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Die beste Lage: Roman (German Edition)

Die beste Lage: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Lage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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der Fakultät hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er beim nächsten Berufungsverfahren den Lehrstuhl bekommen werde. Gestärkt durch diese Aussichten, konnte sich der künftige Professor voller Übermut hinter seinen Essay Die Reichen – wirklich Reiche und Parvenüs klemmen. Endlich würde er doch noch von den Erfahrungen mit Dell’Arco profitieren.
    Sicher, in der ersten Zeit, als er nach mehreren, stets erfolglosen Versuchen aufgehört hatte, Chatryn zu schreiben oder sie anzurufen, dachte er noch hin und wieder an sie. Nicht weil er sie liebte, nein. Er hatte ein für alle Mal eingesehen, dass ihm die Begegnung mit ihr nur dazu gedient hatte, seine Ehefrau zu vergessen, die inzwischen sogar aus seinen erotischen Phantasien verschwunden war. Sagen wir einfach, dass er Chatryn gegenüber berechtigte Schuldgefühle empfand. Ein paar Monate nach den Ereignissen – sieben Monate danach, um genau zu sein – fiel ihm dann allerdings eine Zeitschrift in die Hände, in der Chatryn Wally Triny nicht nur, im siebten Monat schwanger, in Yarno Cantinis Armen abgebildet war, sondern zudem noch erzählte, dass sie zu dem einzigen Zweck nach Italien gekommen sei, ein Kind zu empfangen – ›Deshalb also hat sie nie genug bekommen‹, sagte sich Riccardo –, und mit der ihr eigenen frivolen Unverblümtheit ferner gestand, dass es reiner Zufall war, wenn sie auf dieser Reise außerdem noch die große Liebe gefunden hatte.
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie mit jedem, der Ihnen über den Weg gelaufen ist, ein Kind gezeugt hätten?«, hakte die Interviewerin verblüfft nach.
    »Richtig!«, antwortete Chatryn, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. »Stellen Sie sich vor, kurz vor meiner Abreise war ich drauf und dran, mich an eine Samenbank zu wenden.«
    ›So, wie sie mich benutzt hat, war sie offenbar der Meinung, eine gratis arbeitende Außenstelle gefunden zu haben‹, dachte Riccardo Fusco mit wachsender Empörung.
    »Und stattdessen«, endete der Artikel, »hat diese anspruchsvolle New Yorkerin mit dem fatalen und leicht zynischen Blick in Italien ihren romantischen Märchenprinzen getroffen, auch wenn es sich in Wirklichkeit ›nur‹ um einen Grafen handelt« – eben Yarno, der sie geschwängert hat, und zwar just in der Zeit, als Riccardo und Chatryn zusammen waren. Das sagte die Journalistin natürlich nicht, weil sie es nicht wissen konnte, aber die Rechnung ging allzu leicht auf.
    Das also war in der Nacht geschehen, in der Chatryn aus ihrem Bett in Yarnos Schloss verschwunden war!
    Tja, aber wie konnte sich Chatryn in Bezug auf den Conte so sicher sein? Es schien klar, dass es sich bei ihrer Version, wonach Yarno der Samenspender war, um eine zurechtfrisierte Wahrheit handelte, denn Riccardo hatte – wir können es bezeugen – alles gegeben, was er zu geben hatte, wie man in seiner Heimat so schön sagt. Was hingegen hätte der Conte Cantini in den paar Stündchen, in denen sich die anspruchsvolle New Yorkerin absentiert hatte, vollbringen können? Von alledem mal abgesehen, wollte es Riccardo auch wirklich nicht in den Kopf, wie eine Frau von Chatryns Charakter ein derart falsches Spiel hatte spielen können.
    Sagen wir gleich, dass auch sie es nicht begreifen konnte. Sagen wir zu ihrer weiteren Entschuldigung, dass sie sich, als sie Riccardo wiedersah, tatsächlich aufs Neue in ihn verliebt und ihn sich zum Mann ihres Lebens und zum Vater ihres Kindes gewünscht hatte – zum Vater ihrer Tochter, genauer gesagt, angesichts seiner mehrfach erwiesenen Unfähigkeit, männliche Nachkommen zu zeugen. Das Letzte wiederum, was Chatryn gewollt hätte, war, sich in Yarno Cantini zu verlieben, dem sie außerdem schon Dutzende Male begegnet war, ohne irgendetwas für ihn zu empfinden, ja, den sie vielmehr für einen hohlen, wenn nicht gar hinterhältigen Menschen gehalten hatte.
    Und trotzdem war es passiert.
    Ein Windhauch
    War es nun Zufall, dass es ausgerechnet nach dem Traum passiert war, den Chatryn zu Füßen des Grabmals des Conte Giovanni geträumt hatte? Und welche Bedeutung mochten die Bilder vom Ende des verlotterten Grafen haben, die ihr erschienen waren, ohne dass weder sie noch sonst irgendjemand von dieser schrecklichen Begebenheit etwas wusste? War es nicht möglich, dass der Conte Giovanni mit Hilfe des sanften Zephirs, durch den die Verstorbenen angeblich mit den Lebenden in Kontakt zu treten vermögen, Chatryns Herz verwirrt und sich an seinem Zufallsbekannten Dell’Arco, der ihn

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