Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
Edwards Gesicht hellte sich auf. Es war interessant.
«Vor einem Monat, nicht wahr?»
Sie nickte. «Nicht ganz. Vor drei Wochen.»
«Ja, ich erinnere mich. Sie bekam einen Schlag auf den Kopf, in ihrem eigenen Haus. Den Täter hat man noch nicht gefaßt.»
Magdalena Vaughan nickte wieder. «Nein, man hat den Mann nicht gefaßt. Ich glaube, daß man ihn niemals fassen wird, denn es gibt keinen fremden Täter.»
«Was sagen Sie da?»
«Ja, es ist schrecklich. In den Zeitungen hat darüber nichts gestanden. Aber das ist es, was die Polizei vermutet. Sie weiß, daß niemand an jenem Abend das Haus betreten hat»
«Sie meinen ...»
« ... daß es einer von uns vieren gewesen ist. Es muß so gewesen sein. Die Polizei weiß nicht wer, und wir wissen es auch nicht. Wir wissen es einfach nicht! Und so sitzen wir jeden Tag herum und starren uns gegenseitig mißtrauisch und verstohlen an. Ach, wenn es doch ein Fremder gewesen wäre ...»
Sir Edward blickte Magdalena mit wachsendem Interesse an. «Sie wollen sagen, daß die Familienmitlieder unter Verdacht stehen?»
«Ja. Die Polizei hat das natürlich nicht behauptet. Die Beamten waren sehr nett und höflich. Aber sie haben das Haus auf den Kopf gestellt, sie haben uns alle und Martha immer und immer wieder verhört... Und weil sie nicht wissen, wer es war, warten sie ab. Ich habe Angst, eine schreckliche Angst!»
«Mein liebes Kind, jetzt übertreiben Sie wohl ein bißchen.»
«Oh, nein. Es ist einer von uns vieren – es muß so sein.»
«Wer sind die vier, von denen Sie sprechen?»
Magdalena richtete sich auf und sprach etwas gefaßter. «Das bin ich und mein Zwillingsbruder Matthew. Tante Lily war unsere Großtante, Großmutters Schwester. Wir lebten bei ihr, seitdem wir vierzehn waren. Und dann ist da noch William Crabtree. Er ist Tante Lilys Neffe, der Sohn ihres Bruders. Er lebte gleichfalls bei ihr, zusammen mit seiner Frau Emily.»
«Hat sie ihre Verwandten unterstützt?»
«Mehr oder weniger. William hat etwas eigenes Geld. Er ist nicht gesund und kann nicht arbeiten. Er ist ein ruhiger, in sich gekehrter Mensch. Ich bin sicher, daß er unmöglich ... Ach, es ist schrecklich, daran auch nur zu denken!»
«Ich habe die ganze Angelegenheit noch immer nicht recht verstanden. Vielleicht können Sie mir die genauen Einzelheiten schildern, falls es Sie nicht zu sehr auflegt.»
«Oh, nein, ich will Ihnen gerne alles erzählen. Es ist alles noch so deutlich in meinem Gedächtnis. Wir hatten zusammen Tee getrunken; danach ging jeder seinen persönlichen Beschäftigungen nach. Ich hatte etwas zu nähen, Matthew tippte einen Artikel, denn er arbeitet nebenbei als Journalist, und William beschäftigte sich mit seinen Briefmarken. Emily war nicht zum Tee erschienen. Sie hatte eine Kopfschmerztablette eingenommen und sich hingelegt. Wir waren also alle irgendwie beschäftigt. Und als Martha um halb acht ins Wohnzimmer kam, um für das Abendessen zu decken, da lag Tante Lily da – tot. Ihr Kopf war – ganz zertrümmert.»
«Die Tatwaffe hat man gefunden, nehme ich an?»
«Ja. es war ein massiver Briefbeschwerer, der immer auf dem Tisch neben der Tür lag. Die Polizei untersuchte ihn auf Fingerabdrücke, fand aber keine. Er war abgewischt worden.»
«Und Ihr erster Verdacht?»
«Wir nahmen natürlich an, daß es ein Einbrecher war. Zwei oder drei Schubladen des Schreibtisches waren herausgezogen, so, als ob ein Dieb etwas gesucht hätte.
Selbstverständlich nahmen wir an, daß es ein Dieb war! Doch dann kam die Polizei und stellte fest, daß Tante Lily schon mindestens eine Stunde tot war, und fragte Martha, wer ins Haus gekommen wäre, und Martha sagte: ‹Niemand.› Alle Fenster waren von innen verriegelt, und es gab keine Anzeichen, daß man versucht hatte, sie zu öffnen. Und dann begannen sie, uns Fragen zu stellen ...
Sie stockte. Mit ängstlichen, flehenden Augen suchte sie Trost in Sir Edwards Blick.
«Wer hat vom Tod Ihrer Tante einen Nutzen?»
«Das ist einfach. Wir haben alle den gleichen Nutzen. Ihr Vermögen wird zu gleichen Teilen unter uns aufgeteilt.»
«Und wie groß ist dieses Vermögen?»
«Der Anwalt erklärte uns, daß es etwa achtzigtausend Pfund nach Abzug der Erbschaftssteuer beträgt.»
Sir Edward riß leicht erstaunt die Augen auf. «Das ist eine ganz beträchtliche Summe. Sie kannten, nehme ich an, die Größe des Vermögens Ihrer Tante?»
Magdalena schüttelte den Kopf. «Nein, das hat uns völlig überrascht Tante Lily
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