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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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sie gedämpft sind. Sogar die Worte seiner Soldaten sind gefährlich. Er wird dich wieder verwirren und wir werden fliehen müssen …«
    »Ich werde nicht zulassen, dass er mir das wieder antut, Bo.«
    »Katsa!« In seinem Ton lag eine müde Gewissheit, und Katsa wollte nicht hören, was er sagte. »Er hat nur ein paar Worte gebraucht, und schon hatte er dich. Ein paar Worte haben alles ausgelöscht, was du gesehen hast. Er will dich, Katsa, er will deine Gabe. Und ich kann dich nicht schützen.«
    Er hatte Recht, auch wenn sie den Gedanken verabscheute. Leck konnte mit ihr tun, was er wollte – er konnte ein Ungeheuer aus ihr machen, wenn er das wünschte. »Wo ist er jetzt?«
    »Ich weiß es nicht, jedenfalls nicht in der Nähe. Aber er ist wahrscheinlich irgendwo im Wald und sucht uns oder Bitterblue.«
    »Wird es schwierig sein, ihm zu entkommen?«
    »Ich glaube nicht. Meine Gabe wird mich warnen, wenn er in der Nähe ist, und dann können wir weglaufen und uns verstecken.«
    Ein widerwärtiges Gefühl nahm ihr den Atem. Was, wenn er versuchte, sie gegen Bo einzusetzen?
    Sie zog den Dolch aus ihrem Gürtel und hielt ihn Bo hin. Er schaute sie ruhig an, er verstand sie. »Dazu wird es nicht kommen«, sagte er.
    »Gut. Nimm ihn trotzdem.«
    Er bekam einen entschlossenen Zug um den Mund, widersprach aber nicht. Er nahm den Dolch und schob ihn in seinen Gürtel. Katsa zog das Messer aus ihrem Stiefel und reichte es ihm. Sie gab ihm den Bogen und half ihm, den Köcher mit den Pfeilen auf seinem Rücken zu befestigen.
    »Meine Hände und Füße kann ich dir nicht geben«, sagte sie, »aber wenigstens bin ich unbewaffnet. Du hättest eine Chance gegen mich, Bo, wenn du in jeder Hand eine Klinge hättest und ich nichts.«
    »Dazu wird es nicht kommen.«
    Nein, wahrscheinlich nicht. Aber wenn, dann schadete es nicht, vorbereitet zu sein. Sie beobachtete sein Gesicht, seine Augen, die schwach glänzten. Seine müden Augen, seine lieben Augen. Er würde sich besser verteidigen können, wenn ihre Hände gefesselt wären. Katsa fragte sich, ob er ihr die Hände fesseln sollte.
    »Und jetzt bist du im Reich des Absurden angelangt«, sagte er.
    Sie grinste. »Aber wir sollten es bei unserem Training mal versuchen.«
    Ein Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. »Das könnte ich mir irgendwann sogar vorstellen, wenn das alles hinter uns liegt.«
    »Und jetzt«, sagte sie, »müssen wir deine Cousine finden.«

Es fiel ihr nicht leicht, hilflos durch den Wald zu laufen, während Bo alles entschied: wohin sie gingen, wann und wo sie sich verstecken sollten, wenn er plötzlich innehielt, weil er Dinge spürte, die sie weder sehen noch hören konnte. Seine Gabe war unschätzbar, das wusste Katsa. Aber noch nie hatte sie sich so sehr wie ein Kind gefühlt.
    »Sie schöpfte Hoffnung, als sie mich sah«, sagte Bo, während sie durch die Bäume liefen. »Ashen, meine ich. Als sie mich sah, schöpfte sie neue Hoffnung für Bitterblue.«
    Diese Hoffnung bestimmte jetzt ihre Schritte. Ashen hatte so sehr gehofft, dass Bo Bitterblue finden werde, dass sie ihm die Ahnung eines Ortes eingegeben hatte, an dem ihre Tochter sein könnte. Diese Stelle, die sie und ihr Kind von gemeinsamen Ausritten kannten, lag südlich der Passstraße in einer Senke mit einem Bach.
    »Ich weiß ungefähr, wie es dort aussieht«, sagte Bo. »Aber ich weiß nicht genau, wo es ist, und ich weiß nicht, ob sie dort geblieben ist, falls sie gemerkt hat, dass die ganze Armee sie sucht.«
    »Wenigstens wissen wir, wo wir anfangen sollen«, sagte Katsa. »Allzu weit kann sie nicht gekommen sein.«
    Sie rannten durch den Wald. Es hatte aufgehört zu schneien, Schmelzwasser tropfte von den Kiefernnadeln und strömte in den Bächen. Sie kamen an schlammigen Stellen vorbei, die von den Füßen der Soldaten auf der Suche nach ihnen durchtrampelt worden waren.
    »Wenn sie ebenso deutliche Fußspuren hinterlassen hat, ist sie inzwischen gefunden worden«, sagte Katsa.
    »Hoffen wir, dass sie etwas von der List ihres Vaters geerbt hat.«
    Mehrfach kam ihnen ein Soldat unangenehm nahe und Bo änderte ihren Weg, um ihm auszuweichen. Als sie einmal einen Soldat umgingen, liefen sie fast einem anderen in die Arme. Sie stiegen auf einen Baum und Bo hielt einen Pfeil bereit, doch der Mann hob den Blick nicht vom Boden. »Prinzessin Bitterblue«, rief er. »Kommen Sie, Prinzessin. Ihr Vater macht sich große Sorgen um Sie.«
    Der Soldat ging weiter, aber Katsa brauchte ein paar

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