Die beste Lage: Roman (German Edition)
er hat den ganzen Laden aufgekauft, obwohl ich, eingedenk unserer alten Freundschaft, den dreifachen Preis von ihm verlangt habe.
Spontan denke ich, er wird sich im Glanze der Damen sonnen, die er da mit sich herumschleppt, aber in Wirklichkeit hatte er das überhaupt nicht nötig. Sie hingen ihm buchstäblich an den Lippen. An den Lippen von dem Doofi, kannst du dir das vorstellen?! Das Leben ist wirklich komisch. Na ja, jedenfalls lädt er mich dann zum Abendessen in sein Hotel ein, das beste der Stadt natürlich . Ich gehe hin, alles wie aus Tausendundeiner Nacht, so ein Luxus, so eine Pracht, du weißt schon, oder? So was gibt’s nur im Orient. Immer noch misstrauisch, sage ich mir, der hat dich extra eingeladen, um dich zu demütigen. Doch er stellt mich seinen Leuten vor, der große Künstler hier, der große Maler dort … Aus dem, was er seinen Freunden erzählt, schließe ich, dass er nichts von meinem Debakel weiß und zu meinem Glück von Kunst immer noch einen Dreck versteht. Kurzum, irgendwann beauftragt er mich doch glatt, seine Villa am Comer See mit Fresken auszumalen. Er besitzt Villen in der ganzen Welt, und ja, wenn die Sache nicht unter meiner Würde sei, würde er mich gerne fragen, weil er meine Möbel wunderschön gefunden habe, ob ich ihm nicht die andere Villa einrichten könne, die, die er gerade in der Chianti-Gegend gekauft habe.
Riccà, von diesem Moment an hat sich mein Leben verändert. Ich habe zu einem neuen Höhenflug angesetzt. Denk dir, jetzt bin ich gerade dabei, nach zwanzig Jahren meine erste Einzelausstellung vorzubereiten, in Mailand, und wenn sie gut läuft, und dank seiner Freundschaften wird sie gut laufen, wandert sie weiter nach New York, und in der Zwischenzeit bin ich sein persönlicher Innenarchitekt geworden … eher so etwas wie ein Bühnenbildner, wenn man bedenkt, in welchen Größenordnungen er plant. Ich bin Teil seines Expertenstabs, wie er uns nennt. Tatsächlich ist das eine Art ›Hof der Wunder‹, mit dem er herumtourt. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was für einen Spaß das macht, Riccà«, endete er mit einem letzten glückseligen Zug.
Fusco dagegen hatte das Gefühl, noch tiefer in der Scheiße zu stecken.
Zu Cenere war er schließlich nur gegangen, um sich durch den Anblick eines noch vollkommeneren Scheiterns aufzubauen, und nun saß er vor diesem Ausbund an Lebensfreude, der sich in diesem Moment wie ein Pascha auf dem Diwan zurücklehnte, in Erwartung der liebevollen Dienste der beiden Feen, die mit Tassen und einer dampfenden Kanne – bei dieser Hitze! – auf das Spielfeld zurückkehrten.
Erster Auftritt des Aglianico
Noch immer am Rande der Verzweiflung, fing Riccardo die zweideutigen Blicke des Malers auf, der unter dem Vorwand, dass sie ihm die Sicht versperrten, die beiden biegsamen Körper erst einmal abgrapschen und von sich wegschieben musste. »Jetzt habe ich noch einen weiteren Auftrag bekommen: Ich soll ein passendes Bild für seinen Wein finden. Du weißt ja, Wein zu produzieren, ist die neueste Marotte der Reichen. Wenn du wirklich reich bist, musst du unbedingt ein eigenes Weingut haben, und Dell’Arco wird, Mode hin oder her, bestimmt einen Haufen Geld damit machen. Was der anfasst, wird zu Gold. Er hat die Weinberge von halb Barile aufgekauft, Aglianico . Du erinnerst dich doch noch an die Zeit, als keiner ihn wollte und es für jeden Schickimicki ein absolutes Muss war, Pinot grigio oder gar Mateus zu trinken. Banausen! Tja, inzwischen gilt er als einer der vier oder fünf interessantesten Weine … Das weißt du doch, oder?«
Was Riccardo über den Aglianico wusste
Riccardo wusste über den Aglianico, was ein mehr oder minder denkender Kopf über eines der Spitzenprodukte seiner Heimatregion wissen konnte. Und das war das, was er bei den samstäglichen Abendessen mit seinen Freunden, als er noch daran teilnahm, im Laufe der Diskussionen über den Aglianico, eines ihrer liturgischen Elemente, aufgeschnappt hatte. Des Weiteren beruhte sein Wissen auf gelegentlichen Informationen in der Presse, wonach es sich beim Aglianico um eine tausend Jahre alte, etwas geheimnisumwitterte Weinrebe handelt. Einem Reiseführer zufolge vermischen sich in seiner Geschichte schon seit dem siebten Jahrhundert, als er von griechischen Kolonisten importiert worden war, Wahrheit und Legende. So soll zum Beispiel Hannibal die Wunden seiner Soldaten mit Aglianico behandelt haben; wegen seines herben Geschmacks soll er der Lieblingswein von
Weitere Kostenlose Bücher