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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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von Handelsschiffen, die Waren aller Art über die Ostsee brachten.
    Die zwischen dem Ende der Nehrung und der Memelburg verkehrende Fähre war eine ausgediente Kogge, die mühelos ein ganzes Gespann in ihrem hochwandigen Schiffskörper aufnehmen konnte. Wenn der Wind günstig stand, wurde das Schiff mithilfe eines Segels auf die andere Seite getrieben, falls er aus der falschen Richtung blies, musste eben gerudert werden. Hochseetauglich war diese Kogge wohl nicht mehr, denn sie war mit zusätzlichen, sehr niedrig angesetzten Ruderscharten versehen worden, durch die bei etwas höherem Seegang Wasser eingedrungen wäre. Davon abgesehen war der Schiffsrumpf an Dutzenden von Stellen teilweise erheblich beschädigt. Durch die Ruderscharten wurde Wasser hinausgeschöpft, was dafür sprach, dass die Pechdichtungen zwischen den Außenplanken lange nicht nachgebessert worden waren. Kein Wunder!, dachte Barbara, Pech war schließlich teuer.
    Das Fährschiff lag vertäut an der Anlegestelle, und Barbara sprach einen der Bewaffneten an. Er trug ein Amulett, das ihn als Halbkreuzler auswies, stolz über dem Wams, sodass es nicht zu übersehen war. »Wann wird das Schiff übersetzen?«, fragte sie. Erich kümmerte sich zur selben Zeit um die Pferde und führte sie zu den Zisternen, die es hier für Reisende gab und die noch etwa zur Hälfte mit Regenwasser gefüllt waren. Sowohl Mensch wie Vieh tranken daraus.
    Â»Ich muss Euch um Geduld bitten«, antwortete der Halbkreuzler. »Entrichtet getrost Euren Obolus bei unserem Sariantbruder Nathaniel!« Dabei deutete der Halbkreuzler auf einen hochgewachsenen, sehr hager wirkenden Mann mit
falkenhaft hervorspringender Nase, dem zwei mit Hellebarden bewaffnete Wächter nicht von der Seite wichen. Das hatte wohl die Ursache darin, dass man ihn vor Raub schützen musste, mochten die Beträge, die für die Überfahrt eingesammelt wurden, auch gering sein. Der Mann, der als Bruder Nathaniel bezeichnet worden war, stand etwas breitbeinig und mit in die Hüften gestemmten Armen vor einem hölzernen Verschlag, an dem die Zahlungen entrichtet werden mussten. Die eingenommenen Münzen wurden allerdings mit an Bord geschafft und nach dem Anlegen bei der Memelburg von einem Wachmann fortgeschafft, um in den Schatzkammern des Ordens sicher aufbewahrt zu werden.
    Ein zerlumpter Mann ging nun auf Bruder Nathaniel zu, und die beiden führten ein Gespräch, von dem Barbara indes nur die ausholenden Gesten mitbekam. Der Sariantbruder bekam ein dunkelrotes Gesicht und schien sehr ärgerlich zu sein.
    Â»Ja, immer Ärger mit den Ruderern!«, meinte der Halbkreuzler daraufhin und blickte kurz zum Kreuzbanner des Ordens, das am Mast der Fähre flatterte. »Der Wind kommt leider aus der falschen Richtung. Da werden wir auf die Dienste der Ruderer angewiesen sein!«
    Â»Ich danke Euch für die Auskunft«, sagte Barbara.
    Während sie sich auf die Zisterne zubewegte, wo Erich die Pferde tränkte, hörte sie, wie einige der Fischer und Händler sich unterhielten. Wenige Sätze nur wurden auf Düdesch gesprochen, der Sprache der Hanse. Untereinander benutzten diese Männer ihre eigenen Dialekte, und so verstand Barbara nur wenig. Aber offenbar waren sie ziemlich aufgebracht, weil es nicht weiterging. Sie beschimpften die wachhabenden Halbkreuzler und beklagten sich darüber, dass die Marktzeit in Memelburg doch schon fast vorbei sei, wenn sie endlich dort anlangten. Außerdem sei es für sie in der Tat eine schlimme
Zumutung, dass es ihnen verboten war, mit ihren eigenen Booten überzusetzen und im Hafen auf der anderen Seite der Meerenge anzulegen.
    Â»Die Stimmung hier ist anscheinend erheblich gereizt«, stellte Erich fest, während er seinem Apfelschimmel den Hals tätschelte.
    Â»Irgendetwas stimmt da nicht«, glaubte Barbara. »Warum geht es denn einfach nicht weiter? Es gibt eigentlich keinen Grund dafür, uns länger warten zu lassen, schließlich gibt es mehr als genug Reisende, die das Schiff füllen können. Um ehrlich zu sein, habe ich sogar eher die Befürchtung, dass die Kogge durch unser aller Gewicht so tief ins Wasser gedrückt wird, dass das Wasser durch die Ruderscharten hereinläuft!«
    Â»Vielleicht verzögert sich die Überfahrt, weil erst das Wasser vollständig aus der Kogge geschöpft sein muss!«, vermutete Erich.
    Barbara

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