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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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sollten Sie nicht tun, die arme Frau hat doch ohnehin schon genug Kummer. Geht mich zwar nichts an, aber ich finde, dass Sie manchmal ruhig ein bisschen taktvoller …«
    Doch Caffery war schon oben und öffnete die Tür. Der völlig verqualmte Raum war von gleißendem Sonnenlicht erfüllt. Carmel lag mit dem Gesicht zum Fenster auf dem Bett – neben sich eine Packung Zigaretten und einen Aschenbecher. Als sie Caffery hörte, blickte sie ihm über die Schulter entgegen. Auf der anderen Seite des Bettes am Fenster stand mit einer Zigarette in der Hand Alek Peach und starrte in den Garten hinunter.
    Caffery hatte nicht gewusst, was ihn hier oben erwartete. Aber Alek hatte wohl geahnt, was auf ihn zukommen würde, da er Caffery vermutlich unten im Garten gesehen hatte. Trotzdem wirkte er völlig ruhig. Er wandte sich langsam um, zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und zerdrückte sie dann in dem randvollen Aschenbecher auf der Fensterbank. Sein großes Gesicht wirkte irgendwie stärker gerötet, als Caffery es in Erinnerung hatte, doch in Aleks Augen war auch jetzt wieder eisige Ablehnung zu erkennen. Falls er überrascht war, den etwas atemlosen Inspector Caffery in der Tür zu sehen, dann zeigte er es nicht.
     
    Smurf hinkte keuchend und winselnd im Kreis herum und schien nach etwas zu suchen. Ihre alten Krallen kratzten über den Teppichboden. Aus der Bruchstelle an ihrem Bein quoll eine zähe helle Flüssigkeit hervor. Sie hatte sich inzwischen bereits zweimal in der Zimmerecke erleichtert. Der alte Hund schien vor Durst dem Wahnsinn nah. Smurf, ich hab auch schrecklichen Durst . Benedicte lag auf dem Rücken, lauschte auf die in der Ferne vorbeirollenden Züge und fuhr mit ihrer wunden und aufgeschwollenen Zunge immer wieder über die völlig ausgedörrte Schleimhaut in ihrem Mund, versuchte, ihre Lippen zu benetzen. Inzwischen war schon wieder ein Tag vergangen, seit sie sich vorübergehend der Illusion hingegeben hatte, dass die Rettung nahe sei. Am Vortag hatte es nämlich irgendwann am Morgen an der Tür geklingelt.
    Ja! Vor Freude hätte beinahe ihr Herz ausgesetzt. »Ja, ich bin hier!«
    Dann das Knirschen eines Schlüssels im Schloss.
    Schlüssel?
    Dann wurde die Haustür geöffnet, und sie begriff in einer Aufwallung von Panik und Verzweiflung ihren grausamen Irrtum. Sie hörte, wie der Eindringling die Treppe heraufrannte und wie wild mit den Fäusten gegen die Tür trommelte. Sie rollte sich vor dem Heizkörper zusammen und umklammerte schützend ihren Kopf. Ja, sie war am Ende.
    In den folgenden Stunden war der Fremde dann noch häufiger durch die Haustür aus und ein gegangen. Beim Verlassen des Hauses schlug er sie zu, und wenn er dann zurückkam, klingelte er, um sich zu vergewissern, dass die Luft rein und inzwischen niemand in dem Haus aufgekreuzt war, der ihm die Party hätte verderben können. Benedicte wusste, dass er ihre Schlüssel benutzte – sie konnte hören, wie er unten im Gang mit dem Schlüsselbund klimperte. Wann immer der Troll von einem seiner Ausflüge zurückkehrte, rollte Benedicte sich stumm zusammen. Sie gab kein Lebenzeichen von sich, wollte nicht, dass er erfuhr, ob sie noch lebte oder schon tot war. Wann immer er das Haus wieder verlassen hatte, drehte sie sich auf den Bauch und versuchte, Josh und Hal laut schreiend Mut zu machen, und betete inständig, dass die beiden sie hören konnten.
    Aus dem Rhythmus der Züge in der Ferne konnte sie erschlie ßen, dass der Troll bereits seit vier Stunden unterwegs war. Und was – wenn er überhaupt nicht zurückkehrte? Hieß das etwa, dass schon alles vorüber war – dass Josh bereits …
    Und was war mit der Agentur, die ihnen das Haus in Cornwall vermittelt hatte? Würde man dort nicht Alarm schlagen? Denkbar war auch, dass ein Bauarbeiter den Troll in dem Haus ein und aus gehen sah. Oder vielleicht würde Ayo schon früher als geplant vorbeikommen. Oder jemand würde durch das Fenster einen Blick in die Garage werfen und dort den voll bepackten Daewoo sehen – und den gewiss schon verschimmelten Reiseproviant auf dem Rücksitz.
    Schließlich beendete Smurf ihre ruhelose Wanderung und ließ sich – den Kopf auf dem gesunden Bein – stöhnend in der Ecke nieder. Die Wunde fing allmählich an zu riechen. Benedicte hatte beobachtet, dass immer wieder Schmeißfliegen an dem kaputten Bein herumkrabbelten. Sie hatte den Ärmel von Hals Hemd zerrissen und um den eiternden Bruch gewickelt. Allerdings hielt das die von dem

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