Die besten Freunde meines Lebens - Roman
und ob wir uns Niccis Wünschen überhaupt fügen?«
»Ich habe ihm nichts über dein und Monas Vermächtnis erzählt, nur über meines.«
»Pah«, schnaubte Mona. »Das lässt sich ja wohl kaum vergleichen, oder? Dir hat Nicci zumindest etwas Materielles hinterlassen …«
»Nur aus Interesse«, fiel Jo ihr ins Wort, da Monas Stimme sich gefährlich hochschraubte und Lizzies Unterlippe zu zittern begann, »was hat Gerry dazu gesagt?«
Lizzie verzog den Mund. »Was wohl?«
»Lass mich raten«, sagte Mona. »Ich wette, es hatte irgendwas mit billiger Arbeitskraft zu tun.«
Lizzies Lachen übertönte die gedämpften Stimmen und das Keuchen der Orgel. Erst als sie von einer älteren Frau auf der anderen Seite des Gangs einen bösen Blick erntete, schlug sie sich rasch die Hand vor den Mund. »Das war so in etwa der Tenor. Gerry sagte …« Sie ahmte seinen Tonfall nach, ein vornehmer Yorkshire-Akzent. Je nachdem, wie es ihm in den Kram passte, ließ er den Snob heraushängen oder nicht. »Muss man für derlei Arbeiten nicht normalerweise jemanden bezahlen?«
Jo und Mona wechselten einen raschen Blick. Sie liebten Lizzie, kamen mit Gerry aber nicht klar, obwohl sie sich jahrelang darum bemüht hatten. Hätte er nicht eine ihrer liebsten Freundinnen geheiratet, hätten sich ihre Wege niemals gekreuzt. Nicci hatte ihn anfangs total abgelehnt, ihn als eingebildet und materialistisch bezeichnet, und gemeint, er sei für Lizzie bei Weitem nicht gut genug. Doch als Lizzie einen Hochzeitstermin nannte und stolz einen Klunker präsentierte, der – wie Nicci später murmelte – ein Vermögen gekostet hatte, aber trotzdem aussah, als stammte er aus einem Billigladen, hatte sie die Waffen gestreckt. Wenn Gerry das war, was Lizzie wollte, dann hatten auch sie nichts gegen ihn einzuwenden, Sympathie hin oder her.
Als Didos Klage in eine scheppernde Version von Albinonis Adagio überging, tat Mona, als wollte sie sich die Finger in die Ohren stecken. »Es gibt eindeutig ein paar Dinge, die Niccis Geist nicht kontrollieren kann. Trauerfeiern zum Beispiel.«
»Aber was wäre die Alternative?«, entgegnete Lizzie. »Westlife? Celine Dion? Bette Midler?«
»Trauerfeiern und ungeladene Gäste«, spann Jo Monas Faden weiter. »Wenn man bekannt ist, lassen sich ungeladene Gäste wohl nicht vermeiden.«
»Stimmt«, sagte Mona. »Kannst du dir vorstellen, dass auf deiner Hochzeit haufenweise Leute aufkreuzen, die du kaum kennst?«
»Bei mir war das so«, erzählte Lizzie. »Meine Mutter hatte darauf bestanden, Unmengen von Tanten und Cousins und Cousinen dritten Grades einzuladen.«
»Bei Nicci auch«, sagte Jo. »Aber waren das nicht alles entfernteVerwandte von David, die er seit seiner Taufe nicht mehr gesehen hatte?«
Eine plötzliche Stille brachte die Unterhaltung zum Verstummen. Die Orgelmusik hatte aufgehört, und ringsum erhoben sich die Leute von den Bänken, als die Sargträger hereinkamen. Si glitt neben Jo in die Bankreihe, gefolgt von Gerry.
»Es geht los, Liebes«, sagte Si und schlang den Arm um Jos Schulter …
»Ob wir bereit sind oder nicht«, stimmte sie zu und griff nach Lizzies Hand …
»Sind wir nicht«, flüsterte Lizzie und drückte Monas Hand …
»Werden wir niemals sein«, raunte Mona und erwiderte Lizzies Händedruck.
»Nicci musste bei allem immer die Erste sein«, begann Jo und versuchte, ihre zitternde Stimme zu erheben, damit man sie auch in den hinteren Reihen hören konnte. Die Blumen schienen alle Geräusche zu dämpfen, jede Blüte, jedes Blatt und jeder Stängel. Wer hätte gedacht, dass Blumen die Akustik versauen? Nicht einmal Nicci hatte das vorhergesehen.
Tu so, als wäre das eine geschäftliche Präsentation, coachte sich Jo. Stell dir vor, dass diese roten Augen und verquollenen Gesichter zu Geldgebern gehören, nicht zu Trauergästen auf der Bestattungsfeier deiner besten Freundin.
Die Bestattungsfeier meiner besten Freundin .
Wieso hatte sie sich diese Rede aufhalsen lassen? Sie kannte Nicci auch nicht länger als die anderen. Nun ja, nicht länger als Lizzie. Einen Tag, vielleicht eine Woche, auf keinen Fall mehr. Warum musste immer sie so erwachsen sein?
Um sich zu sammeln, umfasste sie das Rednerpult und holte tief Luft. »Ganz egal, worum es ging«, fuhr Jo fort, »Nicci war uns immer voraus. Sie war die Erste, die Dem Richtigen begegnete – ihrem geliebten David.« Zaghaft lächelnd blickte Jo zur ersten Reihe, wo Niccis Witwer zwischen zwei kleinen blonden
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