Die Behandlung: Roman (German Edition)
Eitergeruch betörten Fliegen nicht davon ab, auch weiterhin ihr Glück zu versuchen. Selbst wenn sie in den nächsten Stunden gerettet wurden – für Smurf war es auf jeden Fall zu spät, so viel war klar. Allein der Gedanke brach Benedicte beinahe das Herz.
»Ist ja gut, Smurf, altes Mädchen …«, murmelte sie. »Dauert nicht mehr lange – das verspreche ich dir.«
Sogar unterwegs im Auto hörte Peach nicht auf zu schimpfen. Er sei krank, sagte er, und zu schwach, um sich solchen Strapazen zu unterziehen – und so reihte sich Ausrede an Ausrede. Caffery sprach auf dem ganzen Weg nach Denmark Hill kein einziges Wort.
Dr. Ndizeye erwartete die beiden bereits lächelnd und schweiß überströmt vor dem Portal der Königlichen Zahnklinik. Unter seinem offenen weißen Kittel trug er ein T-Shirt, auf das vorne in blauen Lettern die Aufschrift »Programme Alimentaire Mondiale« gedruckt war.
»Hallo, Mr. Peach.« Er ergriff Peachs schlaff herabhängende rechte Hand und schüttelte sie. »Kommen Sie doch bitte hier entlang.« Er führte die beiden in das kleine Büro, in dem auch seine dentalpathologischen Lehrveranstaltungen stattfanden. Der Raum machte einen gemütlichen, wenn auch etwas chaotischen Eindruck. In der Mitte stand ein computerisierter Behandlungsstuhl, hingegen hatte sich auf einem alten Goniometer auf der Fensterbank bereits eine Staubschicht angesammelt. An den Wänden hingen nur wenige Bilder: ein paar Röntgenaufnahmen mit Schädeldarstellungen, das Porträt eines lächelnden Amerikaners (der auf einem kleinen Goldschildchen als Robert S. Folkenberg ausgewiesen war) und das Foto einer Frau mit zwei kleinen Mädchen, die sich offenbar für den Kirchgang zurechtgemacht hatten. Eine schweigende Assistentin war gerade damit beschäftigt, auf einem Stück Krepppapier einige Metallschalen anzuordnen.
»Herrlicher Tag heute«, sagte Ndizeye und öffnete das Fenster. »Trotzdem sollte man nicht vergessen: Der Herr lässt seine Sonne über den Guten und den Bösen gleichermaßen aufgehen, über den Gerechten und den Ungerechten.« Seine Augen hinter den dicken Brillengläsern schienen in zwei verschiedene Richtungen zu blicken. Dabei lächelte er wie ein Clown. Für einen Moment hatte Caffery die Bemerkung des Dentalpathologen fast auf sich bezogen. Peach legte sich auf den Behandlungsstuhl und starrte an die Decke, während die Assistentin ihm ein Lätzchen umband. Caffery nahm mit dem Rücken zum Fenster auf einem Aluminiumstuhl Platz, lutschte Pfefferminzpastillen und sah Ndizeye schweigend bei der Arbeit zu.
»Ich mache jetzt zunächst einen Abdruck, danach machen wir eine Aufnahme von der Kieferstellung und zum Schluss noch ein Orthopantogram.« Ndizeye beschrieb mit der Hand einen Kreis um seinen Kopf. »Also eine Rundumaufnahme, okay?«
Alek nickte. Er hatte seit ihrer Ankunft kein Wort gesprochen. Sein Gesicht war leicht gerötet, als ob er Fieber hätte. Trotzdem ließ er Ndizeye gewähren, als er ausprobierte, welche Abdruckform für Peachs Kiefer das richtige Format hatte. »Die hier müsste passen.« Ndizeye hielt die Form, die er zuletzt angemessen hatte, unter den Wasserhahn. »Das ist die größte Form, die wir haben. Sie haben wirklich einen mächtigen Kiefer, Mr. Peach. Gut – dann machen wir jetzt also drei Abdrücke von Ihrem Kiefer.«
Die Assistentin mischte das hellrosa Alginat mit Wasser, und aus der Rührschale stieg ein Geruch auf, der an Veilchen und warme Plastikmasse erinnerte. Ndizeye füllte die Mischung in die obere Abdruckschale. »Ich muss jetzt leider Ihre Oberlippe ein bisschen hochziehen, Mr. Peach.« Er schob Peachs Oberlippe mit den Fingern ein wenig nach oben und presste die Form mit der weichen Masse behutsam gegen dessen Oberkiefer. Zugleich achtete er darauf, dass sich in der Masse keine Blasen bildeten und die Zähne samt Zahnfleisch tief in das Material einsanken. »Und jetzt bitte den Mund nicht schließen – dauert nur eine Minute.«
Doch Peach warf sich – plötzlich mit Angstschweiß auf dem Gesicht – auf die Seite und versuchte sabbernd, sich die Form aus dem Mund zu reißen. »Ich fang gleich an sssu…«
»Bitte beruhigen Sie sich.« Ndizeye brachte Peach auf dem Stuhl wieder in Position. »Und tief durch die Nase einatmen.«
»Ich muss gleich kossen …« Peach sprang mit ausgestreckten Armen aus dem Behandlungsstuhl auf. Dabei fiel ihm die Form aus dem Mund, und das Alginat platschte zu Boden.
Ndizeye drehte sich um und klopfte mit der
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