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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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wachsartigen Oberfläche, dann zogen sie sofort weiter.
    Zuerst hatte Amara die Hoffnung, die Hast deute auf Verzweiflung hin, doch da sich dieses Verhalten stets in gleichen Abständen wiederholte, wurde ihr schließlich klar, dass sich die Vord unter der Anleitung eines unsichtbaren Strippenziehers in weitaus größerem Rahmen bewegten, als Amara sich das vorgestellt hatte. Obwohl sie kaum Geräusche von sich gaben und niemals sprachen, wussten die Vord immer, wohin sie ziehen mussten, wann sie zuzuschlagen hatten, wo sie Nahrung fanden und welche Schwachstellen sie verstärken mussten. Dagegen wirkten das Meldewesen und die Disziplin in der Legion einfältig und kindisch.
    Es herrschte der reinste Wahnsinn, hier in Ceres inmitten des Amaranth-Tals, dem dicht besiedelten, milden und kultivierten Herzen des Reiches. Und doch war es ihre Pflicht, sich alles anzuschauen und alles zu merken, was sie dann auch tat. Sie sah sich um und schrieb es auf, sie verglich ihre Aufzeichnungen mit Bernards und vergewisserte sich, dass sie nichts verpasste, was ihr Gemahl bemerkte, und andersherum ebenso.
    Schlafen war schwierig. Sie mussten sich abwechseln, jeweils für wenige Stunden am Stück, wenn sie glaubten, sie könnten eine kurze Rast einlegen. Was Amara gesehen hatte, spielte sich immer wieder vor ihrem inneren Auge ab, wenn sie zu lange still lag, und ein einziger, im Traum ausgestoßener Schrei konnte schlimme Folgen haben. Deshalb gestattete sie es sich nicht, zu tief einzuschlafen. Aber die ständige Anspannung sowie die Belastung durch die stets notwendige Vorsicht und die nicht enden wollende Sorge forderten ihren Tribut.
    Das wusste sie, denn obwohl sie spürte, wie sie mehr und mehr abstumpfte, konnte sie den Druck, der auf Bernard lastete, von seinem Gesicht und seinen gesenkten Schultern ablesen. Seine grünen Augen, die seit Jahren seine Sorgen widerspiegelten, wirkten nun regelrecht gehetzt, selbst wenn sie sich wachsam umblickten. Na ja, jedenfalls in den kurzen Momenten, in denen sie ihn überhaupt sehen konnte. Die meiste Zeit war er ebenso unsichtbar wie sie, und sie wussten nur deshalb, wo der jeweils andere war, weil sie sich vorher geeinigt hatten, wie sie weiterzugehen hatten, und weil sie die leisen Geräusche hörten, die sie verursachten.
    Aber nicht mit Bernard sprechen zu können, besonders, nachdem die Vord diese letzte Gruppe Flüchtlinge überfallen hatten, war das Schlimmste.
    Bei weitem das Schlimmste.
    Sie verschränkte ihre Finger mit seinen und umklammerte seine Hand. Er hielt sie ebenfalls fest, vielleicht etwas weniger sanft, als sie es erwartet hätte, und sie wusste, er war genauso unruhig und wütend wie sie selbst.
    Aber sie brauchten nur noch eine Weile durchzuhalten. Wenn der Erste Fürst recht hatte, würde die Schlacht um Ceres die Elementarwirker der Vord ans Tageslicht locken und Bernard und Amara die Möglichkeit geben, einen Blick auf sie zu werfen. Nachdem das erledigt war, konnten sie diesen Albtraum hinter sich lassen und Bericht erstatten.
    Der Feind brauchte keinen ganzen Tag, um die Truppen zu sammeln und die Stadt anzugreifen.
    Amara und Bernard waren weniger als anderthalb Meilen von den Mauern der Stadt Ceres entfernt und schauten von einem verlassenen Wehrhof auf einem niedrigen Bergrücken hinunter in das weite Tal. Sie hockten in den Ruinen eines alten Lagerhauses aus Ziegelstein, das zusammengebrochen war, als ein großer morscher Baum darauf gestürzt war. Unter normalen Umständen hätte das Wehrhofvolk wohl die Gelegenheit genutzt und das alte Lagerhaus durch ein neues ersetzt. Es war schließlich schon sehr baufällig gewesen und hatte seine besten Zeiten hinter sich. Doch unter den gegebenen Umständen hatte man das alte Gebäude so gelassen, und sogar der Baum lag noch in der Ruine. Es war das perfekte Versteck. Bernard konnte mit Hilfe der Äste und Blätter des Baumes sowie des um das Lagerhaus wachsenden Grases einen holzgewirkten Schleier um sie legen, und Amara unterstützte ihn mit feinem Windwirken, um die Wärme der Körper und ihren Geruch vor den Vord zu verbergen. Bernard konnte außerdem seinen Erdelementar in den Fundamenten des Hauses unterbringen, wodurch sie vor Entdeckung durch Erdwirker geschützt waren. Mit dem zusätzlichen Schutz durch die Mäntel, die beliebig ihre Farbe wechseln konnten, waren sie so gut verborgen wie nur möglich.
    Eine halbe Stunde später wurde es dunkel, und die Vord brandeten lautlos und im Gleichschritt

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