Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)
genug, so gut, dass er das Problem des Pokerspiels gelöst hat, dem steht ein langer Abschwung bevor«, sagt Dwan.
Angelo versucht, den Prozess mit seinen Kunden zu beschleunigen. »Wir bewegen uns ständig in dieser rauschenden Wolke«, sagt er. »Sehr oft sehen wir nicht genau, was sich gerade abspielt.« Angelos Methoden, zu einem klaren Bild zu gelangen, sind vielfältig und manchmal unkonventionell. Beispielsweise ist er ein Anhänger der Meditation. Nicht alle seine Kunden meditieren, aber sie sollen sich bewusst werden, welche Dinge sie kontrollieren können und welche sich ihrer Kontrolle entziehen. (Durch Meditation lässt sich das erreichen, indem man sich auf seine Haltung und seine Atmung konzentriert – Dinge die wir kontrollieren können, die wir aber normalerweise einfach als gegeben hinnehmen.)
Wenn wir Poker spielen, kontrollieren wir unseren Entscheidungsprozess, aber nicht, welche Karten gegeben werden. Wenn man den Bluff eines Gegners korrekt erkennt, er aber trotzdem eine gute Karte bekommt und gewinnt, dann sollte man sich freuen, statt wütend zu werden, weil man so gut gespielt hat, wie es einem möglich war. Ironischerweise kann man bessere Ergebnisse erzielen, indem man sich weniger auf das Ergebnis konzentriert.
Wir sind jedoch unvollkommene Geschöpfe, die in einer unsicheren Welt leben. Wenn wir eine Fehlprognose erstellen, können wir nie wissen, ob das unsere Schuld war, ob unser Modell fehlerhaft war, oder ob wir ganz einfach Pech hatten. Am ehesten nähern wir uns einer Lösung an, indem wir Signal und Rauschen gleichmütig betrachten und anerkennen, dass beides notwendige Teile unseres Universums sind. Wir sollten beides als das sehen, was es ist.
Die Bedeutung der Unsicherheitsbeurteilung
Unsicherheit ist ein wesentlicher, nicht wegzudenkender Bestandteil einer Vorhersage. Wie wir bereits festgestellt haben, kann eine ehrliche und genaue Formulierung der Unsicherheit gelegentlich Menschenleben und Eigentum retten. In anderen Fällen, beispielsweise beim Optionshandel oder bei Wetten auf ein NBA-Team, wird auf die eigene Fähigkeit gesetzt, die Unsicherheit der Prognose einschätzen zu können.
Es gibt jedoch noch einen anderen Grund, die Unsicherheit sorgfältig einzuschätzen und zu benennen. Er spielt für den wissenschaftlichen Fortschritt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bayes-Theorem, eine wesentliche Rolle.
2001 könnte man von der A-priori-Wahrscheinlichkeit der Hypothese ausgegangen sein, dass der Kohlendioxidausstoß der Industrie weiterhin zu einem Temperaturanstieg führen würde. (Meiner Meinung nach wäre das angemessen gewesen, weil das kausale Verständnis des Treibhauseffekts und die empirischen Erkenntnisse dies bis zu jenem Zeitpunkt nahelegten.) Man hätte die Hypothese von der globalen Erwärmung für 95-prozentig wahr halten können.
Dann gewann man jedoch neue Erkenntnisse: Im nächsten Jahrzehnt, von 2001 bis 2011, stieg die globale Temperatur nicht an, sondern fiel sogar, allerdings nur geringfügig. Das Bayes-Theorem sieht vor, dass man seine Schätzung jetzt nach unten revidiert. Es stellt sich die Frage: um wie viel?
Wenn die Unsicherheit der kurzfristigen Temperaturmuster halbwegs korrekt eingeschätzt wurde, dann fällt die Korrektur nach unten vermutlich nicht sonderlich groß aus. Wir haben gesehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb eines Jahrzehnts zu keinerlei Erwärmung kommt, 15 Prozent beträgt, selbst wenn die Hypothese von der globalen Erwärmung zutrifft. Diese beruht auf der Variabilität des Klimas. Umgekehrt beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass es aufgrund zufälliger und unvorhersehbarer Temperaturveränderungen während eines Jahrhunderts zu einer Abkühlung kommt, 50 Prozent, da Erwärmung und Abkühlung gleichermaßen wahrscheinlich sind. Gemäß Bayes-Theorem (Abb. 12-12) müsste die Wahrscheinlichkeit der globalen Erwärmungshypothese nach einem Jahrzehnt der Stagnation von 95 auf 85 Prozent heruntergestuft werden.
Hätte man jedoch behauptet, die Wahrscheinlichkeit, dass die Temperatur nicht ansteigen würde, betrage nur 1 Prozent, dann würde die Theorie jetzt viel weniger überzeugen, da von einem definitiveren Test ausgegangen worden wäre. Nach dem Bayes-Theorem wäre die Wahrscheinlichkeit der Hypothese von der globalen Erwärmung damit auf schwache 28 Prozent gesunken.
A-priori-Wahrscheinlichkeit
Erste Schätzung der Wahrscheinlichkeit eines globalen Temperaturanstiegs
x
95%
Etwas Neues tritt ein:
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