Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)
keine Erwärmung während eines Jahrzehnts
Wahrscheinlichkeit, dass die Temperatur 10 Jahre lang nicht ansteigt, wenn die Erwärmungs-Hypothese stimmt.
y
15%
Wahrscheinlichkeit, dass die Temperatur 10 Jahre lang nicht ansteigt, wenn die Hypothese der Erwärmung falsch ist.
z
50%
A-posteriori-Wahrscheinlichkeit
Revidierte Schätzung der Wahrscheinlichkeit einer globalen Erwärmung, nachdem die Temperatur 10 Jahre lang nicht angestiegen ist.
xy
xy + z(1-x)
85%
Abbildung 12-12: Das Bayes-Theorem, Beispiel globale Erwärmung
Setzen wir größeres Vertrauen in Behauptungen, die sich nicht bewahrheiten, dann stellt dies einen viel eindeutigeren Beweis gegen unsere Hypothese dar, denn ihr ist gemäß der Bayes’schen Logik zukünftig mit Misstrauen zu begegnen.
Welches ist also der Anreiz für allzu selbstbewusste Behauptungen, insbesondere wenn diese statistisch nicht unbedingt gerechtfertigt sind? Es gibt die unterschiedlichsten Gründe. Selbstbewusstere Behauptungen in der Klimadebatte haben eine größere Überzeugungskraft, aber nur wenn sie korrekt sind. Jede Zuschreibung einer Wetteranomalie mit Ausnahme der höheren Temperaturen im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung, die der vom Menschen verursachten Klimaveränderung zuzuschreiben ist, ist ein hochriskantes Unterfangen und hat mehr mit Politik als mit Wissenschaft zu tun. Abgesehen vom Meeres- und vom Temperaturanstieg besteht kein Konsens über die Art und Weise, wie sich die Klimaveränderung manifestiert. Die Behauptung, jeder ungewöhnliche Schneefall spräche gegen diese Theorie, ist ebenso lächerlich.
»Wir führen einen Straßenkampf mit diesen Leuten«
Das fundamentale Dilemma der Klimatologen besteht in der Langfristigkeit der globalen Erwärmung, die kurzfristig Lösungen erfordert. Aufgrund der langen Verweilzeit des Kohlendioxids in der Atmosphäre werden Entscheidungen, die heute gefasst werden, erst im Leben der zukünftigen Generationen greifen.
In einer vollkommen rationalen, wohlmeinenden Welt wäre dies nicht weiter beunruhigend. Unsere politischen und kulturellen Institutionen eignen sich jedoch nicht für die Handhabung dieser Probleme, jedenfalls nicht solange der US-Kongress alle zwei Jahre neu gewählt wird und die Unternehmen jedes Quartal einen Geschäftsbericht vorlegen müssen. Klimatologen haben auf diese Herausforderung auf vielfältige Weise reagiert, einige haben verstärkt an der politischen Debatte teilgenommen, andere haben sich ganz herausgehalten.
Michael Mann, der Direktor des Earth Science Center der Penn State University, befand sich einst im Mittelpunkt der »Climategate« betitelten Auseinandersetzung, die von einem Hackerangriff auf einen Server der Climatic Research Unit (CRU) der University of East Anglia aufgelöst worden war. 103 Hier finden die Temperaturmessungen statt, die das englische Met Office verwendet. Skeptiker bezichtigen Mann und andere Wissenschaftler, die Temperaturaufzeichnungen der CRU manipuliert zu haben.
Die Wissenschaftler wurden jedoch von einer Expertenkommission freigesprochen, 104 die zu dem Schluss kam, dass die CRU-Daten den allgemeinen Messungen entsprachen. 105 In den E-Mails, die die Hacker in Umlauf brachten, äußerten sich Mann und seine Kollegen besorgt darüber, welche Auswirkungen ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Öffentlichkeit haben könnten. Mann räumte dies auch ein, als ich ihn an einem klaren, kalten Herbstnachmittag in seinem Büro in der Penn State University für ein zweistündiges Gespräch aufsuchte.
Mann ist die wissenschaftliche Grundlage der globalen Erwärmung besonders wichtig. Wie viele andere Klimatologen ist er sich der theoretischen Mechanismen, die die Klimaveränderung bewirken, ziemlich sicher. Prognosen aufgrund von Klimamodellen steht er jedoch skeptisch gegenüber.
»Jede ehrliche Beurteilung unserer Wissenschaft muss zu dem Schluss gelangen, dass wir gewisse Dinge sehr gut verstehen, andere hingegen weniger«, erläuterte er mir.
»Eine der fatalen Konsequenzen dieser angefachten öffentlichen Diskussion ist, dass wir unsere Zeit damit verschwenden, über Dinge zu debattieren, die in Wissenschaftlerkreisen allgemein anerkannt werden, während wir eine gesunde Diskussion über die effektiven Unsicherheiten führen sollten.«
Mann, der zusammen mit Schmidt den Blog RealClimate.org verfasst, sieht sich in einen Grabenkrieg gegen Gruppen wie das Heartland Institute verwickelt. »Wir führen einen Straßenkampf mit diesen
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