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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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halten, die ihn seit dem frühen Morgen verfolgten. Er nahm eine ausgiebige heiße Dusche, rasierte sich und putzte sich eine Ewigkeit lang die Zähne.
    Zu seiner Erleichterung entdeckte er in einem Schrank unter dem Fernseher eine Minibar. Er aß eine Packung Kekse, die er mit zwei kleinen Flaschen Whiskey hinunterspülte. Dann kroch er körperlich und geistig völlig erschöpft unter die Decke. Der Stock lag griffbereit auf dem Bett. Lächerlich, aber er konnte nicht anders.
31
    I n den Tiefen des Gefängnisses hatte Marco von Zürich geträumt, von seinen blauen Flüssen, den sauberen, schattigen Straßen, modernen Geschäften und sympathisch aussehenden Menschen, die stolz darauf waren, Schweizer zu sein, und ihren Geschäften mit einer angenehmen Ernsthaftigkeit nachgingen. In seinem früheren Leben war er mit ihnen in der Straßenbahn mit dem leisen Elektroantrieb in den Finanzbezirk gefahren. Damals hatte er keine Zeit für ausgedehnte Reisen gehabt, hatte es sich in seiner Position nicht leisten können, das komplizierte Zusammenspiel der Kräfte in Washington aus den Augen zu lassen, aber Zürich war einer der Orte, die er besucht hatte. Die Stadt gefiel ihm: unbelastet von Touristen und Verkehr und nicht bereit, ihre Zeit auf Kathedralen und Museen und die Erinnerung an vergangene Jahrtausende zu verschwenden. Ganz im Gegenteil. In Zürich ging es um Geld, um die hohe Kunst der Finanzverwaltung, nicht um die primitive Jagd nach schnellem Profit, in der Backman einst Meister gewesen war.
    Jetzt saß er wieder in einer Straßenbahn, die er in der Nähe des Bahnhofs genommen hatte und die nun in gleichmäßigem Tempo durch die Bahnhofstraße fuhr, die Hauptstraße der Innenstadt, wenn es denn so etwas gab. Es war kurz vor neun Uhr morgens. Er hatte sich der letzten Welle korrekt gekleideter junger Banker angeschlossen, die zu UBS, Crédit Suisse und den vielen weniger bekannten, aber ebenso wohlhabenden Finanzinstituten unterwegs waren. Dunkle Anzüge, Hemden in verschiedenen Farben, aber nur selten weiß, teure Krawatten mit dickeren Knoten und dezenteren Mustern, dunkelbraune Schnürschuhe. Die Mode hatte sich in den letzten Jahren etwas verändert. Immer noch konservativ, aber mit einem gewissen Pfiff. Nicht ganz so modisch wie die jungen Berufstätigen in Bologna, aber durchaus attraktiv.
    Alle Passagiere lasen während der Fahrt. Straßenbahnen kamen ihnen entgegen und entschwanden in die Gegenrichtung. Marco gab vor, sich in die Newsweek zu vertiefen, aber tatsächlich beobachtete er seine Umgebung.
    Niemand beobachtete ihn. Kein Mensch schien sich an seinen Bowlingschuhen zu stören, und er hatte an einem leger gekleideten jungen Mann in der Nähe des Bahnhofs tatsächlich ein ganz ähnliches Paar gesehen. Sein Strohhut blieb unbeachtet. Sein Hosensaum war notdürftig repariert, nachdem er an der Rezeption des Hotels ein billiges Nähzeug erstanden und dann eine halbe Stunde lang versucht hatte, seine Hose umzunähen, ohne ein Blutbad anzurichten. Seine Ausstattung kostete nur einen Bruchteil dessen, was er um sich herum sah, aber das scherte ihn nicht. Er hatte es ohne Luigi und die anderen bis nach Zürich geschafft. Mit ein wenig Glück würde er auch wieder aus der Stadt herauskommen.
    Am Paradeplatz liefen die Straßenbahnlinien aus dem Osten und Westen zusammen. Die Bahnen leerten sich rasch, während sich ganze Horden junger Banker auf den Platz ergossen und auf die Gebäude zustrebten. Marco schwamm mit der Menge mit. Sein Hut lag nun unter dem Sitz in der Straßenbahn.
    In den vergangenen sieben Jahren hatte sich nichts verändert. Der Paradeplatz wurde immer noch von kleinen Geschäften und Cafés gesäumt. Die Bankgebäude standen seit mehr als einhundert Jahren. Manche Namen prangten in Neonschrift, während andere sich so bedeckt hielten, dass sie kaum zu finden waren. Aus der Deckung seiner Sonnenbrille heraus versuchte er, so viel wie möglich aufzunehmen. Dabei hielt er sich möglichst dicht an drei junge Männer mit Sporttaschen über der Schulter, die offenbar zur Rheinland-Bank an der Ostseite des Platzes wollten. Er folgte ihnen in die Eingangshalle. Jetzt wurde es interessant.
    Die Information befand sich an derselben Stelle wie vor sieben Jahren. Selbst die gepflegte Dame hinter der Theke kam ihm irgendwie bekannt vor. »Ich möchte Herrn Mikel van Thiessen sprechen«, sagte er so leise wie möglich.
    »Ihr Name?«
    »Marco Lazzeri.« Auf »Joel Backman« würde er später, im

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