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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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sehen. »Jedes Mal wenn ich höre, dass die Polizei einen Kriminellen sucht, muss ich an die Belagerung damals in der Balcombe Street denken. Ich seh dann sofort ein paar Gangster vor mir, die einfach hier zur Tür hereinspazieren und uns tagelang als Geiseln festhalten. Na ja.« Sie lächelte. »Leute, die zu viel Zeit zum Grübeln haben, neigen nun mal zu paranoiden Vorstellungen. Kaffee?«
    »Ja, gerne.«
    »Möchten Sie auch eine …« Sie zeigte auf den Teller mit den Schokotrüffeln. »Wenn Ihnen das Zeug nicht zu süß ist!« Sie goss Kaffee in zwei Isle-of-Aran-Becher, füllte den Zuckertopf auf und stellte dann alles auf ein Tablett. »Sie können es sich dort drüben ruhig schon bequem machen.«
    Er trat in den Wohnbereich. Die Wände waren hier in einem leuchtenden hellgrünen Ton gehalten, und die Sofas hatten helle naturfarbene Bezüge. Das ganze Ambiente bezeugte, dass die Familie finanziell recht gut gestellt sein musste. An einer Ecke des großformatigen TV-Gerätes haftete noch ein Stück Styropor. Offenbar gerade erst ausgepackt. Er setzte sich auf eines der Sofas und blickte in den Garten hinaus. Der Hund hatte es sich an einem sonnigen Plätzchen bequem gemacht und sah ihn verschlafen an. Ringsum standen noch diverse, halb ausgepackte Pickford-Umzugskartons herum.
    »Sind Sie gerade erst eingezogen?«
    »Ja, vor vier Tagen.« Sie holte Milch aus dem Eisschrank und füllte sie in ein kleines Glasgefäß. »Wir sind die Ersten hier in der ganzen Anlage. Eigentlich völlig verrückt . Weil wir nämlich am Sonntag schon wieder für zehn Tage nach Cornwall fahren.«
    »Hübsch hier.«
    »Ja, echt toll. Weniger Spaß macht es allerdings, wochenlang aus Umzugskartons zu leben. Aber das Haus ist früher fertig geworden als geplant, deshalb haben wir die Gelegenheit gleich genutzt. Und den Urlaub konnten wir auch nicht mehr umbuchen.« Josh kam aus dem Bad zurück und hüpfte um den Teller mit den Trüffeln herum. »Meinst du doch auch, Bärchen, dass wir die Ferienwohnung nicht einfach wieder kündigen konnten? Was hätten sonst die Seehunde gesagt?«
    »Oh, die wären bestimmt ganz traurig gewesen.« Der Junge stand inzwischen auf einem Hocker und zog den Teller mit den Trüffeln zu sich heran. »Die schönen Seehunde.«
    Der Hund schleppte sich bis zu dem Sofa, auf dem Caffery saß, sah ihn traurig an und legte sich dann auf den Rücken. »Hallo.« Er bückte sich hinab, um das Tier zu kraulen, als er plötzlich am Rande seines Blickfeldes zwischen den Bäumen eine schemenhafte Bewegung sah. Doch dann war auch schon wieder alles genau wie vorher. Vielleicht ein Tier, eine Lichttäuschung, einer der Männer, die dort nach dem kleinen Rory suchten? Dann trat Benedicte mit dem Tablett an den Tisch, und er bemühte sich, nicht mehr daran zu denken.
    »Danke.« Er nahm die Tasse entgegen, lehnte sich zurück und sah aus dem Fenster. Zwischen den Bäumen war alles ruhig. Absolut ruhig. »Sie wohnen wirklich nahe an dem Park«, sagte er. »Sehr nahe.«
    »Ich weiß.«
    »Und wo haben Sie vorher gewohnt?«
    »Brixton.«
    »Brixton? Ach so, ich war eigentlich der Meinung, dass wir hier in Brixton sind .«
    »Ich meine im Zentrum – an der Coldharbour Lane. Ich weiß nicht mal recht, was uns dort am meisten gestört hat – die Drogensüchtigen oder die Schickis. Allerdings muss ich zugeben, dass ich diese Seite des Parks – also den Donegal Crescent und so weiter – kaum kenne.« Sie hielt inne und blickte in die Küche, wo Josh damit beschäftigt war, die Trüffeln mit einem Messer von dem Backblech zu heben. »Bärchen, bring mir bitte mal die Untertasse dort drüben, und dann kannst du in das Planschbecken gehen.«
    »Ist aber kein Planschbecken, sondern …«
    »Natürlich – eine einsame Insel im Pazifischen Ozean.« Sie sah Caffery lächelnd an. »Also gut«, sagte sie zu Josh. »Bring uns bitte zuerst die Untertasse, und dann kannst du nach Tracey Island gehen.«
    »Okay.« Josh stieg zufrieden von dem Hocker herunter und brachte den beiden auf einem Teller vier frische Schokotrüffeln.
    »Sehr lieb von dir.« Seine Mutter machte es sich mit ihrer Tasse auf dem Sofa bequem. »Jetzt kannst du uns noch davon anbieten, und dann darfst du gehen.«
    »Danke.« Caffery nahm eine der Trüffeln.
    »Keine Ursache.« An Joshs Kinn klebte noch immer etwas Schokolade, ja, sogar an seinem Oberschenkel, wo er sich die Finger abgewischt hatte, war ein dunkler Streifen zu erkennen. Er sah Caffery verschwörerisch an

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