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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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Cornelius und betrachtete Karls Schuhe. »Ich habe gestern erst die Böden machen lassen. Hat mich ein Vermögen gekostet.«
    Gehorsam zog Karl die Schuhe aus.
    »Die haben gute Arbeit geleistet, wie es aussieht«, antwortete Karl, eine Bemerkung, die er in den vergangenen fünf Jahren jeden Montag gemacht hatte.
    »Erinnerst du dich an Marty Jenkins?«, fragte Cornelius plötzlich und strahlte.
    »Den alten Skipper aus deiner Zeit bei der Handelsmarine?«
    »Hat mich gestern angerufen. Sagte mir: ›Con, du bist einer der besten Ersten Offiziere, die ich kenne.‹ Bot mir einen Job an Bord seines neuen Schiffes an, der
Ballygally Head
. Sticht in sechs Wochen in See.«
    Karl warf einen Blick auf das alte Telefon mit Wählscheibe, das vollkommen funktionsuntüchtig in der Ecke stand.
    »Das ist toll, Dad. Die Seeluft tut dir bestimmt gut.«
    »Bin aber nicht sicher, ob ich annehme. Irgendwie bin ich gerade ziemlich beschäftigt.«
    »Dad, ich habe einen Ort für dich gefunden.«
    »Einen Ort wofür?«
    »Einen Ort zum Leben.«
    »Was redest du da für eine Scheiße? Bei der ganzen Arbeit, die ich hier investiert habe? Ich hab dieses Haus praktisch eigenhändig gebaut. Weißt du, dass ich die Böden eingezogen habe?«
    »Ich dachte an einen Ort in meiner Nähe.«
    »Dies hier ist mein Hort, mach dir bloß keine Gedanken. Woher hast du eigentlich die blauen Flecken im Gesicht? Hast du dich wieder mit Billy Gorman geprügelt? Wie oft muss ich dir noch sagen, du sollst einem Box-Klub beitreten, wenn du dich schlagen willst?«
    »Ich habe mich nicht geprügelt, Dad. Das war ein Autounfall, ein Zusammenstoß. Nichts Ernstes.«
    »Ein Autounfall … großer Gott. Wie … hat dich jemand auf dem Schulweg angefahren?«
    »Nein, ich bin gefahren.«
    »Du willst Auto fahren? Ich fahre gleich Schlitten mit dir! Was zum Henker faselst du bloß? Fahren, also wirklich! Ich sollte dir einen ordentlichen Arschtritt verpassen, damit du das Lügen sein lässt. Willst du denn nicht in den Himmel kommen?«
    »Du hast recht, Dad. Tut mir leid. Keine Lügen mehr.«
    »Gut. Siehst du, wie leicht es ist, die Wahrheit zu sagen? Also, wo ist deine Freundin? Lilly? Wieso backt sie keine Kuchen mehr?«
    »Freundin? Lilly? Du meinst Naomi?«
    »Ich kenne keine Naomi. Ich rede von deiner Freundin. Der mit dem langen schwarzen Haar. Der Hübschen.«
    »Lynne?«
    »Sag ich doch. Lilly. Warum bringst du sie nicht mehr mit, wenn du zu Besuch kommst?«
    »Wir sind geschieden, Dad. Unsere Ehe ist schon vor langer Zeit zerbrochen.«
    »Ehe? Geschieden? Was redest du da für einen Blödsinn? Fünfzehn Jahre alt und verheiratet und geschieden! Ich hätte gute Lust, dir eine Tracht Prügel zu verpassen. Weiß deine Mutter von deinen Lügen? Und da wir gerade von deiner Mutter sprechen, sie hat gesagt, dass du deine Hausaufgaben vernachlässigst. Stimmt das?«
    »Ich war sehr beschäftigt.«
    »Was ist denn das für eine Ausrede? Du weißt, deine Mutter duldet keine Ausflüchte. Sie glaubt, dass Ausreden nur zu weiteren Ausreden führen, und ich muss sagen, da gebe ich ihr recht.« Cornelius schüttelte den Kopf. »Du bist in letzter Zeit ziemlich frech und respektlos geworden. Deiner Mutter bricht jedes Mal das Herz, wenn sie dich so reden hört.«
    Karl seufzte. »Tut mir leid. Du hast recht. Ich versuche, mich auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren, Dad. Versprochen.«
    Plötzlich schälte sich ein Lächeln aus dem Nebel über Cornelius’ Gesichtszügen. Die tiefen Furchen auf der Stirn verschwanden, die dunklen Augen strahlten, als Cornelius die Hand ausstreckte, Karl am Kopf berührte und ihm verspielt das Haar raufte.
    »Du bist ein guter Sohn. Der Beste, den ein Vater und eine Mutter sich wünschen können. Deine Mutter liebt dich. Weißt du das? Sie sagt es nie, aber sie liebt dich.«
    Woher weißt du das, wenn sie es nie sagt?
    »Dad, ich muss dir etwas sagen.« Die Worte blieben Karl im Hals stecken.
    Schlagartig verfinsterte sich Cornelius’ Miene. Langsam krümmte er die Finger und ließ alle Knöchel gleichzeitig knacken, eine Geste, mit der sein Vater, wie Karl sehr wohl wusste, Unbehagen ausdrückte.
    »Was ist? Was hast du angestellt?«
    Regen trommelte lautstark gegen das Fenster, und Karl verlor sich in Gedanken.
    Ich habe gerade zwei Menschen getötet, Dad, und bin für den Tod einer jungen Frau und ihrer Mutter verantwortlich. Die junge Frau war mir gar nicht so unähnlich, total krank im Kopf, weil sie so etwas Schreckliches

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