Die Behandlung: Roman (German Edition)
habe.«
»Umso besser.« Caffery ließ sich in seinen Stuhl sacken und zog den Scotch zu sich herüber. »Na, dann kann ich nur sagen: Willkommen in meinem schönsten Albtraum, Chief Inspector Souness. Gut zu wissen, dass Sie sich schon so lange daran erfreuen.«
»Also, jetzt hören Sie doch endlich auf. Ist doch total kindisch, diese Reaktion. Vielleicht sollten Sie mal die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass ich Ihnen das alles lediglich aus Sympathie erzählt habe, mein lieber Detective Inspector.«
»Ja, schon gut.« Er inspizierte das Innere seiner Tasse. Etwa auf halber Höhe hatte der Kaffee einen braunen Ring hinterlassen.
»Mein Gott, jetzt stellen Sie sich doch nicht so an, Jack, ich will Ihnen nur helfen – auf meine etwas ungeschickte Art.«
»Weiß ich ja. Entschuldigung. Mir zieht sich bei diesem Thema immer …« Er legte sich die Hand auf die Brust.
»… die Brust zusammen?« Sie leerte ihre Tasse und goss sich gleich noch einen Scotch ein. »Versteh ich. Aber wieso erwirken Sie nicht einfach eine Wiederaufnahme der Ermittlungen gegen Penderecki?« Sie verstummte und wartete auf seine Antwort. »Jack, wenn Sie in dieser Sache eine Wiederaufnahme der Ermittlungen erwirken, dann wird jemand anderer mit den Nachforschungen betraut und kann sich hier die Nächte um die Ohren schlagen.«
Er schüttelte müde den Kopf. »Nein, ist schon in Ordnung.«
»Hat Ihnen das schon mal jemand geraten?«
»Ich weiß nicht mehr, wie viele wohlmeinende Menschen mir das schon empfohlen haben. Aber der Kerl ist einfach zu clever. Der würde mir doch sofort eine Klage wegen böswilliger Verleumdung, übler Nachrede und so weiter an den Hals hängen.«
»Oder verzichten Sie nicht vielleicht deshalb auf eine Wiederaufnahme, weil Sie genau wissen, dass Sie unter diesen Umständen keinesfalls die Ermittlungen führen könnten?«
»Tja, das kommt noch erschwerend hinzu – war mir leider kurzzeitig entfallen.«
»Sie sind ein ganz schöner Sturkopf, wenn ich das mal so sagen darf.«
»Oh, danke. Ich deute das einfach mal als Kompliment.«
Auf Souness’ Gesicht erschien der Anflug eines Lächelns. »Ich möchte doch nur verhindern, dass Ihnen diese Peach-Geschichte mehr zusetzt als unbedingt nötig. Ich möchte einfach nicht, dass der Fall Ihr Privatleben ruiniert. Das ist meine Sorge.«
Caffery gab sich redlich Mühe, ihr Lächeln zu erwidern. Eigentlich hätte er sie bitten müssen, ihm die Ermittlungen zu entziehen, ihr sagen sollen, dass er die Dinge schon jetzt nicht mehr unter Kontrolle hatte. Doch er rieb sich nur die Stirn, leerte sein Glas und sagte: »Ewan war damals neun, Rory ist acht – ist mir noch gar nicht aufgefallen, dass es da eine Verbindung geben könnte.« Er stand auf, öffnete die Tür und bat Logan herein. Logan trat ein und zog eine Augenbraue hoch, als er die beiden so dasitzen sah.
»’tschuldigung.« Er räusperte sich verlegen, als ob er sie gestört hätte.
»Ich habe noch einen kleinen Auftrag für Sie. Sie sind doch mit dem Fahndungscomputer vertraut, nicht wahr?«
»Sir.«
»Und geben Sie morgen den Kollegen auf den Bezirksrevieren durch, dass sie in ihren Archiven nachsehen sollen, ob dort in den vergangenen zehn Jahren irgendwo das Wort ›Troll‹ aufgetaucht ist. Das ist übrigens auch Ihr Suchwort. Fragen Sie bitte an, ob jemand mal was von einem Perversen gehört hat, der im Brockwell Park sein Unwesen treibt und als ›Troll‹ bezeichnet wird.« Er unterbrach sich, weil er plötzlich bemerkte, dass Logan nur mühsam ein Lachen zu unterdrücken vermochte. »Was ist denn los?« Er starrte Logan an. »Was ist so komisch?«
»Gar nichts, Sir.« Doch bevor Logan den Blick senkte, sah er noch kurz Souness an, die die oberen Knöpfe ihres Hemdes geöffnet hatte, und schielte dann auf die halb leere Whisky-Flasche. Caffery hatte die Krawatte abgelegt, und neben dem Schreibtisch standen Souness’ Schuhe am Boden. »Gar nichts«, wiederholte Logan errötend und wandte sich zum Gehen. »Ich mach mich sofort an die Arbeit.«
Als Caffery die Tür hinter ihm schloss und sich wieder umdrehte, schüttelte sich Souness vor Lachen. Sie hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Dabei lachte sie so hemmungslos, dass sie am ganzen Körper bebte. »Das muss man sich mal vorstellen?« Sie strahlte ihn an. »Einfach großartig: Der Pin-up-Boy der Londoner Mordkommission und ausgerechnet meine Wenigkeit.« Sie rieb sich das Gesicht.
Weitere Kostenlose Bücher