Die Bernsteinhandlerin
und deutlich antworten zu müssen.
Adelheid erhob sich von ihrem Platz. Der Blick, mit dem sie Barbara nun von oben bis unten musterte, war so kühl und durchdringend, wie Barbara es inzwischen von der Patriziersgattin gewohnt war. Diesem Blick wich sie nicht aus, sondern hielt ihm stand.
»Euer Vater hat bisweilen ein weiches Herz«, sagte Adelheid.
»Manche behaupten auch, es sei zu weich, aber das mögen andere beurteilen. Ich denke jedenfalls, dass er sich letztlich nach Eurem Willen richten würde, also kommt es auf Euch an.«
»Dennoch möchte ich mich zunächst mit meinem Vater erneut darüber beraten, ob bei Eurem Vorschlag alles bedacht ist, was es zu bedenken gilt«, erwiderte Barbara. Jedes ihrer Worte war genau abgewogen. Keineswegs wollte sie sich früher festlegen, als es unbedingt notwendig war. Gleichzeitig rasten ihr so viele Gedanken und bohrende Fragen durch den Kopf: Warum war es dem groÃen lübischen Handelshaus Isenbrandt offenbar dermaÃen wichtig, dass die Hochzeit schneller als ursprünglich geplant auf die Verlobung folgte? Da auf Seiten von Matthias Isenbrandt nun wirklich alles andere als Liebe und Leidenschaft die bestimmende Rolle bei der Entscheidungsfindung spielte, musste es irgendeinen anderen Grund für dieses Drängen auf die unverzichtbare Verbindung mit dem Haus Heusenbrink geben.
»Bestellt Eurem Vater also, dass ich seine Antwort erwarte«, insistierte Adelheid.
»Das werde ich tun«, versprach Barbara. »Und Ihr bestellt Eurem Sohn bitte meine höfliche Nachfrage, ob er tatsächlich daran denkt, die Ehe mit mir zu vollziehen, oder doch lieber mit anderen Frauen das Lager teilt.«
Adelheids Gesicht versteinerte nun förmlich. Eine dunkle, ungesunde Röte überzog ihre Haut.
»Habt Ihr für Eure Anschuldigungen einen gegebenen Anlass?«, fragte Adelheid mit eisigem Tonfall.
»Fragt Euren Matthias einfach, denn mir weicht er anscheinend aus, sodass ich keine Gelegenheit dazu hatte und wohl auch in Zukunft nicht haben werde, selbst mit ihm darüber zu reden. Er wird wissen, wovon ich spreche â¦Â«
Adelheid schwieg mit völlig erstarrtem Gesicht. »Ich denke, wir haben alles besprochen«, sagte sie dann, ohne auch nur einen Hauch von dem erkennen zu lassen, worüber sie just wohl sinnieren mochte. »Ihr könnt gehen, Barbara.«
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Später begab sich Barbara zusammen mit ihrem Vater zu den Wechselbänken, um einen Teil ihres Geldes umzutauschen. AnschlieÃend spazierten sie noch über den Markt, auf dem an diesem klaren kalten Tag reges Treiben herrschte. Lautstark boten die Händler ihre Ware feil. Marktschreier priesen Stockfisch an. Das Quieken von Schweinen mischte sich mit dem Gackern der Hühner, die in hölzernen Käfigen angeboten wurden.
»Wir sollten dem Anliegen der Isenbrandts nachgeben«, meinte Heinrich Heusenbrink schlieÃlich, nachdem sie beide bisher vermieden hatten, dieses Thema anzusprechen.
»Ich frage mich, was der Grund für diese Eile sein mag«, warf Barbara ein.
»Da dürfte kein groÃes Geheimnis dahinterstecken«, erwiderte ihr Vater.
»So?«
»Die Isenbrandts möchten die ganze Sache eben sicher unter Dach und Fach bringen. Und ganz ehrlich, mein Kind, für uns wäre das auch von Vorteil. Wenn Albrecht von Gomringen erst mal sein Amt als livländischer Landmeister des Ordens angetreten haben wird, werden wir unsere Privilegien verteidigen müssen â und mit den Isenbrandts auf unserer Seite wird das sehr viel leichter sein.« Heinrich Heusenbrink blieb stehen und sah seiner Tochter ins Gesicht. Aber Barbara wich seinem Blick aus. »Die Entscheidung ist doch gefallen, nicht wahr? Wir wollen diese Verbindung, und dann gibt es auch keinen Grund mehr, die Sache hinauszuzögern.«
»Ja«, murmelte Barbara. Ihr Vater hatte natürlich recht â wie so oft. Trotzdem hatte sie irgendwie das Gefühl, dass die Entscheidung, die sie getroffen hatten, weniger endgültig wäre, wenn noch einige Monate zwischen Verlobung und Hochzeit lägen. Barbara lächelte matt, und dabei fühlte sie den beiÃend kalten Ostseewind auf der Haut ihrer Wangen. »Also gut«, lenkte sie kleinlaut ein. »So werde ich also auf die Galgenfrist verzichten, die mir zuerst gewährt worden ist.«
»So empfindest du das?«, fragte Heinrich Heusenbrink.
»Nun, Liebe ist es ja nicht
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