Die beste Lage: Roman (German Edition)
Papst Paul III . Farnese gewesen sein, der mit dem Konzil von Trient die Reform der Kirche einleitete, und Ferdinand von Bourbon soll sich bei seinem letzten Abendmahl vor Verlassen seines Königreichs mit zwölf Flaschen Aglianico betrunken haben.
Einer anderen Legende zufolge, die erst in jüngerer Zeit über den Aglianico kursierte, kamen Leute aus dem Norden und luden ganze Tankwagen damit voll, um Barolo daraus zu machen. Für eine Legende hatte Riccardo das allerdings nur so lange gehalten, bis eines Tages in einer der einschlägigen Kolumnen, aus denen er seine oberflächliche Bildung in Sachen Wein bezog – verfasst zudem von einem Kritiker aus Piemont –, zu lesen war, dass vor allem im Falle schlechter Jahrgänge tatsächlich Leute aus Piemont zum Monte Vulture fuhren, um eine Ladung Aglianico mitzunehmen, mit der sie ihre eigene dürftige Ernte aufbesserten. Nicht umsonst gab es immer noch Leute, die den Aglianico beharrlich als den Barolo des Südens bezeichneten – und tatsächlich ähneln sich die beiden Weine in mehr als nur einer Hinsicht. In denselben Kolumnen hatte Riccardo auch von der zunehmenden Anerkennung des lukanischen Weins durch jene Önologen erfahren, die mehr à la page waren und auf die sich Giàcenere offensichtlich bezog.
Deshalb konnte er ihm jetzt antworten: »Natürlich weiß ich das … Hier jedenfalls ist seit der Zeit gleich nach dem Mateus – Wie idiotisch wir doch waren! – der Aglianico immer unser liebster Wein gewesen … Abgesehen von einer Prise gesundem Chauvinismus stimmt es ja auch, dass er zu den Weinen gehört, die so weich und vollmundig sind, dass man, wenn man einmal damit angefangen hat, kaum wieder davon lassen kann. Andere Weine kommen dir dann alle gepanscht, verschnitten und irgendwie ausdruckslos vor.«
»Wem sagst du das! Stell dir vor, seit ich aus Indien zurück bin, trinke ich nichts anderes mehr! Okay, bei dieser Hitze genehmige ich mir vielleicht auch mal einen kleinen Champagner« – und das aus dem Munde eines Typen, der bei dieser Hitze artig an einem grauenhaften Bancha-Tee nippte! –, »von dem Graziantonio übrigens ausgezeichnete Sorten hat. … Also, zurück zu Graziantonio. Ich habe dir doch von dem Auftrag erzählt, den er mir erteilt hat. Es geht um ein Bild für das Etikett. Hier habe ich noch mein ikonografisches Repertoire« – er drehte das Kinn in Richtung des Bücherregals, das aus dem anderen Zimmer herausragte –, »nur deswegen hast du mich überhaupt hier angetroffen. Und ich glaube, ich habe auch schon das Richtige aufgestöbert, und zwar in einer alten Abhandlung über Alchemie, ich zeig’s dir nachher. Jetzt bräuchte ich bloß noch den Namen … Warum hilfst du mir nicht einfach? Bei all dem Zeug, das du weißt, könntest du sicher etwas Bedeutsames finden, irgendetwas Mythisches, Mysteriöses, Antikes aus der uralten und geheimnisvollen Region Lukanien, etwas zwischen normannischen Rittern, Briganten, Zauberern und Werwölfen, yeoouvhh , irgend so einen Scheiß …« Dann starrte Giacinto ihn plötzlich an, als sähe er ihn jetzt zum ersten Mal und hätte im gleichen Moment eine zündende Idee. »O Mann, hättest du nicht Lust«, brüllte er jetzt fast, »ein paar Tage mit uns mitzukommen« – und er nickte in Richtung der beiden Feen –, »ans Meer, zum Doo … zu Graziantonio, meine ich. Diesen Spitznamen muss ich vergessen, sonst reite ich mich noch in sonst was hinein … Komm doch mit! Dann denken wir uns gemeinsam etwas aus. Oder noch besser, ich rufe ihn gleich an, den Graziantonio … Oder hast du vielleicht etwas anderes vor?«
Ein Hoffnungsschimmer
›Leider ja, ich muss mich aufhängen‹, war Riccardo Fusco versucht zu antworten. Was blieb ihm sonst schon übrig? Stattdessen platzte es voller Begeisterung aus ihm heraus: »Nein, nein, ich habe Zeit, sehr viel Zeit sogar.«
Das war die ersehnte Gelegenheit, diesem Gefängnis zu entfliehen, zu dem sich sein Leben entwickelt hatte, und eine ähnliche Chance würde sich ihm nie wieder bieten. Das einzige Problem waren die Kinder, aber die kamen seit Jahren ohne ihre Mutter zurecht, dann würden sie es auch ohne ihren Vater schaffen. Eine Zeit lang wenigstens. So lange, bis er eine Entscheidung treffen würde. Eine endgültige. Er schaute die Sylphiden an, die sich unterdessen zu beiden Seiten des Sofas niedergelassen hatten, die Füße unter die Pobacken geschoben und zu einer jener plastischen Posen hindrapiert, wie sie die Models in den
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