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Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Titel: Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bei den übrigen. Sie ,saß neben dem alten Lawes – mit gesenktem Kopf hörte sie ihm aufmerksam zu. Um den Hals hatte sie irgend etwas aus diesem roten Seidenzeug.
    Wahrscheinlich war es ein bißchen ausgefranst; jedenfalls sah es so aus, als flackerten hinter ihrem Kopf lauter kleine Flammen... Ich fragte Rachel: ‹Wer ist die Frau da drüben? Die Dunkle – mit dem roten Tuch?›
    ‹Meinst du Alistair Haworth? Ein rotes Tuch trägt sie zwar – aber sonst ist sie blond, sehr blond sogar.›
    Und das stimmte – verstehst du? Ihr Haar war von einem hinreißend hellen und leuchtenden Blond. Trotzdem hätte ich schwören können, daß sie schwarze Haare hatte. Komisch, wie sogar die Augen einem einen Streich spielen können... Nach dem Abendbrot machte Rachel uns bekannt, und wir gingen im Garten auf und ab. Wir sprachen über Seelenwanderung...»
    «Nicht ganz dein Spezialgebiet, Dickie!»
    «Wahrscheinlich nicht. Aber ich weiß noch, daß ich sagte, ich hielte es für eine ziemlich vernünftige Erklärung, wenn man irgendwelche Leute von irgendwoher zu kennen glaubte – als wäre man ihnen schon einmal begegnet. Sie sagte: ‹Sie meinen Liebende...› An der Art und Weise, wie sie es sagte, war etwas merkwürdig – es klang so sanft und gespannt. Es erinnerte mich – aber an was, wußte ich nicht. Wir redeten noch ein bißchen weiter, und dann rief uns der alte Lawes von der Terrasse: Esther sei gekommen und wolle mich begrüßen. Mrs. Haworth legte ihre Hand auf meinen Arm und sagte. ‹Sie gehen hin?› ‹Ja›, sagte ich, ‹wir müssen wohl.› Und dann dann...»
    «Weiter!»
    «Es klingt so blödsinnig. Aber Mrs. Haworth sagte: ‹Ich an Ihrer Stelle würde nicht hingehen...» 
    Er schwieg einen Augenblick. «Ich bekam einen entsetzlichen Schrecken, verstehst du? Deswegen habe ich dir vorhin die Geschichte von dem Traum erzählt... Weil sie es nämlich in genau demselben Ton sagte – ganz ruhig, als wüßte sie irgend etwas, das ich nicht wußte. Es ging nicht darum, daß sie eine hübsche Frau war, die mit mir noch im Garten bleiben wollte. Ihre Stimme klang ganz freundlich - und sehr bedrückt. Als wüßte sie beinahe, was noch kommen würde...
    Wahrscheinlich war es unhöflich von mir, aber ich drehte mich einfach um und ließ sie stehen – ich – rannte fast zum Haus. Dort schien ich geborgen zu sein. Erst in diesem Moment merkte ich, daß ich von Anfang an vor ihr Angst gehabt hatte. Und ich war erleichtert, als ich dem alten Lawes gegenüberstand. Neben ihm stand Esther...» 
    Er zögerte einen Augenblick, und dann murmelte er ziemlich unverständlich: «In dem Moment, in dem ich sie sah, war alles klar. Da wußte ich, daß es mich erwischt hatte.» Macfarlanes Gedanken wanderten schnell zu Esther Lawes. Er hatte einmal gehört, wie jemand ihre ganze Erscheinung in einem einzigen Satz zusammengefaßt hatte: «Ein Meter achtzig jüdische Vollkommenheit.» Ein sehr gescheites Porträt, überlegte er, als er sich ihrer ungewöhnlichen Größe und ihrer schmalen Schlankheit, der marmornen Blässe ihres Gesichts mit der feinen gebogenen Nase und der schwarzen Pracht ihres Haars und ihrer Augen erinnerte. Ja, es verwunderte ihn nicht, daß Dickies jungenhafte Einfachheit davor kapituliert hatte. Sein eigenes Herz konnte Esther zwar nicht zum schnelleren Schlagen bringen aber er mußte zugeben, daß sie wunderschön war.
    «Und dann», fuhr Dickie fort, «verlobten wir uns.»
    «Gleich.»
    «Nein – aber nach ungefähr einer Woche. Anschließend brauchte sie ungefähr vierzehn Tage, um festzustellen, daß ihr eigentlich nicht viel daran lag... .» Er lachte verbittert auf.
    «Es war am letzten Abend vor meiner Rückfahrt zu dem alten Kahn. Ich war im Dorf gewesen, ging gerade durch den Wald – und da sah ich sie wieder – ich meine: Ich sah Mrs. Haworth. Sie trug eine rote Baskenmütze, und ich fuhr zusammen – nur einen einzigen Moment, verstehst du? Die Geschichte mit meinem Traum habe ich dir bereits erzählt, so daß du es wahrscheinlich begreifst... Wir gingen ein Stück zusammen. Übrigens hätte Esther ruhig alles hören können, was wir sagten – verstehst du...»
    «Ach?» Macfarlane blickte seinen Freund neugierig an. Seltsam, daß die Menschen einem Dinge erzählen, die ihnen überhaupt nicht bewußt sind!
    «Und als ich mich dann umdrehte, um zum Haus zurückzugehen, hielt sie mich fest. ‹Ich an Ihrer Stelle würde mich nicht so beeilen...› Und in diesem Moment wußte ich

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