Die Bestimmung
nur?
«Ein harter Winter nahm ihn mit sich in den Wind. Bevor er seine Tochter betrauern musste.»
Jetzt sah ihn Liran an und Daan bekam von einer Sekunde zur anderen eine Gänsehaut, so entschlossen wirkten dessen Züge.
«Meine Schwester starb in einem Krieg, der nie hätte stattfinden müssen. Sie starb durch die Wut und die Gier nur eines einzigen Mannes. Eines Mannes, der willens ist, für diese Wut die Welt entzweizureißen. Und leider muss ich Dir sagen, dass diese Welt DeineTochter ist. Allein deshalb bin ich hier.»
Daan starrte den Krieger an. Da war nichts mehr in seinem Kopf. Die Gedanken stolperten herum, während er verzweifelt versuchte, sie zu ordnen. Und noch etwas wurde ihm bewusst. Er war nicht Bruce Willis, er war Dokumentarfilmer, verflucht. Er wusste nicht einmal, wie sich eine Waffe in der Hand anfühlte. Was sollte er jetzt tun? Er wusste es nicht. Er schluckte ein paar Mal hörbar.
«Wer, ich meine, was ... wieso meine Nili?»
«Sie steht in einer sehr alten Linie und in ihrem Blut ist das verborgen, was dieser Mann so sehr begehrt. Er wird nicht ruhen, bis er es bekommen hat.»
«Was … ist denn im Blut meiner Tochter?»
«An was glaubst Du, Daan?»
«Ich verstehe nicht, was meinst Du?»
Liran trat näher an ihn heran und flüsterte: «Ich fragte, woran Du glaubst. Woraus besteht diese, Deine Welt?» Die Frage war scharf wie ein Rasiermesser.
Daan bekam fürchterliche Angst. Angst, dem Ganzen nicht gewachsen zu sein.
«Ich ... verdammt, keine Ahnung. Jeder hat dazu eine andere Meinung. Die ganzen verschiedenen Religionen werden sich auch nicht einig darüber. Was soll die Frage überhaupt?»
«Ich sage Dir jetzt etwas, das Du niemandem, schon gar nicht Deiner Tochter, sagen darfst, noch nicht.» Liran kroch geradezu mit seinen Augen in die seinen.
«In den Adern Deiner Tochter … fließt eine unvorstellbare Macht.»
Daan hörte plötzlich sein Herz bis in den Hals wummern.
«Dort ist der Beginn allen Lebens verewigt. In Nilahs Blut ist die Schöpfung selbst verborgen! Das ist etwas, was man sich nicht fort wünschen oder vor dem man weglaufen kann. Es ist eine Bestimmung!»
Kannte man jemanden wirklich? Kannte man all die Winkel und Gassen, aus denen so ein Herz bestehen konnte? Nilah wusste es nicht, denn seit die beiden sich im Garten unterhalten hatten, war ihr Vater wie ausgewechselt, und Liran wirkte, als habe er einen schweren Fehler begangen.
Sie saßen im Wohnzimmer. Etwas Fremdes lag im Raum, so still war es. Die Kerzen auf dem kleinen Beistelltisch schienen tapfer dagegen anstrahlen zu wollen, doch Nilah war es noch nie so unheilvoll hier drinnen vorgekommen. Ihr Vater blickte sie ausweichend an und ihr war klar, dass er etwas wusste, dass er ihr nicht sagen wollte oder konnte. Was hatten die beiden draußen beredet, dass die Stimmung jetzt so düster war?
Liran sah in die Kerzenflamme vor ihm. In seinen Pupillen spiegelte sich eine Mischung aus grimmiger Entschlossenheit und stiller Verzweiflung. Seine Gedanken schienen nur um eines zu kreisen.
«Ich brauche Waffen!», sagte er plötzlich, und sie war erstaunt, wie nüchtern seine Worte klangen.
Sie schaute ihn verstört an, bemerkte, wie ihr Vater zuerst die Stirn runzelte und dann schnaufte, als hätte er es geahnt.
«Waffen?» Nilah lachte kurz auf. «Was denn? Schwerter, Äxte und so 'n Zeug?»
«Genau das!»
«Das haben wir aber nicht. Die Zeiten haben sich geändert, das gab es zuletzt im Mittelalter, aber heute nicht mehr.»
Der Krieger sah nach einer Erklärung bittend ihren Vater an. Und da mischte dieser sich auch schon ein.
«Die Zeitalter, als man noch mit solchen Waffen gekämpft hat, sind lange ...», er schüttelte bedauernd den Kopf, «sehr lange her. Heute kämpft man mit Maschinenpistolen, ferngelenkten Raketen, Kampfjets und Flugzeugträgern, aber nicht mehr mit Schwertern. Höchstens noch auf den Straßen», fügte er murmelnd hinzu.
Liran holte tief Luft. «Ich brauche aber Waffen, die aus meiner Zeit sind!»
Nilah stellte die entscheidende Frage: «Warum?»
Liran musterte Vater und Tochter. Sie saßen da und wenn sie auch noch so sehr glaubten, sie hätten langsam aber stetig den Zugang zu dem gefunden, was ihnen hier widerfuhr, so waren sie doch sofort wieder in ihren altbekannten Mustern, wenn sie auf etwas Neues trafen, das nicht in ihre Welt passen wollte. Der Krieger seufzte, stützte die Hände auf seine Knie, lächelte, stand auf, marschierte mit strammen
Weitere Kostenlose Bücher