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Die beste Lage: Roman (German Edition)

Die beste Lage: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Lage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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Hungertuch nagen!«, erwiderte Riccardo. Aber kaum hatte er es gesagt, kam es ihm schon übertrieben vor.
    »Da liegst du gar nicht so daneben, Riccà. Zuletzt sind die Dinge überhaupt nicht gut gelaufen. Oh, ich spreche von den letzten zwanzig Jahren«, antwortete Giàcenere und prustete erneut los, weil das Gras, wie üblich, seine an sich schon gute Laune noch weiter hob. Auch daran erinnerte sich Riccardo, wie viel sie nämlich zusammen gelacht hatten, während Giàcenere nun einen weiteren ausgiebigen Zug nahm, nacheinander ein paar Samenkörnchen explodierten, ein Stückchen weit durch die Luft flogen und wie Raketen, die ins Meer fallen, statt ihr Ziel zu treffen, auf dem zerschlissenen Teppich landeten.
    »Vor ein paar Jahren war ich mir sogar sicher, dass ich wirklich am Ende war«, hob das Ex-Wunderkind der italienischen Malerszene wieder an. »Ich weiß nicht einmal mehr, wie es mich nach Bangalore verschlagen hat, nach Karnataka. Jedenfalls lerne ich dort diesen Engländer kennen. Er hat ein nettes Sümmchen beisammen und möchte es investieren, wenn ich eine Idee habe. Sagt er. Ideen, das weißt du, sind das Einzige, woran es mir nie gefehlt hat. Kurzum, wir eröffnen ein Antiquitätengeschäft. Hochwertiges Zeug, nicht der übliche intische Klimbim. Klar, man muss ein Auge dafür haben, und daran hat es mir, in aller Bescheidenheit, nie gefehlt. Du musst natürlich die Leute kennen, die dir die richtigen Sachen besorgen, üble Typen … es handelt sich fast ausschließlich um geklaute Sachen, und die Leute, die sie klauen, kenne ich aufgrund meiner Geschäfte bestens … du weißt doch, meine Geschäfte , oder?« Lachend reichte er ihm den Joint zurück, den Riccardo jetzt ausschlug, weil er schon spürte, wie ihm das Zeug zu Kopfe stieg.
    »Was? Du rauchst nicht mehr?«, fragte ihn der andere besorgt.
    »Giacè, ich rauche schon seit zwanzig Jahren nicht mehr.«
    »Soso«, sagte der Angesprochene und schob leicht verwundert das Kinn vor. »Na ja«, entschuldigte er sich, »nachher habe ich vielleicht noch Koks, aber im Moment habe ich Lust auf mein Gras … Gra-as aus ei-ge-nem An-bau«, trällerte er wie ein Schwachsinniger, bevor er einen weiteren Zug nahm. »Ich hab einfach Lust auf den Geschmack von damals«, setzte er hinzu, »du verstehst schon, Riccà … Also, wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, also, der Laden in Bangalore. Sicher, man hat sich erst mal einen Namen machen müssen, aber den haben wir uns gemacht, das schwör ich dir. Unser Kundenkreis bestand zunehmend aus wahren Kennern, zumal die Stadt zuletzt von steinreichen Amis geradezu überschwemmt wurde.
    Man hätte bloß noch ein bisschen Geduld gebraucht, doch da brennt im schönsten Augenblick dieses Arschloch von meinem Geschäftspartner mit dem Geld aus der Kasse durch und hinterlässt mir nichts als Schulden … ein ganzes Meer von Schulden, und frage nicht, bei welcher Art von Schurken! Der übelste von ihnen hatte mir schon einen Besuch abgestattet, ein Malaysier, sauer wie eine Zitrone, narbenübersäte Visage und spitz zugefeilte Bronzezähne. Mit denen hat er mich angefletscht und mir mitgeteilt, dass er, sollte ich ihn nicht innerhalb einer Woche auszahlen, meine Leber verspeisen würde. Und das war bloß einer von vielen! Riccà, ich hatte nicht mal so viel, dass ich mir ein Ticket hätte kaufen und abhauen können, was mir damals die einzige Lösung zu sein schien. So sitze ich also wehrlos hinter meinem Schreibtisch, ohne einen Schimmer, was ich tun soll, als plötzlich die Geisterabwehrglöckchen bimmeln und die Tür aufgeht. In panischer Angst vor irgendeinem Meuchelmörder, der mich abstechen will, drehe ich mich in Richtung Eingang, und wen sehe ich da als heiligen Retter erscheinen? … Graziantonio! Jawohl, Graziantonio Dell’Arco höchstpersönlich, ausgerechnet den! Du erinnerst sich doch noch an ihn, oder?«
    Ja, wie könnte man einen wie Graziantonio Dell’Arco wohl je vergessen?
    Ich habe ihn gut gekannt
    Jedes Provinzstädtchen, das etwas auf sich hält, hat wenigstens einen, der aus ihm geflüchtet ist und der, wenn er im Fernsehen auftritt, alle diejenigen, die in diesem Nest geblieben sind, mit einer Mischung aus Stolz und Spott zu ihren Kindern sagen lässt: Schau, der da ist von hier! Du bist stolz, weil dieser Typ, der sich zwischen berühmten Managern, gefürchteten Machtmenschen, Schauspielerinnen, bildschönen Models, charismatischen Künstlern und Intellektuellen so sichtlich wohlfühlt, als

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