Die beiden Seiten der Münze (German Edition)
gut kannte, umso leichter gelingen.
Sie beschloss, an etwas anderes zu denken. Lynn erinnerte sich wieder an die Führung in den Katakomben und plötzlich fiel ihr ein, dass sie schon vor längerer Zeit eine Dokumentation zu diesem Thema im Fernsehen gesehen hatte. Es ging um eine Frau, die behauptete, dass unter der Stephanskirche das Böse in Form von Vampiren wohnte. Lynn konnte sich nicht an alle Details der Sendung erinnern, wusste aber noch, dass die Frau von der Existenz dieser Vampire felsenfest überzeugt war. Sie war gemeinsam mit einer Freundin und einem Priester in den Katakomben gewesen und ihre Freundin – Lynn glaubte, dass es dabei um ein Medium gehandelt hatte – war davon überzeugt gewesen, eine, wie sie sich ausgedrückt hatte „böse Aura“ wahrgenommen zu haben. Je länger Lynn darüber nachdachte, desto sicherer war sie, dass die Frau in der Nähe des Schachtes gestanden hatte.
Zuhause angekommen, bezahlte sie den Taxifahrer, kramte ihre Schlüssel aus ihrer Handtasche und begab sich in den dritten Stock des Neubaues. Dort befand sich Lynn's Wohnung, welche zwar nicht groß, aber gemütlich eingerichtet war. Von einem kleinen Vorzimmer kam man zuerst in das Wohnzimmer mit einer offenen Küche und von dort aus ins Schlafzimmer. Ein Badezimmer und eine Toilette komplettierten die Wohnung. Bunte Stoffe, Kissen und Vorhänge brachten die richtigen Farbtupfer in die hellen, freundlichen Räume. Die Möbel waren aus hellem Holz im Landhausstil gearbeitet. Einige kleine Lampen warfen ein gedämpftes Licht. Lynn warf ihre Handtasche in hohem Bogen auf den Parkettboden und warf sich auf die Couch, die mit einer bunten Decke im Indiostil abgedeckt war. Ihr Kater Merlin sprang auf ihren Schoß. „Hallo mein Freund“ Lynn kraulte ihn hinter den Ohren „wie geht’s uns denn heute?“ Merlin schnurrte, ließ sich eine Zeitlang streicheln, dann stolzierte er davon.
Essen sollte sie heute eigentlich nichts mehr, aber Selbstbeherrschung war nicht gerade ihre Stärke. Heute war schließlich ihr Geburtstag und wenn sie schon niemanden zum feiern hatte – die meisten ihrer Freunde hatte Martin „übernommen“, so konnte sie sich wenigstens kulinarisch etwas gönnen. Also wühlte sie im Tiefkühlfach ihres Kühlschrankes bis sie ein Fertiggericht gefunden hatte. Sie steckte es in die Mikrowelle und beschloss, während der Wartezeit schnell zu duschen.
Lynn zog sich schnell aus, vermied dabei wie immer bewusst den Blick in den Spiegel und stellte sich unter den Wasserstrahl. Sie empfand ihren Körper als eine unförmige und belastende Hülle für ihr verkorkstes Innenleben. Lynn fand, dass ihr Körper widerlich war. Egal wie oft sie sich wusch, immer wieder bildete sie sich ein, dass sie schlecht roch. So schnell wie möglich beendete sie die Dusche und wickelte sich in ihren dicken Bademantel.
Sie ging in die Küche, kippte ihr Nudelgericht auf einen Teller, goss den Rest einer Rotweinflasche in ein Glas und setzte sich wieder auf die Couch. Lynn aß immer am Couchtisch, da in ihrem kleinen Wohnzimmer kein Platz für einen richtigen Essplatz war.
Sie klappte ihr Notebook auf und checkte zuerst ihre Emails. Da waren einige Geburtstagswünsche von Verwandten, eine E-Card von ihrer Cousine in Irland und unzählige Spam-Mails. Lynn löschte die meisten Nachrichten seufzend und schüttelte den Kopf über diverse Angebote für Penisvergrößerungen und Potenzpillen.
Zwischen zwei Bissen fiel Lynn erneut die Führung in den Katakomben ein. Sie erinnerte sich an das unerklärliche Angstgefühl und ihre Übelkeit. Sie beschloss, zu googeln und herauszufinden, ob andere Leute außer ihr auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Lynn klickte sich durch unzählige Websites mit vielen Erfahrungsberichten von esoterisch angehauchten Zeitgenossen, auf einigen wurde auch darüber spekuliert dass es unheimliche Wesen unter Wiens Kirchen geben sollte. Viel brauchbare Information war aber leider nicht zu finden.
Leicht gelangweilt und in Ermangelung einer besseren Beschäftigung suchte sie aber weiter. Schon einige Male war sie in diversen Foren über den Namen Prof. Cedric Mars gestolpert. Anscheinend war dieser Professor eine Kapazität das unterirdische Wien betreffend. Viele Postings äußerten sich begeistert über sein Wissen und seine Bücher. Der Name war Lynn vollkommen fremd.
Es gab im Internet zwar einige Artikel über Mars, auf einigen Websites konnte man
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