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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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über Lecks Gabe Bescheid wissen«, flüsterte Bo.
    »Wir wissen, dass dein Vater dich verfolgt«, sagte Katsa ins Dunkel hinein. »Wir wissen, dass er ein Beschenkter ist. Wir können dich schützen, Bitterblue.«
    Katsa wartete auf irgendein Zeichen von dem Mädchen, aber es kam nichts. Sie schaute zu Bo hinauf und zuckte die Schultern. »Meinst du, wir könnten den Baum auseinanderbrechen?«, fragte sie. Doch da hörten sie aus dem Stamm eine dünne, zitternde Stimme.
    »Wo ist meine Mutter?«
    Katsa schaute fragend zu Bo hinauf. Unsicher suchte jeder eine Antwort im Gesicht des anderen, bis Bo seufzte und nickte. Katsa drehte sich wieder zum Stamm. »Deine Mutter ist tot, Bitterblue.«
    Sie wartete auf Schluchzen, Schreie. Doch es war still, und dann hörte sie wieder die Stimme, jetzt noch dünner.
    »Hat der König sie getötet?«
    »Ja«, sagte Katsa.
    Wieder war Stille im Stamm. Katsa wartete. »Die Soldaten kommen«, murmelte Bo über ihr. »Sie sind nur noch Minuten entfernt.«
    Katsa wollte nicht mit diesen Soldaten kämpfen, die Lecks Gift im Mund trugen, und vielleicht war es auch gar nicht nötig, wenn sie nur dieses Kind dazu bringen könnten, herauszukommen.
    »Ich kann dein Messer sehen, Prinzessin Bitterblue«, sagte sie. »Weißt du, wie man es gebraucht? Selbst ein kleines Mädchen kann mit einem Messer viel Schaden anrichten. Ich könnte dir das Kämpfen beibringen.«
    Bo bückte sich und berührte sie an der Schulter. »Danke, Katsa«, flüsterte er und ging dann ein paar Schritte zwischen die Bäume, schaute sich um und horchte auf alles, was seine Gabe ihm sagte. Und Katsa verstand, warum er ihr gedankt hatte, denn das Kind kroch aus dem Stamm auf sie zu. Im Dunkeln tauchte ihr Gesicht auf, dann die Hände und die Schultern. Bitterblue hatte graue Augen und dunkles Haar, wie ihre Mutter. Die Augen waren groß, das Gesicht war nass von Tränen und die Zähne klapperten. Ihre Finger umklammerten ein Messer, das länger als ihr Unterarm war.
    Das Mädchen fiel fast aus dem Stamm. Katsa fing sie auf und befühlte ihre Wangen und ihre Stirn. Sie zitterte vor Kälte; ihre Röcke waren nass und klebten an den Beinen, die Stiefel waren durchweicht. Sie trug weder Mantel noch Schal, keine Handschuhe.
    »Bei allen Bergen, du bist ja steif gefroren«, sagte Katsa. Sie warf die eigene Jacke ab und zog sie dem Kind über den Kopf. Dann versuchte sie Bitterblues Arme durch die Ärmel zu schieben, doch das Mädchen wollte das Messer nicht loslassen. »Lass es eine Minute los, Kind. Nur eine Sekunde. Schnell, die Soldaten kommen.« Sie entwand dem Mädchen das Messer und zog ihr die Jacke richtig an, dann gab sie ihr das Messer zurück. »Kannst du gehen, Bitterblue?« Die Kleine gab keine Antwort, sie schwankte und wirkte benommen.
    »Wir können sie tragen.« Bo war plötzlich neben Katsa. »Wir müssen weg.«
    »Warte«, sagte Katsa. »Ihr ist zu kalt.«
    »Jetzt. Sofort, Katsa.«
    »Gib mir deine Jacke.«
    Bo riss sich die Taschen herunter, den Köcher und Bogen, zog die Jacke aus und warf sie Katsa zu, die sie dem Kind über den Kopf zerrte. Sie kämpfte wieder mit den Fingern, die das Messer umklammerten, zog dem Mädchen die Kapuze über die Ohren und band sie fest. Bitterblue sah aus wie ein Kartoffelsack, ein kleiner, schaudernder Kartoffelsack mit leerem Blick und einem Messer. Bo legte sich das Mädchen über die Schulter, und sie sammelten die Sachen auf. »Gut«, sagte Katsa. »Jetzt los.«
    Sie liefen nach Süden und traten auf Kiefernnadeln und Stein, wann immer sie konnten, um so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen. Doch der Boden war zu nass und die Soldaten waren schnell auf ihren Pferden. Es dauerte nicht lange, da hörte Katsa knackende Zweige und das Donnern von Pferdehufen.
    Bo? Wie viele sind es?
    »Fünfzehn, mindestens.«
    Sie atmete gegen ihre Panik an. Und wenn ihre Worte mich verwirren?
    »Ich wollte, ich könnte allein gegen sie kämpfen, Katsa, und du wärst außer Hörweite«, sagte Bo leise. »Aber dann müssten wir uns trennen, und im Moment sind überall um uns Soldaten. Ich lasse nicht zu, dass du gefunden wirst, während ich nicht bei dir bin.«
    Katsa schnaubte. Und ich erlaube dir nicht, allein gegen fünfzehn Männer zu kämpfen.
    »Wir müssen so viele wie möglich töten, bevor sie so nahe kommen, dass wir sie reden hören«, sagte Bo. »Und wir können nur hoffen, dass sie bei einem Angriff nicht sehr gesprächig sind. Lass uns ein Versteck für das Mädchen

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