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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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imstande, jemandem das Leben zu nehmen, ohne mit der Wimper zu zucken. Nilah hasste sich, dass sie diese dunkle Gabe auch noch zu erleichtern schien. War es das, was die Menschen ausmachte? Egal wie viele Jahrtausende verstrichen waren, egal, wie viel Evolution sie auch geformt hatte, sie trugen diese finsteren Türen noch immer in sich. Und dazu waren nur ein paar sehr kurze Schritte nötig. Warum wurden die Menschen so sehr von der Gewalt angezogen? Weil diese ein fest verankerter Teil ihrer selbst war? Sie wusste es nicht. Dennoch klopfte ihr Herz. Nicht nur, weil sie Abscheu empfand, sondern weil sie etwas war, das man mit aller Macht schützen musste. Jemand war dazu bereit. Mit einer Selbstverständlichkeit, die sie nicht begreifen konnte. Mehr und mehr verstand sie, dass all das, was sie ausmachte, nur eine Fassade war. Ihr Gesicht war zivilisiert, nicht aber ihr Herz.
    «Ich möchte wissen, wer es ist!» durchschnitt sie die Diskussion der beiden. «Vor wem muss man mich schützen?»
    Stille!
    «Sein Name ist A´kir Sunabru .» Die Worte waren so dünn, dass sie wie klebrige Fäden im Raum hingen. Liran rang mit den Händen, die er dann entschlossen um einen der größeren Steine schloss. «Er ist Grieche. Geboren in einer Schlacht auf dem schmutzigen Boden eines Kriegslagers ... lange vor meiner Zeit. Er kann nicht sterben. Stirbt er, so wird er wiedergeboren. In der ewig selben Gestalt, die ihn als erste formte. Er begann, Magie zu sammeln. Genau jene dunkle Magie, die ihm einst sein erstes Leben wiedergab. Er wanderte durch die Welt und verschlang jeden seiner Lehrer, der bereit war, ihn Wissen und Macht zu lehren.» Liran hielt inne und blickte zu Boden. «Er ist auf der Suche nach dem Geheimnis der letzten Wahrheit.»
    «Nach was?»
    Liran sah auf und es waren seine Augen, die sie für einen Bruchteil fliegen ließen.
    «Er will der Welt ihre Seele nehmen», fügte er leise hinzu «und sie durch die seine ersetzen.»
    «Und was will er dann ausgerechnet von mir? Ich meine, ...»
    «Das weiß ich nicht.»
    Diese Antwort kam eindeutig zu früh, zu schnell. Und Nilah hatte gemerkt, wie ihr Vater die Luft angehalten hatte. Sie war kurz davor, erneut wütend zu werden. Doch Liran sah sie an, und ihr war klar, dass er es dabei belassen würde. Vorerst.
     
    Liran schlief im Flur, nachdem er sich zuvor das Haus angesehen hatte, als wäre eine Festung zu verteidigen. Nilah bekam kein Auge zu. Der Krieger lag am Knotenpunkt des Hauses, auf einer Isomatte und einem Schlafsack ihres Vaters. Unweit neben sich die Haustür, gleich unterhalb der Treppe und keine drei Schritte vom Durchgang zum Wohnzimmer entfernt. Auf dem Sofa lag Nilah und starrte an die Decke. Sie hatte nicht in ihr Zimmer gewollt.
    Sie hob vorsichtig den Kopf, ohne zu rascheln und spähte in die Diele, wo der Schatten von Liran auf dem Boden lag, wie ein unbewegter dunkler Strich. Morgen würde sie mit ihm in die Stadt fahren und einen Bogen kaufen. Wenn es denn einen mannshohen Kriegsbogen überhaupt gab. Kurz musste sie bei dem Gedanken lächeln, als sie sich vorstellte, wie der Verkäufer Liran fragte, auf welche Distanzen er schießen wolle, und der antwortete, dass dies ihm völlig egal sei, solange der Gegner dabei nur starb.
    Folge ihm, und Du wirst vergehen. Was war das? Woher kam dieser fürchterliche Gedanke? Welcher Gedanke?
    Sie war erstaunt darüber, wie sie damit umging. Sie fühlte sich sicher, trotz allem. Es war ein wenig so, als sie ihrem Vater gestanden hatte, so schlecht einschlafen zu können. Er hatte sie verwundert gemustert und sie gefragt, warum das so sei. Nilah hatte nur mit den Schultern gezuckt. Im Angesicht eines so liebevollen Gesichtes dann auch noch gebeichtet, dass sie glaubte, im Dunkeln besser sehen und hören zu können. Ihr Vater hatte sie lange angesehen. Dann hatte er ihr erzählt, dass einige Wissenschaftler der Meinung waren, dass es sogenannte Wächtergene gebe, wobei Nilah mit ihren damals zwölf Jahren nicht genau wusste, was er damit meinte. Er hatte ihr von Menschen berichtet, die in der Dunkelheit eben einfach sensibler waren als andere. Schon die ganz frühen Menschen, noch vor der Steinzeit, hatten genau jene dazu ausgewählt, nachts am Feuer zu sitzen, um Wache zu halten. Jeder, der eine solche Gruppe führte, wäre wohl ziemlich bescheuert, wenn er das nicht tun würde. Denn wer wäre besser geeignet, nachts die Höhle zu schützen als jemand, der hellhörig war und besser sehen konnte? Und sie,

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