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Die beste Frau der Space Force

Die beste Frau der Space Force

Titel: Die beste Frau der Space Force Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und ging weiter. Die Illusion, allein in dieser Welt aus dunklen Gängen zu sein, zerplatzte wie eine Seifenblase, als sie das Ende des Stollens erreicht hatten und Stone die Tür öffnete. Charity machte einen Schritt an Stone vorbei in den angrenzenden Raum und blieb verblüfft stehen. Vor ihr breitete sich eine hohe, gut fünfzig mal fünfzig Schritte messende Halle aus, die vor Menschen schier aus den Nähten zu platzen schien. Nicht nur Soldaten wie Stone oder sie, sondern auch Zivilisten: Männer, Frauen und Kinder, von denen einige in schlichtweg erbärmlichem Zustand zu sein schienen. Viele saßen einfach auf dem Boden oder hatten sich primitive Lagerstätten aus Kleidern und Decken gemacht, und vor der gegenüberliegenden Wand entdeckte sie gar zwei kleine, weiße Plastikzelte. Ein paar geschwärzte Stellen auf dem Betonboden bewiesen, dass sie sogar Feuer gemacht hatte. »Was zum Teufel ist hier los?« fragte Charity verblüfft. »Was tun diese Leute hier?« Stone lächelte gequält. »Das fragt sich Commander Becker seit einer Woche auch, Captain Laird«, antwortete er. »Die Leute«, fügte er sehr viel ernsthafter hinzu, als Charity ihn scharf ansah, »sind aus Brainsville, dem Dorf unten am Berg.« »Die Stadt ist angegriffen worden?« Es war keine wirkliche Frage. Schließlich war sie vor nicht einmal einer Stunde selbst durch die verkohlte Ruinenlandschaft gefahren, in die sich Brainsville verwandelt hatte. Trotzdem nickte Stone. »Vor acht Tagen«, bestätigte er. »Sie haben alles niedergemacht, was sich bewegte. Das da sind die einzigen Überlebenden.« Charity schwieg schockiert. In der ehemaligen Lagerhalle befanden sich vielleicht hundertfünfzig Menschen - aber Brainsville hatte fast dreitausend Einwohner gehabt! »Sie kamen in zwei Schulbussen hier herauf«, fuhr Stone fort. »Wir konnten sie schlecht draußen stehenlassen und zusehen, wie diese Ungeheuer sie auffressen, nicht wahr?« Nein, dachte Charity düster. Das konnten sie nicht. Obwohl sie es eigentlich gemusst hätten. Aber sie war sehr froh, dass Becker seine Befehle in dieser Beziehung missachtet hatte. Ein neuer, sehr tiefgehender Schmerz flammte in ihr auf, als sie das Häufchen Überlebender sah... Warum? dachte sie. Warum nur? Aber diese Frage hatte sie sich in den vergangenen vier Wochen vielleicht eine Million Mal gestellt, ohne auch nur ein einziges Mal eine Antwort zu finden. Vielleicht gab es keinen Grund. »Kommen Sie, Captain«, sagte Stone beinahe sanft. »Commander Becker erwartet Sie bereits.« Schweigend ging Charity weiter. Sie sprach kein einziges Wort mehr, bis sie die Krankenstation erreicht hatten. 
     

18. August 1998
    »Na? Endlich wach?« Mikes Finger krochen auf ihr Gesicht zu, machten sich einen Moment lang an ihrem Hals zu schaffen und versuchten sich einen Weg unter die Decke zu graben, zogen sich dann aber blitzschnell zurück, als sie spielerisch danach schlug. Charity war viel zu müde, um zu treffen; außerdem wollte sie das auch gar nicht. »Lass mich in Ruhe«, murmelte sie, das Gesicht halb unter der Decke vergraben. »Wenn du überschüssige Energien hast, dann steh auf und mach Kaffee.« Mike runzelte in übertrieben geschauspielerter Enttäuschung die Stirn. »Du bist prüde«, behauptete er. »Nein«, gab Charity gähnend zurück. »Müde. Ich habe seit zehn Jahren nicht geschlafen.« Sie lauschte einen Moment auf das Schweigen, das ihr antwortete. Es war das erste Mal seit Wochen, dass sie nicht durch Stimmen oder ein Klopfen an der Tür oder das Schrillen des Telefons geweckt wurde; das erste Mal, dass sie einfach aufstehen und sich anziehen konnte, ohne Angst haben zu müssen, vom Dach des gegenüberliegenden Hauses herab gefilmt zu werden. Im stillen dankte sie Gott, dass er das fremde Raumschiff geschickt hatte. Ruhm konnte zu einer Last werden. Vor allem, wenn man ihn gar nicht wollte. Sie bemerkte, dass Mike tatsächlich aufgestanden war und sich in der Küche zu schaffen machte. Verschlafen hob sie den Kopf, blinzelte auf die Armbanduhr und registrierte ohne besondere Überraschung, dass sie länger als zwölf Stunden geschlafen hatte. Trotzdem fühlte sie sich alles andere als ausgeruht. Einen Moment lang genoss sie es noch, einfach so dazuliegen und sich in die Wärme der zerknautschten Bettwäsche zu kuscheln, dann stand sie widerwillig auf, schlurfte ins Bad und verbrachte die nächsten zehn Minuten damit, unter den eiskalten Strahlen der Dusche vollends

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