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Die Belasteten: ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte (German Edition)

Die Belasteten: ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte (German Edition)

Titel: Die Belasteten: ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Aly
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Texte plünderten. Bei der Durchsicht der in den vergangenen 20 Jahren erschienenen Literatur irritierte mich, mit welcher Leichtigkeit manche Wissenschaftler oder Buchautoren Textteile abkupfern oder das Auffinden einzelner Quellen als eigene Leistung deklarieren. Ich muss das leidige Thema anschneiden, sonst könnte es so aussehen, als hätte ich mich nicht meiner früheren Texte bedient, sondern geistiger Leistungen anderer.
    Hans-Walter Schmuhl, dessen 1987 erschienene Dissertation sich so deutlich auf die von Ernst Klee, Karl Heinz Roth und mir in den Jahren 1983 bis 1985 veröffentlichten Ergebnisse stützt, sprach damals von »den bahnbrechenden Forschungsbeiträgen von Götz Aly und Karl Heinz Roth«, die »unbekanntes Quellenmaterial« aufgetan und »bislang unbearbeitete Forschungsfelder erschlossen« hätten. Des ungeachtet griff auch er mit regelwidrigen Methoden in den Topf unserer Erkenntnisse und verwendete dabei ein doppeltes Verfahren. In einzelnen Kapiteln nannte er weithin und fast immer korrekt die Studien der anderen, sofern er gewisse Eigenleistungen beisteuern konnte. Wo das nicht der Fall war, haperte es an der zitierenden Fairness sofort. In seinem Kapitel über die Entstehung des Euthanasiegesetzes schreibt er korrekt, er habe es »in enger Anlehnung an Roth und Aly« verfasst. Aber das hätte er auch zu den Kapiteln »Aktion Brandt« oder »Propaganda zur ›Euthanasie‹« anmerken müssen. So schlachtete er beispielsweise in letzterem Kapitel Roths 1985 erschienenen Aufsatz »Filmpropaganda für die Vernichtung« auf vier Seiten aus, grob gegen die guten akademischen Sitten verstoßend. Um die Spuren zu verwischen, führte er Roths Arbeit im Literaturverzeichnis nicht auf. Womöglich stellte sich für Schmuhl das Problem, dass der Doktorgrad für eine eigenständige wissenschaftliche Leistung und nicht für ordentliche Zusammenfassungen vergeben wird. Das könnte sein Schwanken zwischen Zitieren und Paraphrasieren erklären, eine Vorgehensweise, die Schmuhls Doktorvater tolerierte.
    Ich halte das Gesamtwerk von Hans-Walter Schmuhl für beachtlich und würde die Angelegenheit als verjährt ansehen, führten solche Untaten nicht häufig dazu, die Nichtzitierten und Geplünderten anschließend auszugrenzen. Leider folgte auch Schmuhl nach einiger Zeit diesem Verhaltensmuster. So veröffentlichte er 2011 in dem Forschungsbericht »Medizin und Nationalsozialismus« den 31 Seiten umfassenden Abschnitt »›Euthanasie‹ und Krankenmord«. Er nannte rund 300 Titel. Jedoch keine der von Roth und mir verfassten Schriften, die ihm einst für seine Arbeit als »bahnbrechend« erschienen waren und die er damals in offener und verdeckter Form sehr fleißig benutzt hatte. Stattdessen führte er 15 Mal in Folge eigene Studien an. Das geht zu weit.
    Die Leitung des Forschungsberichts oblag einem Professor Robert Jütte, der vorweg bemerkte: Die Übersicht ziele nicht auf Vollständigkeit ab, vielmehr sei ihm und seinen Mitautoren an einer »Wertung im Sinne einer bibliographie raisonée« gelegen. Hübsch, so funktioniert ein beachtlicher Teil des zeitgeschichtlichen Betriebs im geschäftigen, selbstgenügsamen Stillstand, wobei die großen und kleinen Diebe mit abgesenkter Stimme mahnen, wie verwerflich die Exklusion anderer sei.
    Ich erspare mir zu viele Details. Gern und zum Teil mehrfach genommen wurden meine Forschungen zum Arbeitshaus Rummelsburg, zu Carl Schneider, zur Deportation Hamburger Frauen und Mädchen nach Wien, zum Gutachten von Max Nonne, zum Deutschen Gemeindetag, zum Euthanasiegesetz, zur Hirnforschung, zur Aktion Brandt und zu Heinrich Hermann. Mein Text über das Deutsche Kinderkrankenhaus findet sich mit einer versteckten Vgl.-auch-Fußnote versehen, einem sogenannten Bauernopfer, fast wortgleich in einer akademischen Qualifikationsarbeit. Häufig wechselten Autorinnen und Autoren einfach die Archivsignaturen von Dokumenten, die sowohl in Gerichtsakten wie im Bundesarchiv liegen, die man nach amerikanischen Lesefilmen, nach alten (vor 1989 gültigen) oder neuen Bestandsbezeichnungen zitieren kann.
    Einigen der Plünderer, insgesamt 15, schrieb ich nebenbei kurze E-Mails. Warum machen Sie so etwas? Einer der Angesprochenen antwortete: »Ihre Anfrage überrascht mich etwas, da ich mich im Wesentlichen auf Ihre Ausführungen beziehe.« Richtig, nur konnte das niemand erkennen. Eine Kollegin meinte, ich hätte keinen Eigentumsanspruch auf Quellen. Gewiss. Ich jedenfalls zitiere die

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