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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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manchmal wurde eine Gruppe von Wildenten oder Wildgänsen aufgescheucht, die aus dem Nebelband auftauchte und nach oben flatterte. Algirdas pflegte daraufhin immer zu sagen: »Jetzt fahren wieder ein paar Seelen in den Himmel auf.«
    Bislang waren sie ohne eine Pause geritten, wenngleich das Gelände ein rasches Fortkommen verhindert hatte.
    In der Gegend, in die sie nun kamen, hatten sich Bäume und Sträucher die gerodeten Ödflächen zumindest teilweise zurückerobert. Stellenweise bildeten sie ein derart dichtes Geflecht, dass Barbara sich eher an das Unterholz eines Waldes erinnert fühlte. Mehr als nur einmal griff Erich von Belden zu seinem Beidhänder und schlug der Gruppe damit den Weg frei.
    Allein und ohne die gute Ortskenntnis von Algirdas würden wir den Weg schon längst nicht mehr finden!, ging es Barbara indessen durch den Kopf. Vor allem wäre es dann schier aussichtslos, ohne Gefahr für Leib und Leben durch die Moorgebiete zu kommen.
    Barbara kam zu der Auffassung, dass ihr Begleiter und Führer öfter in das Niemandsland reiten musste, um so sicher den Weg finden zu können. Sie grübelte darüber nach, was er hier wohl suchte. War er etwa in irgendwelche grenzüberschreitende Geschäfte verwickelt? Vielleicht wurde Bernstein von den Schmugglern nicht nur über das Meer nach Westen gebracht, sondern auch in die andere Richtung, nach Litauen? Trotz dieser Überlegungen, die sie für eine kleine Weile beanspruchten, fällte Barbara die Entscheidung, Algirdas besser nicht danach zu fragen. Es war höchstwahrscheinlich klüger, wenn sie nichts Näheres darüber wüssten.

    Sie gelangten schließlich zu einem kleinen Fluss. An seinem Ufer legten sie eine kurze Rast ein, aßen vom mitgebrachten Proviant und sorgten dafür, dass ihre Wasserschläuche aufgefüllt und die Pferde ausgiebig getränkt wurden.
    Â»Der Fluss führt ziemlich viel Wasser«, stellte Algirdas fest und ließ den Blick suchend an dem dicht bewaldeten gegenüberliegenden Ufer entlanggleiten.
    Â»Sagt jetzt nur nicht, dass Ihr nicht wisst, wie wir zur anderen Uferseite kommen sollen!«, rief Barbara aus.
    Â»Hier war sonst eine Furt …« Algirdas streckte den Arm aus und deutete zu einem knorrigen, in der Mitte gespaltenen Baum, in den irgendwann einmal ein Blitz gefahren sein musste. Seither war er in einer Weise weitergewachsen, die jedem Schöpfungsplan des Herrn Hohn zu sprechen schien. »Dort!«, stieß Algirdas hervor. »Aber die ergiebigen Regenfälle haben dafür gesorgt, dass wir die Furt wohl nicht mehr benutzen können.«
    Â»Nach einer Brücke wage ich in diesem von Gott und Menschen verlassenen Land gar nicht erst zu fragen«, mischte sich Erich von Belden ein.
    Â»Alle Brücken, die es gab, sind immer wieder zerstört worden! Das geschah, um zu verhindern, dass entweder die Ordensritter nach Litauen vordringen oder die Litauer das Ordensland heimsuchen«, erklärte Algirdas. »Doch es gibt noch eine andere Stelle ein paar Meilen flussaufwärts, die wir auch bei höherem Wasserstand passieren können.«
    Â 
    Sie folgten dem Fluss. Der Uferbereich war teilweise überschwemmt und der Untergrund weich und rutschig. Zwischenzeitlich fiel wieder etwas Regen, und der Wind frischte auf.
    Obendrein setzte die Dämmerung bereits ein, und die drei
Reiter hatten die zweite Furt bis dahin noch nicht erreicht. Wiederholt mussten sie überschwemmte Auen weiträumig umreiten, da mehrere zufließende Bäche inzwischen stark angeschwollen und über die Ufer getreten waren.
    Andere Gewässer ließen sich gerade noch durchreiten. Das Wasser reichte den Pferden bis zum Leib, und Barbaras Stiefel, die sie in Algirdas’ Gasthaus erst am Kamin notdürftig hatte trocknen lassen, tauchten mit dem ganzen Fuß ins Nass ein.
    Nach Stunden hielten sie erneut an. Algirdas stieg vom Pferd und sah sich am Ufer um, das nach den Regenfällen natürlich eine andere Gestalt als üblich hatte. Der Regen ließ nun nach und wurde zu einem feinen Nieseln. Barbara hatte zwar ihre Kapuze auf dem Kopf, aber die Feuchtigkeit war schon überallhin durchgedrungen, und das Haar klebte ihr förmlich am Kopf.
    Â»Die Stelle war hier«, beharrte Algirdas. »Jedenfalls denke ich nicht, dass sie noch weiter flussaufwärts war …«
    Â»Aber wer durch diese Fluten zu reiten versucht, muss

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