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Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Titel: Die besten Freunde meines Lebens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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die sie besucht hatte, obwohl sie Lizzie seit über einem Jahr mit jemand anderem verwechselt hatte? Spielte das überhaupt eine Rolle? War es nicht einfach nur wichtig gewesen, dass überhaupt jemand da war? Wäre alles anders gekommen, wenn Lizzie eine bessere Tochter gewesen wäre?
    Schuldgefühle übermannten sie. Doch die Tränen, die sonst immer so leicht geflossen waren, wollten nicht kommen. » Atme, Lizzie«, wisperte sie. »Atme.«
    Als sie ihr Handy einschaltete, waren dreizehn Nachrichten auf ihrer Mailbox. Eine von Mona, eine von Jo, zwei von David – die zweite mit Charlie und Harrie im Hintergrund, die sagten, dass sie ihre Tante Lizzie »ganz doll lieb haben«, was Lizzie zutiefst berührte. Und sechs Nachrichten von ihrer Schwester, die Lizzie sich gar nicht erst anhörte, sondern sofort löschte. Sie konnte sich die wutschnaubenden Tiraden auch so vorstellen. Sie würde Karen die Einzelheiten später per E-Mail schreiben. Im Moment hatte sie weiß Gott keinen Bedarf an Karens herablassenden Ratschlägen. Wenn Karen ihr wirklich beistehen wollte, könnte sie ins nächste Flugzeug steigen. Und wenn nicht, dann musste sie sich eben mit E-Mails begnügen.
    Und es gab drei Nachrichten von Gerry.
    Scheiße, scheiße, scheiße . Lizzie schloss die Augen und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, während sie Gerrys erste Nachricht abhörte. Sie hatte das Mittagessen im Golfklub total vergessen. Aus lauter Eile, zu ihrer Mutter zu gelangen, hatte sie nicht einmal daran gedacht, ihm Bescheid zu geben.
    Die erste Nachricht von ein Uhr zwanzig war ganz in Ordnung. Bis gleich. Wir haben einen Tisch in der Bar. Vergiss nicht, dich ein wenig zu schminken.
    Die zweite, eine halbe Stunde später, war in einem zischenden Ton gesprochen, der seine Rage nur mühsam überdeckte. Wo bleibst du? Ich gebe dir noch eine Viertel stunde, Liz, dann bestellen wir. Lass mich nicht wie einen Trottel dastehen.
    Das hatte er tatsächlich geschrieben. Lizzie hörte die Nachricht noch einmal ab, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht verhört hatte. Lass mich nicht wie einen Trottel dastehen. Während sie bei ihrer Mutter im Pflegeheim war und zuhörte, wie der Arzt irgendetwas von Vitalfunktionen erzählte, machte sich ihr Ehemann einzig darum Sorgen, er könne wie ein Trottel dastehen.
    Sei nicht unfair, sagte sie sich. Woher hätte er das wissen sollen?
    Ihr Blick fiel auf ihr Spiegelbild im Rückspiegel. Bleich und fleckig, rotviolette Schatten unter den Augen. Ohne Wimperntusche waren ihre Wimpern quasi nicht existent.
    Die dritte Nachricht war eiskalt. Ich weiß nicht, was du dir dabei denkst, Liz. Du lässt mich vor meinen Freunden wie einen Volltrottel aussehen. Wir werden später darüber reden. Ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme. Obwohl dir das wahrscheinlich sowieso egal ist.
    Sie legte den Finger auf die Löschtaste, besann sich dann aber eines Besseren. Wenn sie sich jetzt davor drückte, würde es hinterher umso schlimmer werden. Also atmete sie zweimal tief durch und drückte dann die Anruftaste.
    »Wo zum Teufel bist du?« Im Hintergrund das schleifende Geräusch eines Stuhls, der zurückgeschoben wurde. Stimmengewirr, Gelächter.
    Seine Stimme war gepresst vor Wut.
    Du kannst es ihm nicht verdenken, mahnte sich Lizzie. Es ist dein Fehler. Er weiß es nicht, weil du es ihm nicht gesagt hast. Entschuldige dich und versuche, die Wogen zu glätten.
    »Es tut mir so leid, Gerry«, begann sie. »Ich würde nie auf die Idee kommen, dich zu versetzen …«
    »Das hast du aber, oder? Ich hätte es wissen müssen und dich gar nicht erst einladen sollen. Du stellst mich immer bloß. Dieses eine Mal hättest du doch …«
    »Gerry, es tut mir leid«, wiederholte Lizzie. »Ich weiß, ich hätte dich anrufen sollen. Aber ich konnte nicht mehr klar denken …«
    »Das kennt man ja«, fiel er ihr ins Wort. Sie hörte den Alkohol in seiner Stimme.
    »So lass es mich doch erklären.«
    »Das sollte aber eine gute Erklärung sein.«
    »Gut?« Durchatmen, Lizzie, durchatmen . »Kommt darauf an, wie du ›gut‹ definierst.« Nein, Lizzie, durchatmen!
    »Wenn du mit gut positiv meinst, dann nein. Wenn du mit gut etwas meinst, das dramatisch genug ist, um zu rechtfertigen, dass ich dich vor deinen Freunden wie einen Trottel habe dastehen lassen, dann ja.« Lizzie merkte, wie ihre Stimme lauter wurde. »Meine Mutter liegt im Sterben, Gerry. Sie liegt im Koma und ist an Apparate angeschlossen, und Dr. Clifton glaubt

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