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Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Titel: Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Silver
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Einbußen würden hinnehmen müssen). Gegen Ende einer Präsidentschaftswahl werden täglich 30 bis 40 Umfrageergebnisse aus verschiedenen Bundesstaaten veröffentlicht, und einige dieser Ergebnisse werden sich unvermeidlicherweise außerhalb der Fehlertoleranz befinden. Kandidaten, Strategen und Fernsehkommentatoren, die das Rennen gerne als knapper darstellen, als es in Wirklichkeit ist, greifen solche Ausreißer natürlich auf; das FiveThirtyEight-Modell kam jedoch zu dem Ergebnis, dass sie normalerweise keine Rolle spielen.
    Schließlich und endlich ist die richtige Einstellung, heute die beste Prognose zu stellen, ungeachtet dessen, was letzte Woche, letzten Monat oder letztes Jahr gesagt wurde. Neue Prognosen bedeuten nicht, dass die alten dadurch verschwinden würden. (Idealerweise sollte genau Buch geführt und bewertet werden, wie zutreffend die gesamte Prognoseleistung war.) Aber wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die gestrige Prognose falsch war, dann bringt es nichts, daran festzuhalten. »Wenn sich die Fakten ändern, dann überlege ich es mir anders«, lautet ein berühmtes Diktum des Ökonomen John Maynard Keynes. »Und was machen Sie, Sir?«
    Einigen Leuten gefällt diese Art von Kurskorrektur nicht. Sie halten sie für ein Zeichen von Schwäche. Die eigene Auffassung zu ändern, kommt ihnen wie Schummelei vor; es sich nochmals anders zu überlegen, etwa so, als würde man seinen Finger in die Luft strecken, um zu prüfen, woher der Wind weht. 29 Diese Kritik fußt normalerweise implizit oder explizit auf der Vorstellung, die Politik gehorche wie die Physik oder die Biologie fundamentalen Gesetzen, die man kennen und vorhersagen kann. (Einer meiner lebhaftesten Kritiker ist Professor der Neurowissenschaften in Princeton. 30 ) Unter diesen Umständen spielen neue Informationen keine große Rolle. Wahlen haben – wie ein Komet, der auf die Erde zurast – einen vorhersehbaren Verlauf zu nehmen.
    Wahlprognosen gleichen jedoch eher dem Pokerspiel als der Physik oder der Biologie: Wir können das Verhalten unseres Gegners beobachten und ein paar Schlüsse ziehen, aber seine Karten kennen wir nicht. Das Beste aus der begrenzten Information zu machen, erfordert eine Bereitwilligkeit, die eigene Prognose zu updaten, sobald neuere und bessere Informationen vorliegen. Wenn wir unsere Prognose nicht verändern, weil uns das in Verlegenheit brächte, dann sind wir feige.
    3. Prinzip: Suche nach Konsens
    Jeder Igel träumt davon, eine kühne, extreme Prognose zu stellen, die radikal von der vorherrschenden Meinung zu einem Thema abweicht. Seine Kollegen meiden ihn, selbst sein Golden Retriever schaut ihn schräg an. Aber dann erweist sich seine Prognose als vollkommen und unbezweifelbar korrekt. Zwei Tage später findet er sich auf der Titelseite des Wall Street Journal wieder oder sitzt in Jay Lenos Talkshow und wird als tapferer Pionier gefeiert.
    Ab und zu mag eine derartige Prognose gerechtfertigt sein. Der Expertenkonsens kann fehlgehen; wer den Zusammenbruch der Sowjetunion voraussagte, hat Bewunderung verdient. Aber Fantasy szenarios sind höchst unwahrscheinlich. Obwohl Füchse, meine Wenigkeit eingeschlossen, nicht unbedingt zu den Konformisten zählen, werden auch wir etwas nervös, wenn unsere Prognosen radikal von denen unserer Konkurrenten abweichen.
    Vieles spricht dafür, dass Prognosen einer Gruppe genauer sind als die eines Einzelnen. Je nach Bereich sind sie 15 bis 20 Prozent zuverlässiger. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass Gruppenprognosen gut sind. (Dieser Frage werden wir uns später zuwenden.) Es bedeutet jedoch, dass man davon profitieren kann, vielfältige Perspektiven auf ein Problem anzuwenden.
    »Füchse schaffen mit ihrem Kopf oft allein, wozu es ganze Gruppen von Igeln braucht«, erläuterte mir Tetlock. Er meint damit, dass Füchse die Fähigkeit entwickelt haben, den Konsensprozess nachzuahmen. Statt eine ganze Gruppe von Experten zu befragen, richten sie die Fragen wiederholt an sich selbst. Das bedeutet oft, dass sie verschiedene Arten von Informationen sammeln – so wie das eine Gruppe mit unterschiedlichen Vorstellungen von der Welt natürlicherweise tun würde –, statt sich an eine einzige Informationsquelle zu halten, als handelte es sich um den Heiligen Gral. (Die Prognosen von FiveThirtyEight beispielsweise kombinieren in der Regel Umfragewerte mit Informationen über die Wirtschaft und demografischen Werten eines Bundesstaats und so weiter.)

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