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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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und Ror war stark und leistungsfähig, er würde lange leben. Drei der sieben Königreiche waren also in guten Händen. Drei von sieben – das wäre eine wesentliche Verbesserung, sowenig es auch erschien.
    Entlang der Straße lagen Städte mit Gasthöfen. Gelegentlich hielten sie an, um eine hastige Mahlzeit einzunehmen oder den bitterkalten spätwinterlichen Nächten zu entkommen. Das war nur durch ihre Wachleute möglich, denn jeder Soldat in jedem Raum, den sie betraten, sprang bei ihrem Anblick auf, legte die Hand an die Waffe und blieb in dieser Stellung, bis die Erklärungen der Wache und ein paar Worte von Bitterblue die Anspannung lösten. In einem Gasthof kamen die Erklärungen der Wache zu spät. Ein Scharfschütze schoss einen Pfeil quer durch den Raum, der Skye getroffen hätte, wenn Katsa sich nicht auf den Prinzen gestürzt und ihn zu Boden gerissen hätte. Sie war wieder auf den Füßen, bevor Skye seinen Sturz auch nur registrierte, schützte mit ihrem Körper die Königin und hatte schon ihren eigenen Pfeil aufgelegt, doch die Wachleute waren dazwischengegangen, und alles war vorbei. Katsa half Skye auf. Sie schaute ihm in die Augen und verstand, was geschehen war.
    »Er hat gedacht, du wärst Bo«, sagte sie. »Er hat die Reife an deinen Ohren gesehen, die Ringe und die dunklen Haare, und er schoss, bevor er deine Augen sah. Du solltest von jetzt an warten, bis die Wachleute uns angemeldet haben, bevor du einen Raum betrittst.«
    Skye küsste sie auf die Stirn. »Du hast mir das Leben gerettet.«
    Katsa lächelte. »Ihr Lienid zeigt eure Zuneigung sehr offen.«
    »Ich werde mein erstes Kind nach dir benennen.«
    Darüber lachte Katsa. »Um des Kindes willen, warte auf ein Mädchen. Oder noch besser, warte, bis alle deine Kinderälter sind, und gib der meinen Namen, die am stursten ist und den meisten Ärger macht.«
    Skye brach in Lachen aus und umarmte sie, und Katsa erwiderte seine Umarmung. Und sie merkte, dass sie ganz unabsichtlich bei aller Zurückhaltung einen neuen Freund gewonnen hatte.
    Sie eilten die Treppe hinauf, alle wollten ein bisschen Schlaf bekommen. Der Bogenschütze wurde weggebracht, wahrscheinlich erwartete ihn eine schwere Strafe dafür, dass er einen Pfeil so dicht an einem kleinen grauäugigen Mädchen vorbeigeschossen hatte, das zufällig Bitterblue war. Und auch wenn die Menschen in der Stadt und auf den Straßen die Einzelheiten von Lecks Tod noch nicht kannten und seinen Verrat noch nicht ahnten, so begriffen sie doch wenigstens, dass Bitterblue in Sicherheit war, dass es Bitterblue gutging und dass Bitterblue ihre Königin war.
    Die Straße war frei und ließ sie schnell vorankommen, doch sie führte nicht geradewegs zu Bo. Die Gruppe wandte sich schließlich nach Westen den Feldern zu, die hoch mit Eis und Schnee bedeckt waren, und Katsa merkte verzweifelt, wie ihr Tempo nachließ. Nach ein paar Tagen erreichten sie den Wald und kamen wieder schneller voran. Und dann stieg das Land an und die Bäume wurden spärlicher. Bald mussten sie klettern; mit Ausnahme der Königin stiegen sie ab und suchten sich zu Fuß einen Weg bergauf.
    Sie waren schon fast da, und Katsa trieb ihre Gefährten unermüdlich an, zerrte die Pferde voran und hatte nichts im Sinn als das Weiterkommen.
    »Ich glaube, eins der Pferde lahmt«, rief Skye ihr eines frühen Morgens zu, als sie schon so nah waren, dass Katsa es in ihrem Körper vibrieren fühlte. Sie hielt an und schaute sich um. Skye deutete auf das Pferd, das er am Zügel führte. »Siehst du? Das arme Geschöpf hinkt.«
    Das Tier ließ den Kopf hängen und seufzte tief durch die Nüstern. Katsa versuchte, geduldig zu bleiben. »Es hinkt nicht. Es ist nur müde, und wir sind fast da.«
    »Wie kannst du das behaupten, ohne überhaupt gesehen zu haben, wie es einen Schritt macht?«
    »Nun, dann lass es einen Schritt machen.«
    »Das kann ich erst, wenn du weitergegangen bist.«
    Katsa warf ihm einen mörderischen Blick zu und biss die Zähne zusammen. »Halt dich fest, Königin«, sagte sie zu Bitterblue, die auf ihrem Pferd saß. Sie packte die Zügel und riss das Tier voran.
    »Wie ich sehe, tust du immer noch dein Bestes, um die Pferde zu schinden.«
    Katsa erstarrte. Die Stimme kam eher von oben als von hinten, und sie klang nicht ganz wie die von Skye. Sie fuhr herum.
    »Ich dachte, es sei unmöglich, sich an dich heranzuschleichen. Augen wie ein Falke und Ohren wie ein Wolf und so weiter«, sagte er – und da war er, stand hoch

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