geschieht.«
    Ein großer Mann mit breiten Schultern und rotem Mantel löste sich aus den Reihen der Pioniere. Er legte eine Hand auf die Schulter eines grauhaarigen Veteranen, offensichtlich dem Anführer der Pionier-Kohorte, ging weiter und gab ein Zeichen mit der Hand.
    Die Fackeln loderten in einem weißen, gespenstisch leisen Feuer auf, und ihre Flammen breiteten sich beinah sanftmütig von ihren Quellen aus, dehnten sich in Kugelform aus und umschlossen den Rahmen und die Särge darunter. Der Hohe Fürst unten – es war Antillus, daran zweifelte Isana nicht – wölbte beide Hände und hob sie abrupt gen Himmel, und gleichzeitig mit dieser Geste stiegen die weißen Flammen in den Nachthimmel auf, als wollten sie sich zu den Sternen oben gesellen.
    Einen Augenblick später stellten sich die gewohnten Farben und das übliche Licht der Winternacht wieder ein. Auf dem Boden sah man weder Särge, Scheiterhaufen, Leichen noch Asche. Auch war kein Schnee vorhanden, kein Gras, sondern nur nackte Erde. Das Feuer hatte den Boden saubergefegt.
    »Eigentlich waren es keine Legionares , Hoheit«, berichtigte Garius die Fürstin. »Bei unserem letzten Gefecht gegen die Eismenschen haben wir fast zweihundert Legionares verloren, und die haben wir vor drei Tagen verbrannt. Diese Männer waren Veteranen. Vor zwei Nächten sind die Eismenschen an verschiedenen Stellen über die Mauer gelangt. Diese Männer haben Wehrhöfe und Familien verteidigt, bis unsere Reiterei und die Ritter eintrafen.« Er sprach nüchtern und ruhig. »Trotzdem haben sie wie Legionares gekämpft und sind wie solche gefallen. Sie hatten es verdient, wie Legionares entlassen zu werden.«
    Unten neigte der Hohe Fürst Antillus den Kopf und bedeckte das Gesicht mit beiden Händen. So stand er einen Moment da und regte sich nicht. Selbst von hier oben spürte Isana seine Trauer und seine Schuldgefühle sowie den mitfühlenden Schmerz, den die Männer in seiner Umgebung empfanden. Männer, die sich offensichtlich Sorgen um ihn machten.
    Aria seufzte leise. »Oh«, flüsterte sie. »Oh, Raucus.«
    Der grauhaarige Zenturio rief einen Befehl, und die Pioniere marschierten in ordentlichen Reihen ab. Kurz darauf ging auch Antillus in Richtung Fuß der Mauer davon und verschwand außer Sicht.
    »Ich werde ihn daran erinnern, dass ihr angekommen seid«, murmelte Garius.
    »Danke, Garius«, sagte Aria.
    »Natürlich, Mutter.« Der junge Tribun schritt rasch von dannen.
    Nach ein paar Augenblicken kam Antillus Raucus eine der Treppen herauf, die Isana bereits aufgefallen waren. Garius ging links hinter ihm, der grauhaarige Zenturio der Pioniere rechts hinter ihm. Der Hohe Fürst trat geradewegs auf Isana zu, verneigte sich zunächst höflich vor ihr und dann vor Aria.
    »Hoheiten.«
    Isana

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