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Die Bestie im Menschen

Die Bestie im Menschen

Titel: Die Bestie im Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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dem Vorsteher die Thüren der Wartesäle nicht außer Augen gelassen hatte, verließ plötzlich diesen und trat zu Séverine. Der Waggon war inzwischen rückwärts gerollt, sie mußten also einige Schritte bis zu ihrem Koupee zurücklegen. Er stieß seine Frau in den Rücken, als sie vor ihm ging und zwang sie durch einen Druck am Handgelenk, einzusteigen, wobei sie es trotz ihrer angstvollen Folgsamkeit nicht unterließ, rückwärts zu blicken, um zu sehen, was hinter ihr vorging. Es kam noch ein verspäteter Reisender. Er hielt nur eine Reisedecke in der Hand, der breite Kragen seines dicken blauen Ueberziehers war so weit heraufgeklappt, der Rand seines runden Hutes so tief in das Gesicht heruntergezogen, daß man bei dem unstäten Flackern der Gasflammen von seinem Gesicht nur einen Theil des weißen Bartes erkennen konnte. Trotz des durchsichtigen Verlangens des Reisenden, nicht gesehen zu werden, konnten es die Herren Vandorpe und Dauvergne nicht unterlassen, ihm zu folgen. Erst als er vier Waggons weiter das reservirte Koupee bestieg, grüßte er sie. Er war es. Séverine zitterte am ganzen Körper und sank auf das Polster. Ihr Gatte brach ihr fast den nicht losgelassenen Arm, als wollte er ihr frohlockend zu verstehen geben, daß er seine Beute jetzt halte und seiner Sache nun gewiß sei.
    In einer halben Minute mußte es halb schlagen. Ein Zeitungsverkäufer bot die Abendblätter an, auf dem Perron wandelten noch einige Reisende umher, um ihre Cigarretten zu Ende zu rauchen. Jetzt stiegen Alle eine: man hörte von beiden Enden des Zuges her die Beamten die Thüren zuschlagen. Roubaud war unangenehm überrascht, als er in der einen Ecke des Koupees, das er für leer gehalten hatte, stumm und unbeweglich eine dunkle Masse lehnen sah, eine Dame in Trauer, es entfuhr ihm aber ein lauter Ausdruck des Zornes, als die Thür plötzlich nochmals geöffnet wurde und ein Beamter ein Paar hereindrängte, einen dicken Mann und eine dicke Frau, die pustend auf die Sitze sanken. Der Zug mußte sich sogleich in Bewegung setzen. Der Regen begann von Neuem fein zu fallen und durchnäßte das wieder im Nebel verschwimmende Gelände; unaufhörlich kreuzten sich hier die Eisenbahnzüge, von denen man nur eine Reihe kleiner, erleuchteter Fenster im Vorüberfahren erkennen konnte. Grüne Lichter tauchten auf und zur ebenen Erde tanzten einige Laternen. Nichts zu sehen als eine unermeßliche Dunkelheit, aus welcher nur die vom schwachen Widerschein des Gaslichts erhellten riesigen Glasdächer der Fernverkehrshallen auftauchten. Alles war düster, selbst die Geräusche klangen abgeschwächt; alles erstickte der Lärm von der Lokomotive, die jetzt ihre Ventile geöffnet hatte und zischende Wirbel von weißen Dämpfen hinausließ. Eine Wolke stieg herauf und schwebte wie ein Bahrtuch empor; dichte schwarze Rauchsäulen, von denen man nicht wußte, woher sie kamen, hoben sich von ihr ab. Und der Himmel schien sich noch mehr zu verdunkeln, ein Gewölk von Ruß schien sich über das nächtliche, von der eigenen Gluth verzehrte Paris zu lagern.
    Jetzt hob der Unter-Inspector die Laterne empor, damit der Maschinist das Signal zur Abfahrt geben konnte. Zweimaliges Pfeifen und dort unten, wo der Weichensteller seinen Posten hatte, verschwand das rothe Licht, um einem weißen Platz zu machen. An der Thür des Gepäckwagens stand der Zugführer und wartete auf den Befehl zur Abfahrt, welchen er weitergab. Abermals ein langgedehnter Pfiff, der Maschinist öffnete seinen Regulator und setzte die Lokomotive in Bewegung. Man fuhr, zuerst kaum merklich, dann ging es schneller und schneller. Der Zug fuhr unter dem Ponte de l’Europe hindurch und stürzte sich dem Tunnel von Les Batignolles entgegen. Man sah von ihm nur noch, wie blutende offene Wunden, die drei Schlußlaternen, das rothe Dreieck. Einige Sekunden noch konnte man seinen Weg in dem schwarzen nächtlichen Schauer verfolgen. Jetzt flog er dahin und nichts konnte mehr seinen Lauf unter vollem Dampfe aufhalten. Er verschwand.
     

Zweites Kapitel
    In einem von der Eisenbahn durchschnittenen Park und so nahe den Geleisen, daß alle vorüberfahrenden Züge es bis in seine Grundmauern erzittern machen, liegt in schräger Linie das Landhaus von la Croix-de-Maufras. Wen einmal die Reise an ihm vorübergeführt hat, der verliert es nicht mehr aus der Erinnerung, selbst wenn er nichts Näheres von ihm weiß. Es ist immer geschlossen und mit seinen grünen Fensterläden zum Schutze vor den

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