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Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Titel: Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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aus. Seine wissenschaftlichen Predigten waren zu einem Schlager geworden – besonders seitdem auch die Zeitungen sie druckten. Ja, das war es, was die Kirche brauchte – moderne, interessante Aussagen.
    «Ich habe Ihr Buch mit großem Interesse gelesen, Dr. Campbell Clark», sagte er. «Obwohl es wegen der fachlichen Diktion hier und da für mich ein wenig schwer verständlich war.»
    Durand unterbrach sie: «Möchten Sie sich lieber unterhalten oder schlafen, Hochwürden? Ich muß zugeben, daß ich seit einiger Zeit an Schlaflosigkeit leide und daß mir persönlich. das erstere lieber wäre.»
    «Ganz meine Meinung, auf jeden Fall», sagte Parfitt. «Ich schlafe selten auf Nachtreisen, und das Buch, das ich mitgenommen habe, ist ziemlich langweilig.»
    «Wir bilden jedenfalls eine vorbildliche Versammlung, in der alle Kräfte vertreten sind, die Kirche, das Gesetz und die Medizin», bemerkte der Arzt lächelnd.
    «Wir könnten also eine allumfassende Meinung über irgendein Problem bilden», lachte Durand, «die Kirche vom geistlichen Blickwinkel her, ich für die rein weltlichen und rechtlichen Standpunkte, und Sie, Doktor, für das weite Feld vom pathologischen bis zum parapsychologischen Standpunkt Ich denke, wir drei könnten jedwedes Problem erschöpfend behandeln.»
    «Nicht so vollständig, wie Sie glauben», widersprach Dr. Campbell «Es fehlte nämlich ein Standpunkt, den Sie ausgelassen haben und der ziemlich wichtig ist»
    «Nämlich?»
    «Der Standpunkt des sogenannten Mannes auf der Straße.»
    «Ist der so wichtig? Hat nicht der ‹Mann auf der Straße› gewöhnlich unrecht?»
    «Fast immer. Aber er hat etwas, das bei der Meinung der Experten fehlt – den persönlichen Standpunkt. Denn schließlich geht nichts ohne persönliche Verbindungen, wissen Sie. Zu dieser Meinung bin ich durch meinen Beruf gekommen. Auf jeden Patienten, der zu mir kommt und wirklich krank ist, kommen wenigstens fünf, denen nichts anderes fehlt als die Fähigkeit, mit anderen harmonisch zusammenzuleben. Das äußert sich dann auf alle möglichen Arten, aber im Grunde ist es immer dasselbe: Eine rauhe Oberfläche erzeugt seelische Reibungen mit der Umwelt.»
    «Ich stelle mir vor, eine Menge Ihrer Patienten hat es mit den Nerven», bemerkte der Domherr verächtlich. Seine eigenen Nerven waren ausgezeichnet
    «Ach, was meinen Sie damit?» Der andere wandte sich ihm zu, schnell wie der Blitz
    «Nerven! Die Leute gebrauchen dieses Wort und lachen darüber, wie Sie es jetzt tun. ‹Ach, es ist nichts›, sagen sie dann, ‹es sind nur meine Nerven.› Aber mit diesem Wort haben sie dieses ungelöste und schwierigste Problem berührt. Sie können so ziemlich jedes x-beliebige körperliche Leiden haben und davon geheilt werden. Aber wir wissen noch heutzutage nur wenig mehr von den hundert und aber hundert Formen von Geisteskrankheiten als – nun, sagen wir – zur Zeit von Königin Elizabeth I »
    «Ach, du liebe Güte», sagte der Domherr Parfitt, ein wenig beschämt über sein eigenes lachen. «Ist das wirklich so?»
    «Erinnern Sie sich doch, es ist eine Gnade Gottes», fuhr Dr. Campbell Clark fort «In früheren Zeiten betrachtete man den Menschen einfach als Tier: Körper und Seele – mit Schwerpunkt auf ersterem.»
    «Körper, Seele und Geist», berichtigte der Geistliche sanft.
    «Geist?» Der Arzt lächelte merkwürdig. «Was meint ihr Kleriker eigentlich mit Geist? Ihr habt das niemals klar definiert, wissen Sie. Durch die ganzen Jahrhunderte hindurch habt ihr euch um eine exakte Erklärung herumgedrückt.»
    Der Domherr räusperte sich, um seine Antwort vorzubereiten, doch zu seinem Ärger wurde ihm keine Gelegenheit dazu gegeben.
    Der Arzt fuhr fort: «Sind wir überhaupt sicher, daß es Geist und nicht vielmehr Geister heißen muß?»
    «Geister?» fragte Sir George Durand mit hochgezogenen Augenbrauen.
    «Ja.» Campbell Clark warf ihm unwillkürlich einen Blick zu. Er beugte sich vor und tippte dem anderen auf die Brust. Er sagte ernst: «Sind Sie sicher, daß in dieser Struktur nur ein einziger sitzt? Das ist doch der Körper, wie Sie wissen; eine begehrenswerte Residenz, die man möblieren muß für sieben, einundzwanzig, einundvierzig, siebzig oder wieviel Jahre auch immer. Und am Ende schafft der Bewohner die Sachen hinaus – nach und nach -, dann geht alles aus dem Haus heraus... und das Haus verkommt, wird eine Stätte des Ruins, des Verfalls. Sie sind der Herr des Hauses – wir werden das zugeben. Aber

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