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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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ist, sodass niemand auf den Gedanken käme, der Tod der Betreffenden sei durch etwas anderes verursacht worden als durch körperliche Schwäche? Ein schleichendes Gift, bei dem das Opfer sich immer schwächer fühlt und die Haut aschgrau wird …«

    Â»Wenn das nicht wieder eine deiner Lügengeschichten ist, so nenne jetzt endlich Ross und Reiter, oder ich bin nicht länger bereit, dir zuzuhören! Der Henker allerdings schon …«
    Â»Ihr müsst etwas für mich tun«, wisperte sie. »Dann sage ich alles …«
    Â»Für dich kann niemand mehr etwas tun«, erwiderte Richard Kührsen kalt. »Ein Priester kann dir noch die Beichte abnehmen, das ist alles, was noch für dich geschehen kann.«
    Â»Es ist eigentlich nicht für mich, sondern für meine Kinder, worum ich flehe. Ich bitte Euch, fragt die Mönche, ob sie für Almosen sorgen könnten. Die Kinder werden sonst jämmerlich auf der Straße zugrunde gehen! Ich bitte Euch nur darum, zu fragen. Das ist alles.«
    Â»Das werde ich für dich tun«, durchdrang nun eine sonore Stimme den Raum. Es war Erich von Belden, der sich zur Überraschung aller eingemischt hatte – etwas, das ihm gewiss nicht zustand. Dafür erntete er ein Stirnrunzeln des Richters, der sich allerdings eines Kommentars enthielt. »Du kannst gewiss sein, dass ich dieses Versprechen halte«, fügte Erich hinzu.
    Sie schluckte, und dabei rann Blut aus ihrem Mund.
    Â»Gut«, flüsterte sie. Erneut wandte sie sich an Kührsen. »Der Name Matthias Isenbrandt dürfte Euch bekannt sein, nicht wahr?«
    Â»Matthias? Der Sohn unseres verdienten Ratsherrn Jakob Isenbrandt? – Er soll deine Giftmischerhöhle betreten haben? Jetzt bist du endgültig toll geworden!«, polterte der Richter.
    Â»Nein, nicht er persönlich hat sich zu mir begeben, sondern ein Mittelsmann. Und jetzt spricht man doch in der ganzen Stadt von der Verbindung zwischen Matthias Isenbrandt und dieser jungen Frau aus Livland. Ich weiß nicht mehr, wie sie heißt. Aber die Kogge, mit der sie kam, liegt am Holstentor im alten Hafen und trägt den Namen ›Bernsteinprinzessin‹.«
    Das Gesicht des Richters gefror zu einer eisigen Maske.
    Â»Du schweigst jetzt«, bestimmte Kührsen.
    Â»Aber wollt Ihr denn nicht …?«
    Â»Ich sagte: Du schweigst!« An die anderen Anwesenden gerichtet, befahl der Richter: »Es darf bis auf weiteres niemand zu der Gefangenen gelassen werden, und es werden auch keine Verhöre mehr durchgeführt!«
    Der Henker stieß einen Laut aus, der halb Entsetzen und halb Verwunderung signalisierte.
    Daraufhin widmete Richard Kührsen sich ihm gesondert. Die Augen des Richters wurden schmal. »Deinen abscheulichen Nebenerwerb, von dem man sich bereits in den Wirtshäusern der Stadt erzählt, wirst du für eine Weile einstellen müssen!«
    Â»Aber – verzeiht, Herr! Alle wollen die Giftmischerin sehen! Niemand interessiert sich für die anderen Gefangenen«, stammelte der Henker fassungslos.
    Richard Kührsen warf ihm zwei lübische Mark vor die Füße. Sie klimperten auf dem kalten Steinboden.
    Â»Das dürfte für dich und die Deinen reichen, bis die Angelegenheit aus der Welt ist«, meinte er. »Und abgesehen davon steht dir unbestritten von Rechts wegen die Leichenverwertung zu. Damit musst du diesmal zufrieden sein, Henker!«

VIERTES KAPITEL

    Lübische Intrigen
    So aber kam ich nach Lübeck und wurde Gast im Haus von Jakob Isenbrandt, dessen gleichermaßen hartherziges wie hochmütiges Weib sich besonders viel auf dessen Pracht und Herrlichkeit einbildete und sich darin allen anderen überlegen dünkte. Für die insgesamt doch eher einfachen lübischen Verhältnisse mochte dies stimmen – aber gegen die Paläste von Florenz wirkte so manch erhabenes Bürgerhaus auf mich doch eher bescheiden.
    Aus dem Reisebericht des Florentiner Stockfischhändlers Andrea Caranella; anno 1447
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    Barbara und Heinrich bekamen großzügige Gemächer im Westflügel des Hauses der Isenbrandts zugewiesen. Barbaras Zimmer war nach Süden ausgerichtet. Man hatte einen freien Blick auf den Dom. Sämtliche Fenster des Hauses waren mit sehr klarem, auf venezianische Weise verarbeitetem Glas versehen. In den vornehmen Bürgerhäusern war das inzwischen selbst im rauen Nowgorod schon häufiger

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