Die Beschenkte
und ihrer Mannschaft waren sie sicher, denn keiner der Männer schien ihnen zu misstrauen, und Katsa vertraute allmählich darauf, dass niemand Gerüchte von Leck gehört hatte.
»Wir waren ja noch nicht einmal einen Tag lang in Suncliff«, sagte ihr die Kapitänin. »Sie haben Glück, Prinzessin. Dafür können Sie meiner Gabe danken.«
»Und für unsere Schnelligkeit«, sagte Katsa. Denn der Winter war stürmisch auf See, und obwohl sie den Kurs so häufig geändert hatten, dass ihr Weg wie eine Art seltsamer Tanz über das Wasser aussehen musste, hatten sie das Schlimmste vermieden. Sie kamen stetig nach Westen voran.
Katsa hatte der Kapitänin schon in den ersten Tagen von Lecks Gabe und den Gründen für ihre Flucht erzählt, als Bitterblue sehr krank gewesen war und Katsa nichts zu tun hatte, als das Mädchen zu pflegen und nachzudenken. Sie hatte es ihr erzählt, weil ihr mit flauem Gefühl in der Magengegend klargeworden war, dass die über vierzig Männer an Bord dieses Schiffes genau wussten, wer sie und Bitterblue waren und wohin sie reisten. Denn schließlich waren das über vierzig Informanten, sobald Katsa und Bitterblue am Ziel waren und das Schiff auf seine Handelsroute zurückkehrte.
»Ich kann für die Zuverlässigkeit der meisten meiner Männer bürgen«, hatte Kapitänin Faun gesagt. »Wenn nicht sogar aller.«
»Sie verstehen das nicht! Wo König Leck beteiligt ist, kann ich noch nicht einmal für meine eigene Zuverlässigkeit bürgen. Es reicht nicht, wenn sie geloben, niemandem etwas zu sagen. Sobald ihnen eine von Lecks Geschichten zu Ohren gekommen ist, werden sie ihr Gelöbnis vergessen.«
»Was soll ich dann tun, Prinzessin?«
Katsa hatte nicht darum bitten wollen und die Landkarten auf dem Tisch vor ihnen betrachtet, die Lippen geschürzt und darauf gewartet, dass die Kapitänin sie verstand. Es hatte nicht lange gedauert.
»Sie wollen, dass wir auf See bleiben, sobald wir Sie nach Lienid gebracht haben«, hatte die Kapitänin gesagt. Ihre Stimme war scharf und wurde noch schärfer, während sie weitersprach. »Sie wollen, dass wir auf See bleiben, aus dem Weg, den ganzen Winter hindurch – vielleicht länger, vielleicht für immer –, bis Sie und Prinz Bo, die noch nicht einmal in Verbindung sind, eine Möglichkeit gefunden haben, den König von Monsea auszuschalten. Und dann müssen wir vermutlich darauf warten, dass jemand uns sucht und uns zurück an Land einlädt. Was dann noch von uns übrig ist, weil unsere Vorräte aufgebraucht sein werden, Prinzessin – wir sind ein Handelsschiff, wissen Sie, dafür ausgerüstet, von Hafen zu Hafen zu segeln und bei jedem Halt unsere Nahrungsmittel und Wasser aufzufüllen. Es bringt uns schon an unsere Grenzen, dass wir jetzt direkt nach Lienid zurückfahren …«
»Ihr Frachtraum ist voll von Obst und Gemüse, mit dem Sie handeln«, sagte Katsa, »und Ihre Männer verstehen sich aufs Fischen.«
»Uns wird das Wasser ausgehen.«
»Dann steuern Sie Ihr Schiff in einen Sturm«, sagte Katsa.
Die Kapitänin hatte sie ungläubig angeschaut, und Katsa hatte daraus geschlossen, dass das ein absurder Rat gewesen war – so absurd wie ihre Erwartung, dieses Schiff könne in irgendeinem eiskalten Winkel des Meers im Kreis fahren und auf Neuigkeiten warten, die vielleicht nie kamen – und alles für die Sicherheit eines einzigen jungen Lebens. Die Kapitänin hatte halb ungläubig, halb belustigt aufgelacht, und Katsa hatte sich auf einen Streit vorbereitet.
Doch die Frau starrte nachdenklich in ihre Hände, und als sie schließlich sprach, überraschte sie Katsa.
»Sie verlangen sehr viel«, sagte sie, »aber ich werde nicht so tun, als könnte ich die Gründe dafür nicht verstehen. Leck muss ausgeschaltet werden, und nicht nur wegen Prinzessin Bitterblue. Seine Gabe kennt keine Grenzen, und ein König mit seinen Neigungen ist eine Gefahr für alle sieben Königreiche. Wenn meine Mannschaft jeden Kontakt mit Klatsch und Gerüchten vermeidet, dann sind das dreiundvierzig Männer und eine Frau, deren Verstand für diese Aufgabe klar genug ist. Und«, fuhr sie fort, »ich habe versprochen, Ihnen zu helfen, wo ich nur kann.«
Jetzt war es an Katsa, ungläubig zu staunen. »Sie würden das wirklich tun?«
»Prinzessin«, sagte die Kapitänin, »es steht nicht in meiner Macht, Ihnen irgendetwas zu verweigern, worum Sie mich bitten. Aber dies werde ich freiwillig tun, solange ich meine Männer und mein Schiff nicht in Gefahr bringe. Und
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