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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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anzutreffen, wie Barbara durch eine Reise wusste, die sie zusammen mit ihrem Vater dorthin unternommen hatte.
    Barbara wandte sich vom Fenster ab. Im Kamin prasselte das Feuer, das offenbar bereits Stunden vor Eintreffen der »Bernsteinprinzessin« angefacht worden war. Andernfalls
hätte es in Barbaras Gemach nicht so angenehm warm sein können.
    Es klopfte an der Tür, und Barbara wurde dadurch aus ihren Gedanken gerissen. Erwartungsvoll blickte sie zu der schweren, mit kunstvollen Schnitzereien versehenen Eichentür ihres Gemachs.
    Â»Ja, bitte?«
    Die Tür öffnete sich, und ihr Vater trat ein. Er hatte das gegenüberliegende Zimmer bezogen, das zur Rückfront hin ausgerichtet war. »Unser Gepäck müsste gleich eintreffen«, sagte er. »Vor dem Hintereingang war bereits der Wagen zu sehen.«
    Barbara trat auf ihren Vater zu und seufzte hörbar. Ihr ganzes Unbehagen klang in diesem verzweifelten Laut auf. »Glaubst du wirklich, dass wir das Richtige tun, Vater?«
    Heinrich Heusenbrink zuckte mit den Schultern. »Weiß man das je im Voraus, Barbara?«
    Â»Die Wege des Herrn sind für unsere Blicke leider verschlossen.«
    Â»So ist es.«
    Barbara schluckte. »Ich weiß, dass wir alles wohl beraten haben, aber als ich meiner zukünftigen Schwiegermutter begegnete, hätte ich am liebsten auf dem Absatz kehrtgemacht und wäre zurück auf die ›Bernsteinprinzessin‹ geflohen, um mit dem nächsten günstigen Wind nach Riga zurückzureisen.«
    Heinrich Heusenbrink musste schmunzeln. »Warst du wirklich so überrascht? Du warst doch häufig genug dabei, wenn Geschäftsfreunde aus Lübeck die neuesten Geschichten über die Herrin des Hauses Isenbrandt zum Besten gaben!«
    Â»Die Wirklichkeit übertraf alles, was ich bisher an abstoßenden Schilderungen über sie zu Ohren bekommen hatte! Bisher hatte ich manches davon für pure Übertreibungen gehalten.«

    Â»Nein, übertrieben ist an diesen Schilderungen gewiss nichts. Eher das Gegenteil ist der Fall. So mancher mag sich sogar noch zurückgehalten haben, weil er damit rechnen musste, dass seine Worte irgendwann Adelheid Isenbrandt zugetragen würden …«
    Â»Worte, für die sie sich wohl auf die eine oder andere Weise zu rächen wüsste«, war Barbara überzeugt.
    Â»Gewiss. Und es gibt nicht viele, die es sich leisten könnten, die Isenbrandts gegen sich zu haben.« Heinrich Heusenbrink nahm seine Tochter bei den Schultern. »Aber bei dir ist das etwas anderes. Du bist eine Diplomatin. Ich habe dich zu schwierigsten Verhandlungen nach Nowgorod und London mitgenommen, und wenn jemand die richtigen Worte zu wählen weiß, dann bist du es. Ich glaube also nicht, dass Adelheid Isenbrandt deine Feindin sein wird, zumal es kaum denkbar ist, dass sie die Verlobung zwischen dir und Matthias nicht grundsätzlich gebilligt hat!«
    Â»Das habe ich mir auch immer gesagt. Aber findest du unseren Empfang nicht auch seltsam? Ich erwarte ja nicht, auf Rosen gebettet zu werden, und das Haus Isenbrandt ist sicherlich bedeutender, als es die Heusenbrinks sind. Aber komme ich denn wie eine Bittstellerin hierher? Wie eine, deren pekuniäres Wohlergehen davon abhängt, dass Matthias Isenbrandt ihr die Gunst erweist?«
    Â»Nein, gewiss nicht, Barbara.«
    Â»Und doch komme ich mir fast so vor!«
    Â»Barbara …«
    Â»Wir wurden gedemütigt, Vater!«
    Â»Du wählst sehr harte Worte, mein Kind.«
    Â»Treffen sie etwa nicht zu? Mein zukünftiger Bräutigam hält es nicht einmal für nötig, mich am Hafenkai abzuholen, und meine zukünftige Schwiegermutter lässt keinen Zweifel daran,
dass sie mich geringschätzt. Du musst zugeben, dass es kaum schlimmer hätte kommen können.«
    Â»Nun …«
    Â»Es war ein Alptraum, Vater!«
    Â»Ich hätte Jakob Isenbrandt sicherlich noch danach gefragt, welch wichtige Mission seinen Sohn daran hinderte, die zukünftige Mutter seiner Kinder zu begrüßen. Aber es wird sich gewiss noch eine Gelegenheit ergeben, um das nachzuholen. Ich wollte nicht gleich nach unserer Ankunft mit der Tür ins Haus fallen.«
    Barbara stemmte die Arme in die Hüften und machte sich keinerlei Mühe, ihre Verärgerung zu verbergen. »Jakob Isenbrandt hätte die Abwesenheit seines Sohnes von sich aus entschuldigen müssen, Vater! Und wenn es keinen

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