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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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zog mein Boot heran. Ich sprang an Land und machte die hintere Leine fest. Meine Kleider klebten nass und kalt an meinem Körper. Gregor hatte die Vorderleine befestigt, kam auf mich zu und schloss mich in die Arme. Ich war so froh, sicher an Land zu sein.
    Eine halbe Stunde später lagen wir aneinandergekuschelt, in weiche Frotteebademäntel gehüllt, auf einem Bett im Hotel und betrachteten durch die Fensterfront das Naturschauspiel, das sich über der Bucht abspielte. Die helle Wolkenschicht war vom Wind zerrissen worden, kleine Fetzen, wie von einem Wattebausch abgezupft, trieben an dem tintenschwarzen Himmel vorbei. Blitze und Donner tobten über uns. Regentropfen spritzten vom Boden hoch, die warmen Steine der Promenade dampften. Gregor rieb abwechselnd meine beiden Hände, die immer noch kalt waren. Ich genoss es, hier bei ihm zu sein, das Boot sicher vertäut am Steg.
    Â»Woher hast du gewusst, wann ich in den Hafen komme?«, fragte ich.
    Gregor lächelte breit. »Ich hab hier am Fenster auf dich gewartet.«
    Â»Seit wann bist du denn da?«
    Â»Gleich, nachdem deine SMS angekommen war, bin ich losgefahren. Konstantin hat mir sein Auto geliehen.«
    Gregor fuhr ungern weitere Strecken mit seinem alten Lieferwagen. Ich musste lange draußen in der Bucht geschlafen haben. Wie leichtsinnig von mir bei dem heranziehenden Gewitter. Doch sogar jetzt spürte ich wieder die Müdigkeit. Ich konnte mir meinen merkwürdigen Zustand nur mit Vanessa Otts Tabletten erklären.
    Gregor beugte sich zu mir und küsste mich. »Ich bin noch nie im Leben so froh über eine SMS gewesen«, murmelte er.
    Ich schob meine Hand in den Ausschnitt seines Bademantels und streichelte ihn. »Mir ist gar nicht mehr kalt«, flüsterte ich.
    Wir liebten uns, begleitet von den Schlägen des Donners. Durch meine geschlossenen Augenlider zuckten die Blitze. Ich war hier, ich war geborgen …
    Später streichelte Gregor mein Haar, das noch feucht war. »Es ist vorbei, sieh mal.«
    Ich öffnete die Augen. Das Gewitter war verschwunden, die Wolken trieben auseinander, dazwischen lugte blauer Himmel hervor.
    Â»Lass uns rausgehen. Ich möchte ans Meer. Und ich hab einen Bärenhunger«, sagte Gregor.
    Ich fühlte mich ausgeruht. Offenbar war die Wirkung der Tabletten endlich verflogen. Ich stand auf und ging nackt ins Bad. Gregor blieb in der Tür stehen und betrachtete mich. Ich drehte mich um und lächelte. »Was ist?«
    Â»Nichts.«
    Er kam zu mir, umarmte mich und vergrub sein Gesicht in meinem Haar.
    Â»Wie bist du eigentlich auf die Idee mit dem Hotel gekommen?«, fragte ich.
    Wenn Gregor und ich zusammen hier im Hafen waren, hatten wir immer auf dem Boot übernachtet.
    Â»Ich wollte ein bisschen Luxus mit dir genießen.« Er lachte. »Und zum Arrangement gehört nachher ein nobles Vier-Gänge-Menü. Dein Freund ist nämlich ein stinkreicher Typ, musst du wissen.«
    Ich drehte mich um. »Du? Was ist passiert?«
    Er hob die Schultern. »Das Schicksal hat es auch mit mir mal gut gemeint. Ich hab dir doch von der Art-déco-Sitzgruppe erzählt, erinnerst du dich?«
    Â»Ja, die mit den seltenen Intarsien, bei dem Trödler?«
    Â»Genau. Eine Kundin, der ich zufällig davon erzählt habe, hatte Interesse daran. Sie hat sie gekauft, und ich restauriere die Stücke gerade. Sie hat mir einen fetten Vorschuss gezahlt.« Er sah auf die Uhr. »Komm jetzt, wenn wir vor dem Essen noch ans Meer wollen, müssen wir los.«
    Von dem Gewitter war nur die frische Brise zurückgeblieben, und auf den Wellen bildeten sich weiße Schaumkrönchen. Das Wasser darunter schimmerte hellgrün in der späten Nachmittagssonne. Wir liefen barfuß, die Schuhe in der Hand. Ich versuchte, mich auf den kühlen Sand zwischen meinen Zehen zu konzentrieren, auf das schöne Gefühl, Gregors Hand zu halten, auf die Luft, die nach dem Regen roch wie frisch gereinigt. Aber meine düsteren Gedanken lauerten im Hintergrund und verdarben mir die Stimmung.
    Â»Du bist so still«, meinte Gregor. »Ist irgendwas?«
    Ein Schwan, der nah am Ufer vorbeischwamm, streckte den Kopf vor und fauchte in meine Richtung. Ich dachte an das Gespräch mit meiner Mutter, aber ich wollte noch nicht davon erzählen.
    Â»Es hat mit der Arbeit zu tun. In den letzten Tagen ist viel passiert.«
    Â»Mit den Unternehmensberatern?«
    Â»Ja, und

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