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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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Lehner zu und zog in mein neues Büro ein, als Leiterin der Marketingabteilung. Mit Sven arbeite ich weiter zusammen, wir haben noch immer ein lockeres, unkompliziertes Verhältnis, und kein Außenstehender würde bemerken, dass sich etwas zwischen uns verändert hat. Denn es gibt eine Kluft, die sich nicht mehr schließen lässt. Michaela hat gekündigt, während ich krankgeschrieben war. Wir haben später noch einmal telefoniert. Den Versuch gemacht, uns auszusprechen. Uns versichert, dass wir uns nicht mehr böse sind.
    Mein Herzblut steckt weiterhin im Smiling Kids Day. Er war ein Erfolg, vor allem für Jörg als Moderator. Auch mit ihm habe ich mich versöhnt. Die neue Form des Spendenmarathons soll weitergeführt werden. Auf diese Weise ist doch etwas von Vanessa Ott geblieben.
    Tagsüber gelingt es mir längst, sie zu vergessen. Doch nachts kommt sie zurück. Sie schwebt im Wasser, ihr weißes Gesicht schimmert unter der Oberfläche, dann sinkt sie in die Tiefe. Ich tauche zu ihr hinab. Das Wasser ist so kalt. Sie umkreist mich, ihre Bewegungen sind elegant und fließend. Dann ist sie unter mir, sie greift nach meinem Fußgelenk. Ich strampele, trete nach ihr, ich kann mich aus ihrem Griff nicht befreien. Sie zieht mich hinab ins Dunkel. Immer tiefer, immer tiefer. Ich muss atmen. Wassermassen drücken auf meine Brust. Ich öffne den Mund, schreie. In diesem Moment wache ich auf. Jedes Mal. Ich klammere mich an Gregor. Er kennt das schon, fragt nicht mehr nach dem Traum, hält mich einfach nur fest.
    Was zwischen ihm und Vanessa abgelaufen war, hat er mir erst erzählt, als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Es war so gewesen, wie ich es mir mit Ulla schon ausgemalt hatte. Wie in einem Puzzle fügte ich nun die fehlenden Teilchen hinzu. Ich beschrieb ihm, was ich in seiner Wohnung gesehen hatte: den Tisch, liebevoll für zwei gedeckt, das zerbrochene Porzellan, die zertretene Blume, die verbrannten Steaks in der Pfanne.
    Â»Was ist an dem Abend passiert?«
    Â»Erinnere mich nicht daran! Das war eine Katastrophe!«
    Gregor hatte den Kontakt zu Vanessa endgültig beenden wollen. Für ihn war es eine geschäftliche Verabredung gewesen, die sie getroffen hatten, ein Auftrag über eine Möbelrestaurierung, der nun abgeschlossen war.
    Â»Ich hab gespürt, dass sie etwas in unsere Bekanntschaft hineininterpretiert hat. Sie hat mit mir geflirtet. Ist fast jeden Tag in der Werkstatt vorbeigekommen, um sich die Fortschritte der Lackarbeiten anzusehen. Einmal hatte sie etwas aus dem Feinkostladen mitgebracht. Ob ich auch noch nicht zu Abend gegessen habe? Eine Flasche Wein war auch in der Tüte. Ich wollte nicht unhöflich zu ihr sein. Es war ja ein ganz schöner Batzen Geld, den sie mir gezahlt hatte. Aber dann habe ich gemerkt, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Sie wollte wissen, was ich am nächsten Abend vorhabe. So als wären wir ein Paar. Es ist an diesem Tag eskaliert, an dem du sie aus meinem Haus hast kommen sehen. Sie hat mich am späten Nachmittag besucht, ich hatte noch zu tun, und sie verschwand in der Küche. Sie tat geheimnisvoll, wollte mich mit irgendetwas überraschen. Als ich später zu ihr ging, hatte sie den Tisch gedeckt, richtig romantisch, mit einer Kerze und einer roten Rose. Sie hatte zwei Stücke Fleisch gekauft, stand am Herd. Für eine Sekunde dachte ich, du wärest da, sie trug ihr Haar wie du, und sie hatte so ein türkisfarbenes Tuch hineingeknotet …« Gregor schüttelte den Kopf. »Ich konnte mich nicht mit ihr an den Tisch setzen. Da war eine Grenze. Sie ging zu weit. Sie war besessen … Vielleicht von der Idee, wir wären zusammen.«
    Er bat Vanessa, die Wohnung zu verlassen. Als sie nicht reagierte, ging er ins Schlafzimmer und machte die Tür zu. Bald darauf roch es verbrannt, er fand in der Küche das Schlachtfeld vor und danach den zerkratzten Tisch.
    Ich schob die andere Frage vor mir her, weil ich nicht sicher war, ob ich die Antwort wirklich hören wollte. Erst später, als wir bereits in das Haus umgezogen waren und den Abend im Bett, in ein dickes Federbett gekuschelt, verbrachten, weil das Heizöl noch nicht geliefert worden war, fragte ich ihn.
    Â»Hast du mit ihr geschlafen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wie kommst du darauf?«
    Ich erzählte ihm, was Vanessa Ott mir gesagt hatte. Gregor blickte nachdenklich zur Zimmerdecke.

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