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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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abschossen. Das Vord stürzte ab und zerschellte mit trockenem Krachen auf einem Wehrgang. Einer der Flügel flatterte noch nutzlos, während es von der Mauer weiter fünfzig Fuß nach unten fiel.
    Der kalte Wind aus dem Norden wurde noch frostiger, und Ehren zitterte, weil sein Mantel plötzlich zu dünn wirkte. Er blickte über die Schulter nach Norden und sah, wie die Sterne, die vorher scharf umrissene Punkte gewesen waren, sich nun in trübe, verschwommene Silberflecken verwandelten.
    Gaius nickte einmal und sagte: »Dann sollten wir anfangen, oder?« Er wandte seine Handflächen gen Himmel und riss sie in die Höhe.
    Der Nebel, der sich seltsam unberührt vom Wind am Boden gebildet hatte, schoss plötzlich in die Höhe. Er wallte über die Mauern hinweg und verschluckte den Turm mit einem Schwall wärmerer Luft. Der Dunst zog an ihnen vorbei und erhob sich in den Himmel wie eine riesige Decke.
    Gaius seufzte, senkte die Arme und ließ die Schultern erschöpft hängen. »Na, dann wollen wir mal schauen, ob es gelingt.«
    Ehren schluckte. »Majestät? Du glaubst, es gelingt nicht?«
    »In der Theorie schon. Aber sicher kann man nie sein, oder?«
    »Ach«, sagte der junge Kursor. »Und wenn es nun nicht klappt?«
    Gaius zog eine Augenbraue hoch und antwortete ruhig: »Ich denke, dann werden wir sterben, Ritter Ehren. Oder bist du da anderer Meinung?«
    Donner grollte in dem Grau über ihren Köpfen.
    Ehren schauderte, doch ehe er Zeit für eine Antwort hatte, spürte er die ersten eiskalten Regentropfen. Zuerst fielen sie einzeln, dann wurden es mehr und schließlich noch mehr. Er ging zu Gaius, der hinaus aufs Schlachtfeld starrte, das inzwischen fast im Regen verschwand. Das brennende Schwert des Hohen Fürsten Aquitania zog eine Dampffahne hinter sich her, und die aleranischen Flieger, die nun zur Stadt zurückkehrten, verloren beim Herannahen an Höhe.
    »Du wusstest, dass Rhodos sterben musste, als du ihn hinausgeschickt hast«, sagte Ehren leise.
    »Ach, ja?«, fragte Gaius zurück.
    »Und wenn dies vorbei ist, wird es den Eindruck erwecken, Aquitania habe eine wilde Flucht in einen geordneten Rückzug verwandelt.«
    »Was sich kaum bestreiten lässt«, murmelte Gaius, »denn Fürst Aquitania hat tatsächlich eine wilde Flucht in einen geordneten Rückzug verwandelt.« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde Attis den Triumph lassen; er hat stets gewusst, dass die Stärke eines Hohen – oder eines Ersten – Fürsten in den Herzen und Köpfen jener besteht, die ihn unterstützen.«
    »Das Schwert«, sagte Ehren, »er hat es benutzt, um ein Feuerwirken zusammenzuhalten. Er hat ihnen Mut gegeben.«
    »Hm«, stimmte Gaius zu. »Rhodos war ein mächtiger Mann, was seine Person betraf, aber er hat nicht über das Ende seiner Fingerspitzen hinausgesehen. Das Gleiche galt für Fürst Kalarus, nur war Rhodos klüger und hatte gefährlichere Nachbarn.«
    »Weitaus gefährlichere«, sagte Ehren. »Also war Rhodos’ Leben der Preis für das Bündnis mit dem besagten Nachbarn.«
    Der Erste Fürst lächelte frostig, doch seine Miene verriet nichts. »Die Civitas war blind gegenüber der Bedrohung, die von den Vord ausgeht, und völlig überzeugt, den Feind mit Leichtigkeit besiegen zu können. Diese Überheblichkeit war für uns ebenso gefährlich wie die Vord selbst. Nach der heutigen Nacht wird es in der Hinsicht keine Schwierigkeiten mehr geben.« Er schaute hinauf zum grollenden Himmel, aus dem der Regen immer dichter fiel, und fügte mit trockener Belustigung hinzu: »Auf die eine oder die andere Weise.«
    Dann taumelte er und ging auf ein Knie nieder.
    »Majestät!«, sagte Ehren und eilte zu ihm.
    Der Erste Fürst hustete. Es war ein schrecklich hohles Husten, das gar nicht aufhören wollte, und jedes Mal erschütterte es seinen ganzen Körper.
    Ehren kniete sich zu dem alten Mann und stützte ihn, als er wieder zu wanken begann.
    Kurz darauf war der Hustenanfall vorüber. Der Erste Fürst zitterte und lehnte sich erschöpft und mit gesenktem Kopf an den jungen Kursor. Seine Lippen wirkten blau, sein Gesicht bleich und fahl.
    »Majestät?«, fragte Ehren leise.
    Gaius schüttelte den Kopf und krächzte: »Hilf mir auf. Sie dürfen es nicht sehen.«
    Ehren blinzelte kurz, dann legte er Gaius einen Arm um die Schultern, stand auf und zog den alten Mann gleichzeitig hoch.
    Gaius lehnte sich einen Moment an eine Zinne und drückte die Hände auf den kalten, nassen Stein. Dann holte er tief Luft und richtete sich mit

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