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Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Titel: Die besten Freunde meines Lebens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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einer Stelle, und die Prada-Teile an einer anderen, würden die Kleiderständer viel einheitlicher wirken.«
    Mona runzelte die Stirn. »Nach Stil?«
    »Ich hab’s!«, verkündete Lizzie lauthals, um sich gleich darauf erschrocken nach den schlafenden kleinen Mädchen umzublicken. »Es ist autobiografisch geordnet!«
    »Blödsinn«, entgegnete Jo. »Dann würde hier Chaos herrschen.«
    »Und wie würdest du das hier nennen?« Mona lachte. »Lizzie hat recht. Seht nur!«
    In der hinteren linken Ecke standen ein Paar ramponierte Doc Martens; die fluoreszierende rosa Aufschrift war kaum noch zu erkennen. Darüber hing eine vertraute abgewetzte Lederjacke.
    Jo blinzelte und starrte auf den dicken Teppich, um ihre Rührung zu verbergen. Tränen rollen ihr über die Wangen und tropften auf ihren Hals.
    »Ich schlage vor, wir fangen beim Anfang an«, sagte Lizzie, das Kommando übernehmend. Sie zog aus einem Wandschrank eine kleine hölzerne Stehleiter heraus, holte vom obersten Regal eine vergilbte Hutschachtel, stellte sie auf den Boden und nahm den Deckel ab.
    »Ogottogott!« Sie rümpfte die Nase und trat einen Schritt zurück. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt sie etwas, was nach totem Tier aussah. »Krass. Warum hat sie das wohl aufgehoben?«
    »Was ist das?«, fragte Mona.
    »Ein toter Hase«, antwortete Lizzie. »Er war damals schon mausetot und ist es jetzt umso mehr. Außerdem stinkt er.«
    »Ab in den Müll!«, drängte Mona. »Dort hätte es schon längst hingehört. Warum haben wir keine Option für Müll? Ich hole rasch einen Müllbeutel.«
    »Das geht nicht«, wandte Jo ein. Sie nahm Lizzie das Hasenfell-Bolerojäckchen aus der Hand, legte es behutsam auf das Bett und stellte sich davor, als müsste sie es vor Monas böswilligen Absichten beschützen. »Das fällt eindeutig unter ›Bewahren‹. Befindet sich in der Schachtel auch ein lachsfarbener Unterrock?«
    Lizzie tastete durch die Falten des brüchigen Seidenpapiers und nickte.
    Sobald sie den Unterrock sah, wusste sie genau, welche Erinnerung Jo beim Anblick des Bolerojäckchens durch den Kopf geschossen war. Beinahe ehrerbietig überreichte Lizzie das zarte Gebilde Jo, die es ordentlich zusammenfaltete und auf das Bolerojäckchen legte.
    Missmutig beobachtete Mona die Szene. »Wenn ihr dieses Prinzip ›Weil-Nicci-es-behalten-hat-ist-es-wichtig‹ auf alles anwendet, wird es weder einen Verscherbel-Stapel noch einen Verschenken-Stapel geben.«
    »Quatsch«, entgegnete Jo. »Aber wenn es zwanzig Jahre alt ist und keinen erkennbaren Wert hat – anders als zum Beispiel ihr erstes Teil von McQueen, das sie sich von ihren Ersparnissen gekauft hat, oder die original Vivier-Schuhe, die sie in unserem zweiten Jahr in einem Ramschladen in The Lane aufgestöbert hat, oder ihr Helmut-Lange-Kostüm –, dann hat es einen anderen Wert. Einen sentimentalen Wert. Wie das hier.«
    »Warum ausgerechnet diese Sachen?«, fragte Mona.
    »Erinnerst du dich denn nicht mehr?«, erwiderte Jo.
    Sie hatte noch deutlich vor Augen, wie Nicci im Wohnzimmer des verlotterten Studentenhauses saß und ungeduldig mit ihren Doc Martens auf den Boden trommelte, während sie auf Lizzie warteten, die mal wieder nicht wusste, was sie anziehen sollte. »Das trug sie an dem Abend, als wir … an dem Abend, als sie David kennenlernte.«

8. Kapitel
    Das Hasenfell-Bolerojäckchen
    Sussex University, Brighton, 1994
    Der Abend hatte nicht gerade gut begonnen.
    »Lizzie, jetzt mach endlich!«, brüllte Nicci durch das Treppenhaus nach oben. »Wir kommen noch zu spät.«
    Stille.
    Unpünktlichkeit war Nicci fremd. Sie hatte es gern unbekümmert und locker, aber sie kam stets genau rechtzeitig. Lizzie war immer unpünktlich, eine Reaktion auf ihre Mum, die lieber zwei Stunden zu früh kam als zwei Minuten zu spät. Und das galt auch, wenn es ums Anziehen ging. Kleidung und Lizzie, das funktionierte einfach nicht.
    »Zieh doch einfach die verdammte 501 an!«, schrie Nicci.
    Weiterhin Stille.
    »Ich verstehe nicht, weshalb du dich einmischst.« Mona streckte ihren nassen Kopf, den Arm und eine Schulter aus der Badezimmertür. »Du weißt doch, wie fertig sie das macht.«
    Das wussten sie alle. Lizzie lag mit ihrem Kleiderschrank im Krieg.
    Jo saß in der Tür zwischen Diele und Wohnzimmer, zwischen den Knien einen Plastikbecher mit billigem Weißwein. Sie trug Jeans. Mona auch. In der Regel trugen sie alle Jeans. Nur Nicci weigerte sich, sie behauptete, darin sehe sie noch mehr wie ein Junge

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