Die Beschleunigung der Angst
die Augen kalte Steine.
»Halt‘s Maul. Ich warne
dich! Halt‘s Maul oder ich buchte dich ein.«
Der glatzköpfige Anführer
lud seine Waffe durch.
»Noch ein Wort und ich werde
dir die Kniescheiben zerschießen. Ist das angekommen?«
Kurt schloss den Mund.
Der Riese wandte sich wieder
an Daniel.
»Was hast du gesagt?«
»Er lügt«, wiederholte
Daniel. »Ich habe einen Funkspruch zwischen ihm und der Zentrale gehört. Er hat
Feierabend gemacht. Die Frau im Revier hat das bestätigt. Er wird erst morgen
früh wieder erwartet.«
»Du kleine Ratte!«
Kurts Gesicht entsprach
einer Fleischwerdung von Hass.
Daniel zuckte zusammen, als
sich der Pistolenschuss gleich einer Explosion aus der Waffe löste und sich ein
großes Stück Putz aus der gegenüberliegenden Mauer platzte.
»Das nächste Mal ziele ich besser«,
sagte der Riese.
Kurt verstummte.
Der Anführer drehte sich zu
Daniel. »Wie heißt du?«
Daniel sagte es ihm.
»In Ordnung, Daniel. Du
kannst Marco zu mir sagen. Ist das in Ordnung?«
Daniel nickte.
»Du bist sehr mutig, Daniel.
Aber ich muss dich jetzt etwas fragen, was sehr wichtig ist. Bist du dir ganz
sicher, dass du gehört hast, dass er Feierabend gemacht hat?«
Wieder nickte Daniel.
»Gut. Du hast richtig
entschieden, uns das zu sagen. Unser Dank ist dir sicher. Aber bitte habe
Verständnis dafür, dass wir dich trotz allem noch gefesselt lassen. Zumindest
noch einen Moment. Trotz allem würde mich interessieren, wie du in dieses
Szenario passt. Ich meine, zwei Perverse, die sich ein hübsches Mädchen
krallen, das kann ich verstehen. Aber was tust du hier?«
Daniel überlegte. Sollte er
die Wahrheit erzählen? Hatte er nicht schon zuviel gesagt, denn immerhin hatte
er sich quasi gegen das Gesetz gestellt, indem er Kurt verpfiffen hatte. Doch
das war richtig gewesen, dessen war er sicher. Kurt war nicht das Gesetz. Kurt
war ein Irrer, der festgesetzt gehörte. Nur schade, dass er nicht durch seine
Kollegen, die auf der richtigen Seite standen, an der Ausübung seiner
Perversionen gehindert worden war, sondern durch eine Gruppe, die wegen schweren
bewaffneten Raubüberfalls gesucht wurde. Man konnte wohl nicht alles haben.
Daniel holte Luft und
berichtete Marco in Kurzform, wie er hierhergekommen war.
»Du bist ein mutiger Kerl.
Das gefällt mir.«
Marco drückte ihm die
Schulter und wandte sich ab.
»Keiler, du fesselst Kurt.
Nimm seine Handschellen dafür. Yvonne, du behältst mit Keiler alles im Auge und
passt auf. Denk dran, die Kleine ist nicht gefesselt. Sie sieht mir nicht
danach aus, als wäre sie blöd, aber sollte sie dennoch versuchen zu fliehen,
hast du meine Erlaubnis, Gewalt anzuwenden. Wenn du unsicher bist, fixiere
sie.«
Damit wandte er sich an
Karla. »Du wirst doch nichts Dummes tun, oder?«
Karla schüttelte den Kopf.
»Siehst du, ich wusste es
doch. Kluges Mädchen.«
»Was willst du jetzt tun,
Marco?«, fragte Yvonne.
»Ich muss überlegen, und das
kann ich am besten allein. Hast du das hier im Griff?«
Keiler unterbrach für eine
Sekunde seine Arbeit und sah seinen Anführer an. Daniel registrierte den Blick.
Keiler schien nicht begeistert zu sein, dass Yvonne die Aufsicht übertragen
bekam, während Marco sich außerhalb des Raumes aufhielt. Dann fuhr er damit
fort, Kurt bewegungsunfähig zu machen.
»Ja«, sagte Yvonne. »Geh
ruhig. Alles im Griff.«
Kapitel 15
Keiler legte dem Polizisten
die Handschellen an. Anscheinend ging er dabei alles andere als sanft vor, denn
Daniel hörte Kurt scharf die Luft zwischen den Zähnen einsaugen. Die Kette
zwischen den Ringen ließ Keiler hinter einem Heizungsrohr verlaufen, von dessen
Stabilität er sich durch heftiges Rütteln vorab überzeugt hatte. So stand der
Polizist unter dem in verwaschenen Farben gesprühten Spruch » Meine Nachbarn
hören Hip-Hop ... ob sie wollen oder nicht! «
Als Kurt versorgt war, ließ
Yvonne ihre Waffe sinken und ging zu Daniel und Karla. Wieder trat dieser
Gesichtsausdruck in ihr Gesicht, als sie die schluchzende Karla betrachtete. So
als befände sich die Lösung für ein Problem gleich hinter der nächsten
Gehirnwindung, und war doch so weit außerhalb ihrer Reichweite.
»Sag mal, kennen wir uns?«,
fragte sie.
Karla schüttelte den Kopf.
Ihre Verneinung war kaum zu hören.
Yvonne legte den Kopf
schief. »Ich könnte wetten, dass wir uns schon mal begegnet sind. Wie heißt
du?«
»Karla. Karla Tenzer.«
Ein Lächeln erschien auf dem
Gesicht der ehemaligen
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