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Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Titel: Die beiden Seiten der Münze (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Ladan
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ihm persönlich zu sprechen. Sie wurde irgendwie den Eindruck nicht los, dass dieser Professor mehr über die Anlage unter dem Stephansdom wissen könnte als den Touristen gezeigt wurde.
     
    Man konnte dem Herrn ja eigentlich auch einen Besuch abstatten, Lynn wusste nicht genau warum, aber sie hatte das dringende Bedürfnis mit jemandem zu sprechen, der ihr erklären konnte, was in diesen Katakomben vor sich ging – falls da überhaupt etwas vor sich ging und sie sich nicht alles nur eingebildet hatte. Das Risiko, als Vollidiot dazustehen, war zwar groß aber Lynn stellte sich den Professor als alten, kleinen Mann vor, der eventuell sogar geschmeichelt wäre, dass jemand an seinen Forschungen Anteil nahm.
     
    Lynn beschloss, dem Autor des Buches einen Besuch abzustatten und zwar gleich. Sie konnte sich selten zu Aktivitäten aufraffen aber wenn sie sich erst einmal spontan zu etwas entschlossen hatte, musste ihr Vorhaben sofort in die Tat umgesetzt werden. Sie pinselte ein wenig Makeup ins Gesicht, band ihre Haare zu einem losen Zopf zusammen und verließ die Wohnung. Erst als sie auf der Straße stand, fiel ihr ein, dass sie die Adresse vergessen hatte. Also machte sie kehrt und holte den Zettel aus ihrer Wohnung. Zum hundertsten Mal dachte sie „was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben“.
     
    In der Straßenbahn stöpselte sie die Kopfhörer ihres Handys in die Ohren und suchte sich Beethovens Violinkonzert, eines ihrer Lieblingsstücke aus. Wie jedes Mal, wenn sie dieses Stück hörte, wurde sie von einer Welle von Wehmut ergriffen. Das Stück war wunderschön, fast schon kitschig und weckte in Lynn Erinnerungen an die Zeit, als sie noch jung und voller Träume gewesen war. Sie hatte sich damals ihre Zukunft ganz anders vorgestellt. Aber man musste das Leben eben so nehmen wie es war, da half alles Jammern nicht.
     
    Fast hätte Lynn die Station verpasst, an der sie aussteigen sollte. Sie musste sich erst einmal orientieren und fand heraus, dass die Adresse des Professors zu Fuß leicht zu erreichen war. Lynn sah auf die Uhr und befand dass die Uhrzeit für einen Besuch perfekt war.
     
    Erstaunlicherweise entdeckte Lynn die richtige Adresse gleich beim ersten Anlauf. Die Wohnung des Professors befand sich in einem alten Gebäude – Lynn schätzte es auf ca. 150 Jahre alt. Der Eingang musste früher einmal sehr repräsentativ gewirkt haben, schwarzer Marmor umrahmte den schwarz-weiß gefliesten Boden und eine leicht ramponierte Jugendstil Lampe erleuchtete den Eingang spärlich. Auf einer altertümlichen Tafel befanden sich die Namen der Bewohner, Professor Mars bewohnte anscheinend den zweiten Stock.
     
    Es gab zwar einen antik wirkenden Aufzug, der aber nicht gerade vertrauenerweckend wirkte, also machte sich Lynn zu Fuß an den Aufstieg. Da sie nicht gerade der sportliche Typ war, freute sie sich darüber, dass sie nicht bis zum obersten Stockwerk weitergehen musste.
     
    Lynn stand vor der Wohnungstür. Wie in alten Häusern üblich, handelte es sich um eine dunkelbraune Flügeltüre mit eingelassenen Milchglasscheiben, die von einem schmiedeeisernen Gitter gesichert wurden. Lynn wollte gerade auf die Klingel drücken als ihr einfiel, dass sie vollkommen vergessen hatte, sich einen passenden Beginn für ein Gespräch zu überlegen. Irgendetwas musste sie ja schließlich sagen und auch einen Grund für ihren unangemeldeten Besuch sollte sie vorbringen können.
     
    Sie ließ ihre Hand sinken. Als die Tür plötzlich von innen aufgerissen wurde, erschrak Lynn. Sie starrte fassungslos auf den Mann, der im Türrahmen stand. „Woher wussten Sie, dass ich gerade läuten wollte“ war alles, was sie statt einer Begrüßung hervorbrachte. „Man kann Ihren Umriss durch die Milchglasscheibe sehen“ erwiderte er. Der junge Mann hatte einen blassen Teint, seine dunklen Augen blickten ausdruckslos auf Lynn und seine dunkelbraunen Haare fielen im ins Gesicht. Er schien unter Schlafmangel zu leiden, zumindest deuteten die Ringe unter seinen Augen darauf hin. Er sah eigentlich ganz gut aus, obwohl er gar nicht dem Typ von Männern entsprach, die ihr sonst gefielen. Lynn fiel auf, dass er barfuss war und neben einem etwas ausgeleierten T-Shirt zerrissene Jeans anhatte. „Ach so! Okay, also ich wollte gerne mit Herrn Professor Cedric Mars sprechen“ stammelte Lynn etwas nervös. „Das bin dann wohl ich“ erwiderte er. Lynn war überrascht, mit einem jungen Mann hatte sie nicht gerechnet und er sah

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