Die besten Freunde meines Lebens - Roman
aus. Das stimmte nicht, aber wer waren Jo, Lizzie und Mona, um dem zu widersprechen? Nicci hatte ein unschlagbares Gespür für Stil. Jo mochte Klamotten – manchmal mehr als diese sie –, aber es gelang ihr nicht, damit zu spielen, sie so zu kombinieren, dass sie ihre Vorzüge betonten.
Nicci trug ihre alten Doc Martens, dazu zerrissene Netz strumpfhosen und einen ihrer vielen Oma-Unterröcke, die sie auf dem Flohmarkt kaufte. Darüber hatte sie ein Bolerojäckchen aus Hasenfell an, das sie erst am V ormittag erstanden hatte. Der Streit darüber, wie respektlos diese Zurschaustellung eines toten Tiers gegenüber Monas sensiblem vegetarischen Gemüt war, hatte sich gerade erst gelegt, nur um erneutem Unfrieden Platz zu machen.
Hätte ich Nicci nicht so gern, dachte Jo, dann wäre ich von Eifersucht zerfressen. Aber Nicci war einfach Nicci. Was immer dieses »bestimmte Etwas« auch sein mochte, sie hatte es jedenfalls. Ob sich nun der schwarze BH unter dem Unterrock abzeichnete oder die Strümpfe zerfetzt waren – Nicci konnte so etwas tragen. Und sah großartig darin aus.
»Endlich!«
Beim Klang von Niccis Stimme blickte Jo auf. Lizzie kam in ihrer üblichen Uniform aus Levi’s 501 und einem weiten Männerhemd die Treppen heruntergerannt.
»Du siehst toll aus«, sagte Nicci.
Doch Lizzie sah nicht so aus, als fühlte sie sich toll. Sie wirkte eher besiegt. Im Kampf zwischen Lizzie und ihrem Kleiderschrank hatte Lizzie verloren. Mal wieder.
Da sie so spät dran waren, beschlossen sie, das Pub zu streichen. Sie hatten vor Verlassen des Hauses eine Flasche billigen Weißwein geleert, zwei weitere Flaschen eingepackt und machten sich nun direkt auf den Weg zur Party. Das Wummern der Bässe hallte ihnen schon von Weitem entgegen, und auf dem Gehsteig torkelten bereits betrunkene Studenten herum.
An der Alkohol-Drogen-Front lagen die Freundinnen so weit zurück, dass sie fast wieder umgekehrt wären.
Lizzie entdeckte ihn als Erste. Mit seinem knallroten Iroke senschnitt war er eigentlich auch schwer zu übersehen. Doch angesichts des dunklen, von Zigarettenqualm und Dopeschwaden vernebelten Raums und des pulsierenden Beats von The Prodigy, der ihr zusammen mit dem Alkohol den letzten Rest an Konzentration raubte, war es ein Wunder, dass sie ihn überhaupt bemerkte.
Sie stieß in der Küche auf ihn, wo er neben einem Fässchen Bier stand, das man auf ein Abtropfbrett gestellt hatte.
Offen gestanden fand sie sein Aussehen zunächst bedrohlich, doch zwischen dem wilden Hahnenkamm und der abgewetzten Lederjacke glänzten freundliche braune Augen.
»Magst du eins?«
Nachdem sie sich kurz umgedreht hatte, um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich mit ihr sprach, nickte sie. »Vier Becher, bitte.«
»Ist die Party so langweilig?«
Sie grinste. »Ich war schon auf schlechteren.«
Er grinste zurück. »Ich auch.«
Als Lizzie sich durch das Gewühl zu Niccis Ecke zurück kämpfte, zwischen den Händen Becher mit lauwarmem Bier balancierend, sah sie irgendwie verändert aus. Strahlend.
»Du wirkst so anders. Hast du was geraucht?«, fragte Nicci, während sie Lizzie einen der Becher abnahm.
»Nein!«, protestierte Lizzie empört. »Du weißt, dass ich das nicht tue.«
Doch Nicci hatte recht. Sie fühlte sich auch anders.
»Was ist es dann?«, fragte Jo. »Hast du jemanden kennengelernt? Schnelle Arbeit, O’Hara. Du bist nur zehn Minuten weg gewesen.«
»Kann sein«, sagte Lizzie, doch selbst in dem dunklen Raum konnten die anderen sehen, wie sie errötete.
»Eins hast du vergessen.« Die Stimme hinter ihnen ließ Lizzie zusammenzucken. Ruckartig drehte sie sich um, stieß gegen Niccis Hand und kippte ihr warmes Bier über den lachsfarbenen Unterrock. »Mist«, ertönte es im Chor.
»Scheiße«, sagte der junge Mann mit dem Irokesenschnitt. »Das wollte ich nicht … Also, ich wollte nur …«
»Schon klar«, sagte Nicci.
»Ich heiße David«, fügte er hilflos hinzu.
Sein Gesicht bildete einen scharfen Kontrast zu seinem Irokesenschnitt. Während seine Frisur Aggression und Härte ausstrahlte, war sein Gesicht rund und freundlich, die Augen sanft und von einem warmen Braun. Er wirkte zutiefst verlegen. »Wem gehört das?« Er hob den vierten Plastikbecher hoch, der von Jo entgegengenommen wurde.
»Ich heiße Lizzie«, sagte Lizzie. »Und das sind meine Mitbewohnerinnen, Jo, Mona und Nicci.«
Während Lizzie die Namen ihrer Freundinnen aufzählte, sah sie, wie es passierte. Sie hatte es schon
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