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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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paar Augenblicke später sein Ende, als eine Wolke die Sonne verdeckte und ihr Licht nicht mehr mit der nötigen Kraft in die Spiegelaugen des Krötengötzen fallen konnte.
    Svante Nybrad riss sein Schwert aus der Lederscheide und hieb damit so heftig auf die Grabtafel ein, dass sie zerbrach. Die Spiegel zersprangen beim Sturz auf den harten Steinboden der Komturresidenz.
    Einen Moment lang verharrte Svante mit leicht gespreizten Beinen, er hatte beide Hände immer noch am Schwertgriff. Seine Züge entspannten sich schließlich etwas. »Ich glaube, es
droht keine Gefahr mehr«, erklärte er und steckte die Waffe ein, während Johannes und der Burgkaplan sich fast gleichzeitig bekreuzigten.
    Â 
    Für Johannes von Werndorf gab es in den nächsten Tagen, die er mit seinen Männern auf der Memelburg verbrachte, viel zu tun. Da waren nicht nur die Dokumente durchzusehen und Dutzende von Personen zu befragen, von denen nicht alle freiwillig bereit waren, ihr Wissen preiszugeben, weil wohl große Furcht vor der Macht des Ringes der schwarzen Kreuze bestand. Eine Furcht, die so groß zu sein schien, dass es kaum möglich war, sie mit einer noch größeren Furcht in die Schranken zu weisen. Selbst das Zeigen der Folterinstrumente hatte oft genug nicht den geringsten Erfolg.
    Johannes von Werndorf glaubte schließlich auch zu verstehen, woran das lag. Die meisten fürchteten einfach, dass der Ring der schwarzen Kreuze sich an ihren Familien rächen würde, wenn herauskam, dass sie etwas verraten hatten. Deshalb taten sie so, als wären die Toten mit dem Zeichen auf der Stirn, die man immer wieder einmal fand, nicht vorhanden, und versuchten die Geschehnisse herunterzuspielen.
    Unter den Dokumenten und Nachrichten, die Johannes in die Hände gefallen waren, befanden sich etliche, die entweder vollkommen banalen Inhalts oder völlig unverständlich waren. Es gab sowohl Schriftstücke auf Lateinisch als auch auf Düdesch. Johannes von Werndorf beherrschte beide Sprachen auch in der Schrift so gut, dass er keine Schwierigkeiten beim Lesen hätte haben dürfen. Es fanden sich Mitteilungen über das Hochwasser der Düna bei Riga oder darüber, wie das Wetter gewesen sei und wie viel Liter Wein auf einem Bankett getrunken worden wären. Andere Texte wiederum schienen gar keinen Zusammenhang zu ergeben, sondern nur aus aneinandergereihten
Wörtern zu bestehen, von denen manche weder im Lateinischen noch auf Platt irgendeine Bedeutung hatten.
    Als er alle gelesen hatte, zeigte er Svante Nybrad die Dokumente, und dieser äußerte ziemlich schnell den Verdacht, dass das Geschriebene verschlüsselt war.
    Â»Daran habe ich auch schon gedacht«, meinte Johannes. »Und ich habe weiß Gott nach Mustern gesucht, die einen vielleicht den Schlüssel erkennen lassen.«
    Johannes rang zunächst mit sich, ob er auch den Burgkaplan in seine Überlegungen einbeziehen sollte. Immerhin konnte er Latein und wäre schon von daher der richtige Gesprächspartner gewesen, allerdings schwankte Johannes noch, inwieweit er ihm wirklich trauen konnte. Der hochmeisterliche Inspector hielt es nach wie vor für möglich, dass der Kaplan doch tiefer in die Angelegenheit verstrickt war, als er zugeben wollte, und dass er sich kurzerhand auf die andere Seite geschlagen hatte, um das zu vertuschen.
    Dagegen sprach, dass es viel mehr Mut brauchte, sich gegen die Ringbrüder zu stellen, als andersherum.
    So entschloss sich Johannes von Werndorf schließlich doch, dem Kaplan die Dokumente zu zeigen.
    Dieser sah sie sich eingehend an und schwieg zunächst. Wie der Schlüssel lauten mochte, mit dem die wahre Bedeutung dieser Schriftstücke vor unliebsamen Mitlesern bewahrt werden sollte, wusste er auch nicht, und Johannes von Werndorf erklärte ihm daraufhin, dass er bereits alles probiert hätte, was ihm an diesbezüglichen Methoden bekannt war. »Ich gebe gerne zu, dass das nicht allzu viel ist, denn ich habe für den Orden ehrlich gesagt öfter das Schwert als die Feder geschwungen, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
    Â»Durchaus«, nickte der Kaplan. »Ich fürchte, Ihr werdet da entweder die Hilfe eines Fachkundigen oder eines Eingeweihten
benötigen.« Er hielt eines der Blätter gegen das hereinscheinende Sonnenlicht. Ein Wasserzeichen wurde daraufhin wie durch Zauberhand sichtbar. Es zeigte ein stilisiertes Haus an einer

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