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Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Titel: Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Buches mit dem Titel: Lebensläufe berühmter Verbrecher.
    An diesem Abend saß Sir Edward vor dem Kamin in seiner Bibliothek, trank einen ausgezeichneten schwarzen Kaffee und zerbrach sich den Kopf über eine Ausgabe von Lombroso. Was für geistreiche Theorien, und wie überholt sie doch waren!
    Die Tür öffnete sich fast lautlos. Über den tiefen Teppich kam sein wohlerzogener Diener heran und murmelte diskret: «Eine junge Dame wünscht Sie zu sprechen, Sir.»
    «Eine junge Dame?» fragte Sir Edward überrascht. Das war etwas, das nicht oft geschah.
    Dann fiel ihm ein, daß es seine Nichte Ethel sein könnte – aber nein, in diesem Fall würde Armour es ihm gesagt habe. Vorsichtig fragte er:
    «Hat dieDame ihren Namen genannt?»
    «Nein, Sir, aber sie sagte, sie wäre sicher, daß Sie sie empfangen würden.»
    «Führen Sie sie herein», sagte Sir Edward Palliser. Er war neugierig und genoß dieses Gefühl.
    Eine schlanke, dunkelhaarige junge Dame, Ende Zwanzig, die ein schwarzes, gutsitzendes Kostüm und einen kleinen schwarzen Hut trug, kam mit ausgestreckter Hand und einem Ausdruck freudigen Wiedererkennens auf Sir Edward zu. Armour zog sich zurück, lautlos schloß sich die Tür hinter ihm.
    «Sir Edward, Sie erkennen mich doch wieder, nicht wahr? Ich bin Magdalena Vaughan.»
    «Aber natürlich.» Er drückte herzlich die ausgestreckte Hand. Nun erinnerte er sich wieder genau an sie. Die Heimreise von Amerika auf der Siluric. Das reizende Kind – denn damals war sie kaum mehr als ein Kind gewesen -, dem er den Hof gemacht hatte, natürlich diskret, wie es sich für einen Mann in seiner Position ziemt. Sie war so entzückend jung gewesen, so lebhaft, so voll von Bewunderung und tiefer Hingabe – genau das, was das Herz eines Mannes gefangennimmt, der sich den Sechzig nähert. Die Erinnerung ließ zusätzliche Wärme in seinen Händedruck strömen.
    «Das ist äußerst reizend von Ihnen. Bitte, nehmen Sie doch Platz.» Er rückte ihr, leicht und gefällig plaudernd, einen Sessel zurecht und fragte sich dabei, was wohl der Grund ihres Kommens war. Als endlich sein leichtes Geplauder versiegte, herrschte Stille im Zimmer.
    Ihre Hand auf der Sessellehne öffnete und schloß sich nervös, sie befeuchtete ihre Lippen, dann sagte sie plötzlich: «Sir Edward – bitte helfen Sie mir!»
    Er war überrascht und murmelte automatisch: «Ja?»
    Sie fuhr fort, und ihr Ton wurde immer eindringlicher:
    «Sie sagten damals, wenn ich irgendwann einmal Hilfe brauchen sollte – wenn es irgend etwas auf der Welt geben würde, was Sie für mich tun könnten – daß Sie es tun würden.»
    Ja, das hatte er tatsächlich gesagt. Eine Floskel, die man so zu sagen pflegt, besonders in der Stunde des Abschieds. Er konnte sich noch an das Versagen seiner Stimme erinnern, an die Art, wie er ihre Hand an die Lippen führte.
    «Wenn es je etwas gibt, was ich für Sie tun kann – denken Sie daran, ich meine es ernst.»
    Ja, man pflegt solche Dinge zu sagen – aber nur sehr, sehr selten muß man sein Wort einlösen. Und bestimmt nicht nach – wieviel? – neun oder zehn Jahren. Er warf ihr einen schnellen Blick zu. Sie war noch immer ein sehr gutaussehendes Mädchen, aber das, was er seinerzeit so anziehend fand, hatte sie längst verloren: ihr taufrisches, unberührtes jugendliches Aussehen. Vielleicht war ihr Gesicht jetzt ausdrucksvoller geworden – ein jüngerer Mann hätte das sicher gefunden -, aber Sir Edward war jetzt weit entfernt von der Welle der Wärme und Zuneigung, die ihn damals am Ende jener Atlantikreise überwältigt hatte.
    Auf seinem Gesicht spiegelte sich Vorsicht. Er sagte förmlich: «Gewiß werde ich alles für Sie tun, was in meiner Macht steht – obwohl ich bezweifle, daß ich jetzt noch sehr viel für irgend jemanden tun kann.»
    Offensichtlich bemerkte sie nicht, daß er seinen Rückzug vorbereitete. Sie gehörte zu den Menschen, die immer nur eine Idee verfolgen. Und in diesem Augenblick sah sie nur ihre eigene Zwangslage. Sir Edwards Bereitschaft, ihr zu helfen, setzte sie als selbstverständlich voraus.
    «Wir sind in einer schrecklichen Bedrängnis, Sir Edward~»
    «Wir? Sind Sie verheiratet?»
    «Nein, ich meine meinen Bruder und mich, und natürlich auch William und Emily, in diesem Fall. Aber ich muß Ihnen das genau erklären. Ich habe... ich hatte eine Tante, Miss Crabtree.
    Vielleicht haben Sie darüber in der Zeitung gelesen? Es war schrecklch. Sie wurde getötet -
    ermordet».
    «Ach ja», Sir

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