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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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habe Ihnen gesagt, Sie sollen mich nicht so nennen«, sagte Katsa.
    Die Kapitänin überhörte das und ging zur Tür. Katsa zog Bitterblue an sich und folgte ihr, wobei sie den Rücken der Frau mit wütenden Blicken bedachte.
    Und dann blieb die Kapitänin im Dunkeln am Fuß der Leiter stehen. »Prinzessin«, sagte sie, »was Sie hier tun, warum Sie verkleidet sind und warum die kleine Prinzessin in Gefahr ist, das alles sind Ihre Angelegenheiten. Ich werde nicht um eine Erklärung bitten. Aber wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, müssen Sie es nur sagen. Ich stehe Ihnen völlig zu Diensten.«
    Katsa griff an ihre Brust und berührte den goldenen Ring. Sie war nun doch dankbar für die Macht, die er ihr gab, wenn diese Macht ihr half, Bitterblue zu schützen. Und das könnte eine weitere mögliche Erklärung für Bos Geschenk sein. Vielleicht hatte er ihr nur deshalb seine Autorität übertragen, damit sie das Kind besser beschützen konnte. Aber wenn der Ring ihr solche Ehrerbietung einbrachte, dann sollte nicht jeder an Deck ihn sehen. Ihr lag nichts daran, dass alle darüber redeten, sich gegenseitig darauf aufmerksam machten und sie entsprechend behandelten. Sie öffnete den obersten Knopf ihrer Jacke und schob den Ring darunter.
    »Wird Prinz Bo sich von seinen Verletzungen erholen?«, fragte Kapitänin Faun und Katsa hörte echte Sorge heraus, als würde sich die Kapitänin nach einem Mitglied ihrer eigenen Familie erkundigen. Und Katsa hörte auch den königlichen Titel, den sie vor Bos Namen nicht so leicht ausließ, wie sie ihn Katsas hinzugefügt hatte.
    »Er erholt sich«, sagte sie. Und sie fragte sich, ob die Lienid ihren Prinzen auch dann so lieben würden, wenn sie die Wahrheit über seine Gabe wüssten.
    Es war viel zu verwirrend, all das, was auf diesem Schiff seit ihrer Ankunft geschehen war, und zu vieles davon tat ihr im Herzen weh.
    An Deck führte sie Bitterblue an die Reling. Gemeinsam atmeten sie die Seeluft ein und betrachteten das dunkle Funkeln auf dem Wasser.

Am meisten liebte es Katsa, sich über die Reling zu beugen und zu beobachten, wie der Bug des Schiffes durch die Wellen schnitt. Wenn die Wellen hoch waren und das Schiff sich hob und senkte oder wenn es schneite und die Flocken ihr ins Gesicht stachen, gefiel es ihr besonders gut. Die Männer lachten und versicherten einander, Prinzessin Katsa sei ein geborener Matrose. Und als es Bitterblue gut genug ging, dass sie an Deck kommen und sich an den Scherzen beteiligen konnte, fügte sie hinzu, dass Katsa zu allem geboren sei, was normale Leute schrecklich finden könnten.
    Am liebsten wäre Katsa in die höchsten Seile des höchsten Mastes geklettert und hätte dort am Himmel gehangen. Und als Patch, der Erste Maat, eines klaren Tages einen Burschen namens Red hinaufschickte, um ein Knäuel von Seilen zu entwirren, sagte er, sie könne mitkommen.
    »Du solltest sie nicht noch ermuntern!«, sagte Bitterblue zu Patch. Sie stützte die Hände in die Hüften und reckte den Kopf, um ihn anzufunkeln. Ihre Haltung war bedrohlich, auch wenn sie nur ein Fünftel von Patchs Länge hatte.
    »Prinzessin, ich nehme an, sie wird irgendwann sowiesohinaufklettern, mit oder ohne mein Einverständnis, und ich bin lieber dabei und passe auf, als dass sie es bei Nacht tut oder in einem Regenschauer.«
    »Wenn du glaubst, sie jetzt hinaufzuschicken hält sie davon ab …«
    »Vorsicht!«, sagte Patch, als das Deck sich hob und Bitterblue strauchelte. Er fing sie auf und nahm sie auf den Arm. Sie schauten zu, wie Katsa geschickt hinter Red den Mast hinaufkletterte. Und als Katsa schließlich von ihrem Platz am Himmel zu ihnen hinunterschaute und dabei so wild hin und her schwang, dass sie sich wunderte, wie Red dabei irgendetwas entwirren konnte, dachte sie daran, wie Bitterblue jedem Mann misstraut hatte, als sie sich kennenlernten. Und jetzt erlaubte das Mädchen diesem riesigen Seemann, sie hochzuheben und im Arm zu halten wie ein Vater; sie hatte den Arm um Patchs Hals gelegt, und beide lachten gemeinsam zu Katsa hinauf.
    Die Kapitänin sagte voraus, dass die Reise etwa vier oder fünf Wochen dauern werde. Das Schiff kam schnell voran, und die meiste Zeit waren sie allein auf dem Ozean. Katsa kletterte nie in die Takelage, ohne nach Verfolgern Ausschau zu halten, doch es kam niemand hinter ihnen her. Es war eine Erleichterung, sich nicht gejagt zu fühlen, nicht nach einem Versteck suchen zu müssen. Auf dem offenen Meer, allein mit Kapitänin Faun

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