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Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Titel: Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Engländern, die jede Gefühlsregung verabscheuen und denen es besonders schwerfällt , geistige Vorgänge in Worten auszudrücken.
    Macfarlane, dieser verschlossene Schotte mit seiner keltischen Phantasie, die irgendwo verborgen schlummerte, lauschte und rauchte, während sein Freund sich durch ein Meer von Worten kämpfte. Er hatte gewußt , was kommen würde: daß sein Freund sich alles von der Seele reden mußte.
    Allerdings hatte er mit einem anderen Thema gerechnet. Jedenfalls fiel der Name Esther Lawes nicht ein einziges Mal. Anscheinend war es die Geschichte irgendeines kindlichen Entsetzens.
    «Angefangen hat es mit einem Traum, den ich als Kind träumte. Kein richtiger Alptraum. Sie – die Zigeunerin, weißt du – tauchte bloß immer wieder in jedem Traum auf – selbst in guten Träumen (oder was ein Kind sich unter einem guten Traum vorstellt: eine Kindergesellschaft mit Knallbonbons und solchen Sachen). Ich hatte immer einen Mordsspaß dabei, und dann hatte ich plötzlich das Gefühl, dann wußte ich plötzlich ganz genau: Wenn ich jetzt hinschaue, ist sie da, steht sie da wie immer und beobachtet mich... mit traurigen Augen, verstehst du, als wüßte sie irgend etwas, das ich nicht wußte... Warum es mich so aufregte, kann ich nicht sagen; aber aufregen tat es mich! Jedesmal! Schreiend vor Entsetzen wachte ich immer auf, und mein altes Kindermädchen sagte dann: «Aha! Master Dickie hat wieder einmal seinen alten Zigeunertraum gehabt!»
    «Hast du irgendwann einmal etwas mit richtigen Zigeunern erlebt?»
    «Das war erst viel später. Aber auch das war komisch. Ich war hinter meinem kleinen Hund her, der weggerannt war. Erst lief ich durch das Gartentor und dann einen Waldweg entlang. Damals wohnten wir nämlich in New Forest , weißt du. Schließlich kam ich auf eine Art Lichtung, und über einen kleinen FIuß führte eine Holzbrücke. Und genau vor der Brücke stand eine Zigeunerin mit einem roten Tuch um den Kopf – genau wie in meinem Traum. Und ich bekam sofort einen entsetzlichen Schrecken! Sie sah mich an, verstehst du... Mit genau demselben Blick - als wüßte sie irgend etwas, das ich nicht wußte, und als machte es sie traurig... Und dann sagte sie ganz ruhig, und dabei nickte sie mir zu: ‹Ich an deiner Stelle würde nicht hinübergehen.› Den Grund kann ich dir nicht sagen, aber ich erschrak jedenfalls fast zu Tode. An ihr vorbei rannte ich auf die Brücke. Wahrscheinlich war sie morsch. Jedenfalls stürzte sie ein, und ich fiel in den Fluß . Die Strömung war ziemlich stark, und beinahe wäre ich ertrunken. Gemein, wenn man fast ersäuft. Ich habe es nie vergessen. Und ich hatte das Gefühl, daß es mit der Zigeunerin zu tun hatte...»
    «Genaugenommen hat sie dich doch vorher gewarnt?» «So kann man es wahrscheinlich auch ansehen.» Dickie verstummte und fuhr dann fort:
    «Diese Geschichte von meinem Traum habe ich dir nicht erzählt, weil er etwas mit dem zu tun hat, was später passierte – wenigstens glaube ich es nicht -, sondern weil mein Traum der Ausgangspunkt ist. Sicher verstehst du jetzt, was ich mit ‹Zigeunergefühl› meine. Dann will ich dir vom ersten Abend bei den Lawes' erzählen. Ich war damals gerade von der Westküste gekommen. Ein komisches Gefühl war es, wieder einmal in England zu sein. Die Lawes' waren alte Freunde meiner Eltern. Als ich ungefähr sieben war, hatte ich die Mädchen zum letztenmal gesehen; aber der junge Arthur war ein guter Freund von mir, und als er gestorben war, schrieb Esther immer an mich und schickte mir Zeitungen. Mordsmäßig lustige Briefe schrieb sie! Und immer versuchte sie, meine Laune aufzubessern. Wenn ich doch nur mehr Talent zum Schreiben gehabt hätte! Jedenfalls war ich verdammt gespannt, sie endlich wiederzusehen; irgendwie war es schon komisch, ein Mädchen nur durch Briefe und sonst gar nicht zu kennen. Jedenfalls fuhr ich als erstes zu den Lawes'. Als ich ankam, war Esther gerade nicht da, wollte jedoch abends wieder zurück sein. Beim Abendbrot saß ich neben Rachel, und als ich mir die anderen ansah, die noch am Tisch saßen, überkam mich ein komisches Gefühl. Ich bemerkte, daß irgendjemand mich beobachtete, und das störte mich irgendwie. Dann sah ich sie...»
    «Wen?»
    «Mrs. Haworth – von der erzähle ich doch die ganze Zeit» Macfarlane lag es auf der Zunge zu sagen: Und ich dachte, du erzähltest von Esther Lawes. Aber er schwieg, und Dickie berichtete weiter.
    «Irgend etwas war bei ihr ganz anders als

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