Die Beichte - Die Beichte - Dirty Secrets
Abgrund ab.
Scharf wie Scherben zuckten die Stimmen heran. »Ist er gestürzt?« »Scheiße, ist er gesprungen?«
Er? Tangs Augen trafen auf Jos, irrlichternd, als hätte sie Gift geschluckt. Sie sackte gegen das Geländer. Sie wirkte mitgenommen, und ihr war anzusehen, dass sie sich verzweifelt wünschte, diesen Anblick verdrängen zu können.
Jo richtete sich auf und ergriff Tang an beiden Armen. Heftig zitternd sprach sie durch zusammengebissene Zähne. »Was ist mit Skunk?«
Tang schüttelte den Kopf. »Nur Southern.«
Das Sirren war so laut, dass sie sich selbst kaum hören konnte. Sie bekam nur schwer Luft. Ihre Augen brannten. »Wo ist Skunk hin?«
Beide schauten sich um.
Einige Schritte weiter hatte eine Frau die Arme um sich geschlungen. Sie legte die Hand auf den Mund und fing an zu weinen.
Jo schnappte sich den Mann neben ihr. »Haben Sie beobachtet, was passiert ist?«
Er deutete zur Brüstung. »Der Typ hat mit einem anderen Mann gekämpft, der war fast einen Kopf kleiner.«
Tang lehnte noch immer zusammengesunken am Geländer. »Wurde er gestoßen? Ich hab nur gesehen, wie sie sich gepackt haben. Der Mann, der gestürzt ist - wurde er gestoßen?«
Der Passant schüttelte den Kopf. »Nein. Der Kleinere … es war eher, als wollte er den anderen vom Springen abhalten. Er hat an ihm gezogen oder … Scheiße, ich weiß auch nicht. Er wollte ihn retten, aber der andere hat sich gewehrt. Und der Kleinere hatte einfach nicht genug Kraft.«
Jo drängte sich durch den Pulk, der sich am Geländer gebildet hatte. Sie spähte nach Norden und sah mindestens hundert Menschen, die auf dem Stück bis zum Ende der Brücke unterwegs waren. Aber nur ein Mann lief.
»Amy, da vorn.«
Er hatte bereits einigen Vorsprung. Wie erstarrt blickte sie ihm nach.
Sie hörte Tang am Telefon einen Notfall melden. Hörte: Mann von der Brücke gestürzt. Und: Ein zweiter Mann zu Fuß geflohen. Skunk verschwand zwischen den Leuten.
Sie rannte los.
Schwer wie Klötze zerrten die Stiefel an ihren Füßen. Sie fühlte sich benommen, das gellende Sirren in ihrem Kopf hatte alle Gedanken zu einem verworrenen Knäuel zusammengestaucht.
Vier Sekunden: So lange braucht man, um nach dem Absprung vom Geländer der Golden Gate Bridge auf dem Wasser aufzuschlagen. Eine Ewigkeit, in der man beobachten kann, wie die Konstruktion mit rasender Geschwindigkeit zurückweicht. Einige Herzschläge lang blickt man hinauf zu den Menschen auf dem Fußweg, deren Schreie einen nicht mehr erreichen.
Skunk war der Grund, weshalb Southern gestürzt war. Sonst wäre er nicht geflohen.
Die Hände in den Taschen vergraben, joggte er mit gesenktem Kopf dahin. Da sie mit voller Geschwindigkeit lief, holte sie auf. Immer deutlicher konnte sie die nach vorn geneigte Gestalt erkennen, die verstohlen zum Ende der Brücke strebte.
Sie war zwar gut in Form, doch inzwischen ging ihr Atem
schwer. Unter dem Nordpfeiler hörte er sie schließlich und drehte sich um. Kurz zögerte er, dann wirbelte er herum und rannte los, so schnell er konnte.
Dennoch kam sie ihm rasch näher. Vor ihnen führte ein Mann einen widerspenstigen Schäferhund an der Leine. Skunk stürzte auf ihn los und entriss ihm die Leine.
»Hey!«, rief der Hundebesitzer.
Skunk fuhr herum und starrte Jo mit bösen Augen an. Seine Lippen wichen zurück. Wie ein Tier in der Falle, bereit zum Zuschnappen. Ein Hauch von süßlichem Duftwasser und stechendem Körpergeruch drang ihr in die Nase. Angewidert und jäh verunsichert, stoppte sie ab.
Skunk schlug dem Hund mit der Faust auf den Kopf. Wild bellend wollte ihn das Tier anspringen. Skunk trat ihm in den Hintern und deutete auf Jo. »Fass!«
Dann stürmte er davon. Der Besitzer haschte nach der Leine. Jo wollte sich vorbeidrücken, doch sie blieb in dem Gewirr aus Mann und wütendem Hund hängen. Sie stolperte und fiel hin.
Der Besitzer zerrte an der Leine. »Mongo, Fuß!«
Jo befreite sich, rappelte sich auf und sprintete wieder los. Weit vor ihr jagte Skunk dahin wie ein Irrer.
Schnaufend zog sie ihr Handy heraus und drückte auf Wahlwiederholung. »Amy, er läuft zum Parkplatz beim Aussichtspunkt. Wo ist die Highway Patrol?«
»Irgendwo ihm Umkreis von fünfzehn Kilometern.«
»Ich seh zu, dass ich ihn nicht aus den Augen verliere.«
Doch als sie beim Aussichtspunkt anlangte, war er nirgends zu entdecken. Mit schweißnassem Rücken umkreiste sie den Parkplatz. Er war verschwunden. Sie sank auf den
Bordstein und presste sich die
Weitere Kostenlose Bücher