Die Befreier von Canea
verborgenen Stellen lagen, dass sie in den Wirren des Gefechts verstreut worden oder in Gefangenschaft geraten waren. Im Kampf gegen die Vord konnte es jedoch etwas viel Schlimmeres als den Tod bedeuten. Möglicherweise hatten die Vord mehrere Elementarwirker, die Alera verloren hatte, für sich gewonnen .
»Dann sollten wir uns lieber an die Arbeit machen«, sagte Isana und gab sich alle Mühe, ruhig und zuversichtlich zu klingen.
Placidus Garius empfing sie oben an der Treppe, als sie ins Morgengrauen traten. Er salutierte zackig. »Hoheiten, wenn ihr mir bitte folgen würdet. Die Pioniere haben gerade eine Treppe fertig gestellt, die an der Nordwand der Mauer nach unten führt.«
Isana zog eine Augenbraue hoch. »Es gab bislang noch keine?«
Garius fiel in Isanas Schritt ein und schüttelte den Kopf. »Nein, Hoheit. Das würde es dem Feind noch leichter machen.« Sein Blick wanderte voller Unbehagen nach Norden. »Sie sind auch so schon gefährlich genug, ohne dass wir ihnen helfen.«
»Garius«, fragte Aria, »hat sich dein Vater bei dir gemeldet?«
Garius wandte sich zu seiner Mutter um und nickte grimmig. »Ja. Da wären wir, meine Damen.« Er brachte sie zu der Treppe, die an der Nordseite der Schildmauer nach unten in das schneebedeckte Land jenseits davon führte, und zeigte auf eine leichte Erhebung. »Auf dem Hügel soll das Treffen stattfinden. Wir beobachten euch von hier aus, und ihr bekommt sofort Unterstützung, wenn sie gewalttätig werden.«
»›Wenn‹?«, fragte Isana. »Nicht ›falls‹?«
Garius schüttelte den Kopf. »Meine Dame … du warst noch nie hier und kannst das nicht verstehen. Du kannst mit ihnen eine Stunde oder einen Tag lang reden. Aber am Ende nehmen solche Unterredungen immer den gleichen Ausgang.« Er legte eine Hand auf den Griff seines Schwertes, um anzudeuten, was er meinte.
»Du glaubst nicht an eine Einigung mit den Eismenschen?«
»Nein, Hoheit«, antwortete Garius ohne Groll. »Ganz ehrlich gesagt kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen.«
»Wann hat man es denn das letzte Mal versucht?«
Garius seufzte. »Du kannst es einfach nicht …«
»Verstehen?«, fragte Isana leise. »Nein, kann ich nicht. Der Streit zwischen den Eismenschen und Alera ist eine wahre Plage für unser Land. Für sie ist es sicherlich auch nicht besser. Und angesichts dessen, was auf uns zukommt, haben wir kaum eine andere Möglichkeit, als einen Waffenstillstand oder vielleicht sogar einen Frieden zu schließen. Das ist überlebenswichtig für uns.«
Er lächelte bemüht. »Ich wünsche dir viel Glück, Hoheit.«
Isana nickte. »Danke, Garius.« Sie wandte sich Araris zu. »Bereit?«
Araris, der wieder sein Kettenhemd und ein Schwert an jeder Hüfte trug, nickte. »Ich gehe vielleicht besser voran«, sagte er leise. Dann stieg er hinunter. Isana und Aria folgten.
Aus der Luft, so fand Isana, wirkte die Schildmauer viel kleiner als vom Boden aus. Die Mauer, die deutliche Spuren von Wetter und Krieg zeigte, erstreckte sich neben ihr wie eine gigantische Steilwand. Unten war die Erde mehrere Zoll hoch mit Schnee bedeckt. Araris stapfte voran, um für Isana und Aria einen Weg platt zu treten.
Während sie hinter Araris herging, schaute Isana stirnrunzelnd zurück zur Schildmauer. Wie sollte sie bei solchem Misstrauen einen Frieden schmieden? Garius war sicherlich ein guter Soldat und ein guter Sohn, doch gleichzeitig war er vollkommen verbohrt. Konnte dieser junge Dummkopf nicht begreifen, dass ein Frieden nicht nur wünschenswert, sondern sogar überlebensnotwendig war?
Das genügte, damit in Isana der Wunsch aufkeimte, ihm eine Ohrfeige zu versetzen.
Obwohl der Hügel nicht weit entfernt war, brauchten sie eine gute Viertelstunde, um ihn durch den Schnee zu erreichen. Bei ihrer Ankunft wartete niemand auf sie. Sie suchten die Umgebung mit Blicken ab und entdeckten mehrere Wäldchen mit Immergrün auf höheren Hügeln, aber keine Abordnung der Eismenschen.
Aria legte die Stirn in Falten und schaute sich um, und Isana spürte die Ungeduld der Hohen Fürstin. »Wo sind sie?«
»Wenn Doroga bei ihnen ist, werden sie auf den Sonnenaufgang warten«, antwortete Isana.
»Warum?«
»Die Marat betrachten die Sonne als höhere Macht. Sie verehren sie und führen ihre wichtigsten Unternehmungen nur durch, während sie scheint.«
»Ich verstehe«, erwiderte Aria. »Ich schätze mal, Barbaren haben viele seltsame Sitten.«
Isana unterdrückte ihre Gereiztheit und bemühte sich,
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