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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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dafür plädiert, das Glück im Osten zu suchen!«, meinte Erich.
    Â»Nun, die finanziellen Probleme des Dänenkönigs sind seit längerem ein so wichtiges Gesprächsthema hier in Lübeck, dass sogar ein Kommandant der Stadtwache etwas davon mitbekommt. Und wenn jemand schon seine Schulden gegenüber
ein paar lübischen Händlern nicht begleichen kann, dann wird er auch kaum Verwendung für Leute wie uns haben!«
    Â»Verwendung gewiss immer – nur nicht den Willen, uns angemessen zu entlohnen«, erwiderte Erich.
    Â»So kann man es natürlich auch ausdrücken«, stimmte Hagen zu.
    Sie erreichten das Stadttor, das gerade geöffnet worden war. Seeleute gingen zu den Schiffen. Erste Händler von auswärts erreichten die Stadt und hatten offenbar ihre Wege in bitterkalter Nacht hinter sich gebracht. Eine graue Nebelwand lag wie eine undurchdringliche Mauer mitten auf der Trave. Man konnte nicht einmal zum anderen Ufer des Flusses sehen, der Lübeck wie eine Schlinge umgab und aus ihr einen Werder machte – eine vom Fluss umgebene Insel.
    Erich zügelte sein Pferd. Den zweiten Gaul führte er am Zügel mit sich, dessen Enden er am Sattelknauf seines Reitpferdes festgemacht hatte.
    Hagen hielt sein Pferd ebenfalls an und drehte sich im Sattel halb herum. »Was ist los, Erich?«
    Â»Ich fürchte, Ihr müsst doch allein reiten, Hagen.«
    Â»Das ist nicht Euer Ernst!«
    Â»Ich werde zumindest so lange hierbleiben, bis ich Barbara Heusenbrink vor dem Unheil gewarnt habe, das sie aller Wahrscheinlichkeit nach erwartet, wenn sie die Frau dieses Matthias Isenbrandt wird!«
    Â»Ihr seid weder dieser Frau etwas schuldig, noch könnt Ihr etwas dafür, dass in dieser Stadt das Recht für gewisse Leute außer Kraft gesetzt zu sein scheint, während es für andere in aller Härte angewendet zu werden pflegt!«
    Â»Mag sein«, nickte Erich. »Aber mir selbst bin ich es schuldig – und meinem Seelenheil.«
    Â»Ihr habt Ältermann Kührsen versprochen, die Stadt zu
verlassen und zu schweigen«, gab Hagen van Dorpen zu bedenken und fügte noch hinzu: »Und wenn Ihr Euch daran nicht haltet, kommt Ihr in Teufels Küche!«
    Â»An diese Zusage fühle ich mich nicht gebunden«, erklärte Erich. »Und um zu wissen, dass ich nicht unbedingt besonders ängstlich bin, solltet Ihr mich in meiner kurzen Zeit hier in Lübeck gut genug kennen gelernt haben.«
    Â»Das ist wahr«, gab Hagen zu.
    Â»Reitet ruhig in Richtung Osten, so wie Ihr es Euch vorgenommen habt! Ich werde Euch in den nächsten Tagen gewiss einholen.«
    Â»Wie Ihr meint. Jeder soll seines eigenen Glückes Schmied sein.«
    Â»Ihr sagt es!«
    Hagen van Dorpen hob kurz die Hand zum Gruß und ritt dann durch das Tor davon. Erich jedoch wendete sein Reittier und zog das zweite Ross an seinem Zügel hinter sich her. Ausreichend Geld, um sich eine Herberge leisten zu können, hatte er nun ja. Ansonsten vermochte das, was es im Osten an Glück zu finden gab, wahrscheinlich auch noch ein paar Tage länger auf ihn zu warten.
    Â 
    Die Herberge, die Erich von Belden für sich aussuchte, lag in einer Gasse, in der überwiegend einfache Leute wohnten. Tagelöhner, Huren und Stallknechte. Der Stall befand sich gleich neben dem Wohnhaus, und es kostete Erich verhältnismäßig wenig, seine beiden Tiere dort unterzustellen.
    Der Mann, der das Gasthaus betrieb, hieß der »lange Liudger« und trug zudem auch den Familiennamen Lange.
    Â»Ich habe Euch bei der Stadtwache gesehen«, sagte der lange Liudger, nachdem er Erich eingehend gemustert hatte. »Dient Ihr dort nicht mehr? Oder habt Ihr was auf dem Kerbholz
und müsst Euch nun vor Euren eigenen Kameraden verborgen halten?«
    Â»Wäre es dann nicht klüger, schnell fortzureiten?«, gab Erich zurück.
    Â»Sagt Ihr mir nicht, was klug und was dumm ist! So mancher Dieb hat schon geglaubt, dass er in den verborgenen Winkeln unserer Stadt sicher ist, und wurde später doch zum Schlitzohr geschnitten!«
    Â 
    Zur gleichen Zeit ritt Hagen van Dorpen über den nebelverhangenen Schindacker, weit vor den Toren der Stadt. Raben krächzten, und manchmal flatterten sie auf. Hie und da schimmerten ihre Schatten durch den Nebel, und man mochte glauben, dass mit ihnen die ruhelosen Seelen all der ehrlosen Mörder und Selbstmörder, die hier verscharrt

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